Ehrenkreuz für Atil Kutoğlu: „Wien ist Futter für meine Seele“

(c) Clemens Fabry
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Designer Atil Kutoğlu wird am Dienstag mit dem österreichischen Ehrenkreuz für Wissenschaft und Kunst ausgezeichnet. Und plant einen Flagship-Store in Wien. Die Auszeichnung bedeute ihm wirklich sehr viel.

Es ist elf Uhr, und Atil Kutoğlu bestellt sich im Demel, seinem Lieblingskaffeehaus, erst einmal Frühstück. „Ich schlafe schon seit ein paar Nächten schlecht. Auch letzte Nacht.“ Der Grund für Kutoğlus Aufregung: Am Dienstag um 13 Uhr wird der Modeschöpfer im Audienzsaal des Kulturministeriums mit dem Österreichischen Ehrenkreuz für Wissenschaft und Kunst ausgezeichnet. Für seine Dankesrede hat er schon mit dem österreichischen Botschafter in Ankara telefoniert, um sich Ratschläge zu holen. „Die Auszeichnung“, sagt Kutoğlu, „bedeutet mit wirklich sehr viel.“

Gut 20 Jahre ist es her, dass Atil Kutoğlu, nach dem Besuch der deutschen Schule in Istanbul, in Wien sein Studium abgeschlossen und seine Karriere begonnen hat. „Ich wollte unbedingt ins Ausland, ich kannte New York, London und Paris, aber Wien hat für mich am anziehendsten geklungen. Und ich habe mich von Anfang an zu Hause gefühlt.“ Und er sei von allen Seiten unterstützt worden, von Nachbarn, Professoren und Politikern, „seit ich damals Helmut Zilk in der Straßenbahn angesprochen habe“. Kulturministerin Claudia Schmied, die heute die Laudatio hält, trägt mitunter selbst die Mode des gebürtigen Türken mit inzwischen österreichischer Staatsbürgerschaft.

Mode, die in Wien allerdings gar nicht so leicht erhältlich ist – zu kaufen gibt es sie nur in der Boutique Kasha in der Spiegelgasse. Oder, für gute Kunden, im Showroom im ersten Stock von Kutoğlus Atelier in der Habsburgergasse. Weshalb er „früher oder später“ auch in Wien mit einem Flasgship-Store vertreten sein möchte. In Graben- und Kohlmarktnähe, Gespräche mit Investoren seien bereits am Laufen.

Daneben plant er ein zweites Geschäft in Istanbul – die Stadt sei groß, die Nachfrage nach Luxus ebenso. Vor Kurzem zeigte er seine Mode wieder auf der Istanbul Fashion Week, Supermodel Jessica Stam reiste an, auch Tamara Ecclestone, Tochter von Formel-1-Chef Bernie, durfte auf den Laufsteg. Daneben ist Kutoğlu in New York, München, Paris und im Fernen Osten vertreten, eine Rückkehr auf die New Yorker Fashion Week überlegt er fürs nächste Jahr.

Auch seine neue Männerkollektion, berichtet er, laufe gut, eine für Kinder ist in Planung, und dem Traum einer Home-Kollektion ist er mit Entwürfen für einen türkischen Möbelhersteller etwas näher gekommen. Ein Drittel seiner Zeit verbringt der Designer so in Istanbul, ein Drittel ist er weltweit unterwegs, das restliche Drittel gehört seinem Hauptwohnsitz Wien, „auch wenn das den Leuten nicht so bewusst ist. Wien ist mein Ruhedomizil, hier kann ich kreativ sein, besser arbeiten, entwerfen und nachdenken. Ich gehe in Ausstellungen und Vernissagen – das ist Futter für meine Seele.“

Während Kutoğlu spricht, läutet immer wieder das Telefon. Einmal gratuliert Hubertus von Hohenlohe zur Auszeichnung, dann meldet jemand die Ankunft der Gäste. 30 Leute sind anlässlich der Ehrenkreuzverleihung aus der Türkei angereist. „Freunde und Promis, Fans meiner Mode“, sagt Kutoğlu, darunter die Freundin des Industriellen Rahmi Koç, eines der reichsten Männer der Türkei. Gäste, die, wie er glaubt, „wohl einiges an Ausgaben da lassen werden. Mein Ziel ist es, die vermögende türkische Gesellschaft herzuziehen.“
Besonders freut ihn, dass auch ehemalige Botschafter und Generalkonsuln kommen wollen. „Das bestätigt die Brückenfunktion zwischen Morgen- und Abendland, die ich einzunehmen versuche.“

Auf einen Blick

Atil Kutoğlu (geb. 1968 in Istanbul) studierte Wirtschaft in Wien. 1991 präsentierte er seine erste Modekollektion. Er hat einen Flagship-Store in Istanbul und plant einen für Wien. Heute verleiht ihm Kulturministerin Claudia Schmied das Ehrenzeichen für Wissenschaft und Kunst, die höchste Auszeichnung in diesem Bereich.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 04.12.2012)

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