Steuerflucht: Für einen Pass lernt Depardieu Russisch

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Der russische Präsident Wladimir Putin hat dem französischen Schauspieler Gérard Depardieu per Dekret die Staatsbürgerschaft verliehen. Dafür bedankt sich Depardieu in einem Brieff überschwänglich.

Wien. Mit einem „Spasibo!“ (Danke) und euphorischen „Slava Rossii“ (Ruhm dir, Russland) endet ein Brief von Gérard Depardieu, in dem er sich laut dem russischen Fernsehsender Perviji Kanal überschwänglich bedankt, dass ihm Präsident Wladimir Putin per Dekret die Staatsbürgerschaft verliehen hat.

Ob der französische Schauspieler und Unternehmer, der sich aus Angst vor der Reichensteuer und Ärger über Äußerungen von Premier Jean-Marc Ayrault in Belgien niedergelassen hat, tatsächlich einen Antrag auf Einbürgerung in Russland gestellt hat, ist aber offen. Depardieus Sprecher dementierte dies laut „Le Figaro“.

Dem Brief zufolge ist die Freude bei Depardieu jedoch groß, und er ergeht sich in einer wahren Lobhudelei über seine Freunde in Moskau: Er bewundere Russland, das Land, seine Menschen, seine Geschichte, seine Schriftsteller. Russland sei eine „große Demokratie“. Besonders ins Herz geschlossen hat er – nicht erst seit dem Pass als Freundschaftsbeweis – Präsident Putin, mit dem ihn eine Liebe verbinde, die „gegenseitig“ sei. „In Russland lebt es sich gut“, schreibt Depardieu. Jedenfalls besser als in Frankreich, wo ein Premierminister sich erfreche, einen Mitbürger (wie ihn wegen seiner Steuerflucht) als „erbärmlich“ öffentlich herabzuwürdigen.

Kommunistische Wurzeln

Niemand möge aber den russophilen Depardieu des Opportunismus bezichtigen. Die Bande sind angeblich alt und reichen bis in die Kindheit zurück, als sein Vater in Frankreich als strammer Kommunist jeweils mit der Familie „Radio Moskau“ gehört habe. Jetzt wolle er jedenfalls Russisch lernen. Dass sich der frischgebackene Russe auch in der Heimat seines Freundes Putin niederlassen wolle, verspricht Depardieu nicht.

Der Franzose ist in Russland sehr beliebt, regelmäßig dreht er dort Filme und besucht Galas. Bekannt ist allerdings auch Depardieus Begeisterung für den Kaukasus und die starken Männer in der ehemaligen Sowjetunion, von denen er sich nicht nur aus purer Freundschaft, sondern auch gegen hohe Gagen als publikumswirksamer Werbeträger einsetzen lässt. So lobte er im Oktober den tschetschenischen Autokraten Ramsan Kadyrow öffentlich in höchsten Tönen. Als peinlich galt sein Auftritt an der Seite von Gulnara Karimowa, der singenden Tochter des usbekischen Präsidenten.

Seine Lobeshymne auf Russland erscheint vor diesem Hintergrund in einem anderen Licht. Mit dem Rummel um seine Steuerflucht hat Depardieu in Frankreich eine Diskussion über die hohen Gagen der Schauspieler und ihre Werbeeinnahmen ausgelöst. Depardieu fühlt sich dadurch nur bestätigt. In einem Telefonat habe er dem französischen Präsidenten François Hollande gesagt, in Frankreich gebe es nur Neid, wenn einer wie er Erfolg habe.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 05.01.2013)

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