Johanna Wokalek: Anleitung zum Unglücklichsein

Johanna Wokalek Anleitung Ungluecklichsein
Johanna Wokalek Anleitung Ungluecklichsein(c) EPA (JOERG CARSTENSEN)
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In ihrem neuen Film spielt Johanna Wokalek eine Frau, die alles negativ sieht. Sie selbst nennt sich Optimistin. Glück ist für sie eine Einstellungssache.

Da ist diese Frau, und sie ist, sagen wir, etwas seltsam. Tiffany Blechschmid ist jung, hübsch, als Besitzerin eines Ladens ziemlich erfolgreich und trotzdem völlig von der Rolle. Wenn jemand sagt, es ist ein guter Tag, dann denkt sie an das Unglück, das noch passieren könnte. Sie steht an jedem Tag mit dem falschen Fuß zuerst auf und hat Visionen von ihrer verstorbenen Übermutter (gespielt von Iris Berben). Kurzum, in Tiffany Blechschmids Konzept vom Leben haben alle anderen mehr Glück als sie selbst.

Nur die Frau, die diese Tiffany Blechschmid in dem Film „Anleitung zum Unglücklichsein“ (Kinostart: 1.Februar) spielt, strahlt so gar nichts von dieser negativen Grundhaltung aus. Burgschauspielerin Johanna Wokalek sitzt im Café Florianihof im achten Bezirk, lächelt fein und bekennt, derzeit sehr glücklich zu sein. Die 37-Jährige hat Ende des Sommers ihr erstes Kind, einen Sohn, zur Welt gebracht. Davor hat sie ihren Freund, den deutschen Dirigenten Thomas Hengelbrock, geheiratet.

Die Figur der Tiffany Blechschmid kann sie dann aber doch verstehen. Vielleicht, weil der Film von Sherry Hormann an den Bestseller von Paul Watzlawick angelehnt ist – und dieser war ja bekanntlich ein guter Beobachter. „Wir kennen das doch alle, wenn es im Alltag nicht so läuft und man die Sonnenseiten des Lebens nicht so annehmen kann“, sagt Wokalek. Sie selbst bezeichnet sich als Optimistin.

In ihrem Umfeld kennt sie viele Tiffany Blechschmids, Freundinnen von ihr, die sie dann versucht aus dem Tief zu holen, weil es „meistens nur ein kleiner Schritt ist, der fehlt“. Glücklichsein ist ihrer Meinung nach immer eine Frage des Blickwinkels. „Glück findet man oft im ganz Kleinen. Die Fähigkeit, das Glück in sich selbst zu finden, das gehört auch dazu. Man kann nicht immer andere, etwa das Schicksal, dafür verantwortlich machen“, sagt sie.

Es klingt gefestigt, wenn die 37-Jährige so über ihre Weltanschauung spricht. Vielleicht, weil sich Wokalek entschieden hat, ein Leben zu leben, das für andere ungewöhnlich klingen mag. Sie führt eine Fernehe, ihr Mann lebt in Hamburg, sie selbst hat noch immer ihre Wohnung in Wien. Ihre Zeit zu dritt verbringen sie an verschiedenen Orten, gemeinsam in Hamburg, in Wien, manchmal in Paris, manchmal in Madrid. „Natürlich wünsche ich mir manchmal einen Ort zu haben, an dem alle leben. Ich glaube, dieses Träumen davon, das gehört dazu. Aber wahrscheinlich wäre das nicht meines. Ich möchte definitiv nicht anders leben als jetzt“, sagt sie. Zuhause ist für sie dort, wo ihr Mann, ihr Kind und sie im Moment eben sind.

Von so einem Lebenskonzept ist Filmfigur Blechschmid noch weit entfernt. Sie ist aus Angst vor Enttäuschung lieber gleich enttäuscht und steht sich dadurch selbst dauernd im Weg. Außerdem muss sie sich mit den Ratschlägen ihrer toten Mutter herumschlagen, die wirklich alles (auch ihr Sexleben) kommentieren muss.

Eine Situation, die (abgesehen von der Vision) wohl viele Frauen kennen, findet Wokalek. „Dieses Abnabeln von der Mutter, das erleben alle Töchter. Und das ist ein langer Prozess, der nicht von einem Tag auf den anderen geht“, sagt die Schauspielerin.

Schlussendlich sei die Abnabelung aber eine Befreiung. „Weil man sich selbst plötzlich erkennt“, sagt sie. Und mit einem Schmunzeln: „Weil man auf einmal bemerkt, dass einem ein Pullover oder ein Haarschnitt doch steht, obwohl einem jahrelang gesagt wurde, dass nicht.“

Ob sie Angst vor der Phase hat, in der sich ihr Sohn abnabeln wird? Eher nicht, „bei Müttern und Söhnen ist das anders als bei Töchtern und Müttern“. Sie möchte ihren Sohn nur frei von Erwartungshaltungen aufziehen. Weil sie selbst so großgezogen worden ist. „Und weil man dieses Recht auf Freiraum jedem kleinen Wesen geben sollte.“

Auf einen Blick

„Anleitung zum Unglücklichsein“ ist ein Film von Sherry Hormann in Anlehnung an das gleichnamige Buch von Paul Watzlawick. Hormann erzählt die Geschichte von Tiffany Blechschmid, die zuerst das Unglück im Glück sieht und sich durch die Ankunft ihres ehemaligen Klavierlehrers mit ihrer Vergangenheit auseinandersetzen muss. Auch in ihrem Liebesleben gibt es einiges zu überdenken. Der Film mit Johanna Wokalek, Iris Berben, Richy Müller und David Kross kommt am 1.Februar in die österreichischen Kinos.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 21.01.2013)

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