Graue Städte statt nackter Körper: Andreas Bitesnich sattelt um

(c) Teresa Zötl
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Eindrücke aus Tokio und New York statt Aktbilder: Der Wiener Fotograf Andreas Bitesnich hat genug von Nackten – allerdings nicht von der Schönheit.

Andreas Bitesnich hält nicht viel von Grautönen. Das konnte man schon bei seinen zahlreichen Aktfotografien sehen, die nackte Körper in, sagen wir, ungewöhnlichen Posen vor einem schlichten Hintergrund zeigen – das Ganze komplett in Schwarz-Weiß gehalten. Jetzt hat der Wiener Fotograf, der für internationale Modehäuser ebenso arbeitet wie zahlreiche Prominente – von Pelé über Bob Geldof bis zu Leni Riefenstahl – porträtierte, umgesattelt. Statt schöner Hinterteile, langer Beine oder muskulöser Rücken hat sich das Interesse des 48-Jährigen auf das Großstadtleben verlagert. Auf die Frage, ob er von den Nackten vielleicht schon genug habe, lacht er nur und meint: „Ich habe schon wirklich viele gesehen.“

Jetzt also Tokio und New York. Die beiden Städte sind Thema der Ausstellung „Deeper Shades NYC – Tokyo“, die soeben in der Wiener Innenstadt-Galerie Photographers Limited Editions angelaufen ist. Und natürlich, die Bilder haben auch Grautöne, aber nicht gerade viele. „Ich reduziere im Nachhinein die Grautöne. Ich mache das so lange, bis es nicht mehr geht, bis die Kontraste so stark sind, das es immer noch funktioniert.“ Und es funktioniert. Man bleibt vor den Bildern stehen – nicht nur deshalb, weil man ohnehin in einer Galerie steht. Etwa vor den japanischen Rockabillys, die sich jeden Sonntag in einem Park treffen, oder vor einer Concorde, die über den New Yorker Times Square fliegt – oder zumindest den Anschein erweckt.

Für Bitesnich ist die Reisefotografie beziehungsweise das Fotografieren in Städten vor allem deshalb so spannend, weil es die große Unbekannte Zufall gibt – und er dabei alleine ist. „Das klingt zwar megakitschig, aber der Weg ist das Ziel. Wenn ich in Tokio das Hotel verlasse, um einen Tempel zu besuchen, kommt mir auf einmal in der nächsten Gasse ein Mann mit Gasmaske entgegen und ich habe mein Motiv.“

Auf die Frage, was er denn mit seinen Bildern auslösen möchte, ist er recht bescheiden. „Sie sind alle so unterschiedlich, jedem gefällt etwas anders. Ich bin froh, dass es funktioniert“, sagt der Wahl-Burgenländer, der seine letzten beiden Reisebücher im Eigenverlag herausgegeben hat. Das Risiko hat er gerne auf sich genommen, immerhin kann er so arbeiten, wie er will. Spricht er über seinen Beruf, fallen eine gewisse Dankbarkeit und Ehrfurcht auf. „Es ist ja nicht selbstverständlich, dass man davon leben kann. Das ist ja heute fast ein Wunder.“ Ihn stört es dabei allerdings nicht, bei diesem Wunder ein bisschen nachzuhelfen – etwa mit Auftragsarbeiten für den „Playboy“.

Der Kritik, dass er in seinen Aktbildern nur makellos schöne Körper abbildet, kontert er damit, dass diese Schönheit nur im Kopf des Betrachters entstehe. „Ich fotografiere einmal ein schönes Gesicht, dann schöne Beine. Weil die dann aber in einem Buch aneinandergereiht sind, glauben viele, dass ist ein Mensch.“ Er gibt aber auch zu: Allein aufgrund der fehlenden Bewegungseinschränkung arbeite er lieber mit athletischen Körpern.

Überhaupt hat Bitesnich kein Problem mit Attraktivität. „Mir fällt auf, dass, wenn jemand möglichst dünn und hässlich fotografiert wird, das Ganze Kunst ist. Wird aber jemand attraktiv fotografiert, ist es Kommerz.“ Wobei: Wirklich kritisieren will er das dann auch nicht. Es seien eben Moden und überhaupt ja nicht schlecht, wenn sich das Spektrum erweitert. „Aber wenn jemand 40 Gartentürln fotografiert und das als Kunst verkauft, glaub ich einfach, der hat sich einen Scherz erlaubt. Aber okay.“ Eine Streben nach Schönheit in der Kunst kann er nicht abstreiten. Politische Statements sind weniger seine Sache: „Da halte ich es mit David LaChapelle: If you want reality, take the bus.“

Auf einen Blick

„Deeper Shades NYC - Tokyo“ heißt die Ausstellung von Fotograf Andreas H. Bitesnich, die bis 21. Februar in der Wiener Galerie Photographers Limited Editions (1., Bauernmarkt 14) zu sehen ist. Bitesnich hat sich vor allem durch seine Aktfotografien sowie Mode- und Werbefotos einen Namen gemacht.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 31.01.2013)

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