Frau in einer Männerdomäne: Die Patissière vom Café Central

(c) Die Presse (Clemens Fabry)
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Nach einem Gastspiel in Australien kümmert sich Manuela Radlherr seit Anfang März um die süße Linie im Café Central.

Ich bin schon als kleines Mädchen zwischen Mehlsäcken herumgeturnt“, sagt Manuela Radlherr. Man kann nachvollziehen, dass der Weg in ihre jetzige Branche damit vorgezeichnet war. (Gut, irgendetwas mit Zement hätte es noch werden können.) Radlherr lernte Konditor in der Wiener Neulerchenfelder Straße und machte zusätzlich den Meister in der Bäckerei ihres Vaters im achten Bezirk. Seit Anfang März ist sie nun Chefpatissière im Café Central in der Herrengasse, wo sie die aufwendige süße Linie ihrer Vorgänger fortführen soll: des Franzosen Pierre Reboul, der zu Ströck gegangen ist, um dort die Konditorwaren ins 21.Jahrhundert zu befördern, und des Argentiniers Nicolas Welsh, den aus familiären Sehnsuchtsgründen es nach einem kurzen Gastspiel wieder in seine Heimat gezogen hat.

Manuela Radlherr ist eine der wenigen Frauen in der Patisseriebranche, und auf diese Feststellung reagiert sie unübersehbar stolz. „Komischerweise sind das fast alles Männer. Warum, weiß ich eigentlich nicht. Bleiben Frauen lieber im Hintergrund?“ Ihre bisherigen Arbeitskontakte waren auch allesamt männlich: Radlherr war etwa Anfang der Neunziger im Team von Werner Matt im Plaza – damals sahen die süßen Stücke noch anders aus, und auch jetzige Trendzutaten wie Yuzu, schwarzen Sesam oder geräuchertes Salz kannte die Patisserie noch nicht. Wichtiger Sparringpartner für Manuela Radlherr ist heute Demel-Konditor Dietmar Muthenthaler, und mit Pierre Reboul arbeitete sie schon einmal im Café Central zusammen, war seine Souschefin – den Begriff verwendet man auch in der Patisserie.

Zuletzt blickte Radlherr in Australien über den Kuchentellerrand, heuerte bei der Patisserie Mozart in Perth an. „Ich liebe dieses Land.“ Auch wenn die Australier gar nicht so gern süß essen. Was die Patisserie betrifft, hält man es dort eher klassisch französisch. So wie Radlherr. Aber stets mit einem Twist. Während Vorgänger Nicolas Welsh „ein absoluter Chocoholic“ war und auf sämtliche schokoladigen Aggregatzustände plus Farbe setzte, möchte sie nun deutlich mehr Früchte verwenden. Etwa Holler, den sie – „es hat etwas Topfiges in der Vitrine gefehlt“ – mit Topfen und Mohn zu einem Törtchen kombiniert, das unverkennbar österreichisch schmeckt und ohne Gelatine auskommt. „Ich mag Gelatine nicht, verwende lieber Pektin.“ Geplant ist auch der verstärkte Einsatz von Blüten.


Eine typisch österreichische Zutat fehlt in ihrer Vitrine aber noch: Kürbiskernöl. Dabei ist doch Grün, ebenso wie Dunkelrot, in der Patisserie und der Chocolaterie stark im Trend. „Ja, aber komischerweise kommt natürliches Grün bei den Leuten nicht gut an, die glauben dann offenbar, da ist was schimmlig.“ Wenn etwas nur grün angemalt oder besprüht wurde – an essbaren Farben herrscht im Patisseriebedarf kein Mangel –, sei das angenehmer für die Kunden. „Seltsam.“

Fürs Tüfteln bleiben Radlherr nur ihre freien Nachmittage. Aber immerhin kann sie richtig lange schlafen – Arbeitsbeginn im Café Central ist zwischen fünf und halb sechs Uhr morgens. „In der Bäckerei haben wir um Mitternacht angefangen!“

Auf einen Blick

Manuela Radlherr (geb. 1973) ist die neue Chefpatissière im Café Central, sie folgt Pierre Reboul, der nun bei Ströck werkt, und Nicolas Welsh nach. Seit 2009 fährt man in der Wiener Herrengasse eine aufwendige und sehr moderne Patisserielinie. Radlherr ist Konditorin und Bäckermeisterin und möchte für mehr Fruchtigkeit in den süßen Stücken sorgen.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 06.03.2013)

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