Journalistengala: "Presse"-Redakteure räumen ab

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Erstmals wurde mit Ulla Kramar-Schmid eine Frau Journalistin des Jahres.„Die Presse“ stellt mit Christian Ultsch den Außenpolitiker des Jahres.

Wie sehr die Österreicher Lob vertragen können, und die österreichischen Journalisten besonders, dürfte der deutsche „Stern“-Chefredakteur, Hans-Ulrich Jörges, wissen. Er hielt eine launige Laudatio auf Ulla Kramar-Schmid. Die „Profil“-Journalistin wurde am Dienstag als erste Frau zur „Journalistin des Jahres“ gekürt. Jörges schwärmte: „Das, was Sie machen, das ist schon Literatur“ – und wünschte sich gar einen Film über sie und ihren Kollegen Michael Nikbakhsh. In dem müsste zu sehen sein, „wie sie gemeinsam kämpfen, trinken und lachen“. Nicht nur Kramars 16-jähriger Sohn, der seine Mutter laut jubelnd beklatschte, freute sich über so viel Huldigung.

Der eigens angereiste Mann vom „Stern“ lobte noch mehr: die österreichischen Medien an sich, die „ZiB2“-Redaktion für ihre Interviews und „Presse“-Außenpolitik-Chef Christian Ultsch für seine kurz zuvor geäußerten Worte. Der Außenpolitiker des Jahres hatte selbstbewusst gesagt, dass sich „Die Presse“ bei der Auslandsberichterstattung nicht hinter deutschen Qualitätszeitungen verstecken müsse, weil sie ebenso über ein dichtes Korrespondentennetz verfüge. Auch sonst war „Die Presse“ wieder in vielen Sparten auf Top-Ten-Plätzen vertreten: Josef Urschitz, Hedi Schneid, Hanna Kordik (Wirtschaft), Oliver Pink (Innenpolitik), Norbert Mayer, Wilhelm Sinkovicz (Kultur), Karim El-Gawhary (Außenpolitik), Anneliese Rohrer, Sibylle Hamann (Kolumnisten), Clemens Fabry (Foto). Köksal Baltaci wurde zudem zum Wien-Journalisten des Jahres gekürt.


Das Magazin „Der österreichische Journalist“ lässt jedes Jahr eine Jury die besten Journalisten des Landes wählen. Neu war heuer, dass junge Talente aus der Branche die Preisträger auf der Bühne interviewten (und nicht „intervenierten“, wie Gastgeber Johann Oberauer sagte). Ob Hubert Patterer glaube, er sei als Chef der „Kleinen Zeitung“ so beliebt und deshalb wieder Chefredakteur des Jahres geworden, fragte eine angehende Journalistin. Doch als „lieb“ wollte Patterer nicht wegkommen und teilte einen kleinen Seitenhieb an den Konkurrenten „Standard“ aus: der sei eine „erweiterte ÖH-Zeitung“. Christian Hackl, Sportjournalist vom „Standard“, schoss ebenso sanft zurück, sein Blatt sei „keine ÖH-, sondern eine Sportzeitung“.

Die berührendste Rede hielt der für sein Lebenswerk geehrte ORF-Reporter Friedrich Orter, den Paul Lendvai als „Ein-Mann-CNN“ bezeichnete. Orter dankte seiner kürzlich verstorbenen Frau: Sie habe ihm den Mut gegeben, in Krisengebiete zu reisen.

Gesprächsthema Nr.1 an diesem Abend war die Anfütterung. In eine gläserne Spendenbox an der Garderobe konnten Gäste 50 Euro als Gegenwert für Speis und Trank werfen. Diskussionen löste Renate Graber vom „Standard“ aus, weil sie der Gala aus Protest gegen die Sponsoren Casinos Austria und Lotterien fernblieb. Oberauer kritisierte in seiner Eröffnung, dass sie andere gesponserte Preise sehr wohl angenommen hatte. Das empörte wiederum „Standard“-Fotografen Matthias Cremer, der seine Kollegin in Schutz nahm. Mancher Gast ließ sich auf das kleine Hickhack nicht ein und trank den ganzen Abend, vielleicht zur Einstimmung auf die um Mitternacht beginnende Fastenzeit, nur Wasser. red.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 14.02.2013)

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