Radobsessionen: Embacher zeigt seine Kollektion

Radobsessionen Embacher
Radobsessionen Embacher (c) Embacher-Collection, Andreas Müller
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Mehr als 200 alte Räder hat Michael Embacher auf seinem Wiener Dachboden gesammelt. Das MAK zeigt nun eine Auswahl seiner Raritäten.

Eigentlich waren es praktische Gründe.“ So erklärt Michael Embacher, wie es denn gekommen ist, dass auf seinem Dachboden im siebten Bezirk hunderte alte Fahrräder stehen. Früher, so erzählt der Architekt und Designer, seien ihm seine neuen Räder immer wieder gestohlen worden. Also hat er begonnen, gebrauchte Räder auf eBay zu kaufen. Und es waren nicht irgendwelche Räder, die Embacher im Netz erstanden hat.

Irgendwann wurden die alten Räder, die feine Mechanik, die präzise Konstruktion der Oldtimer zur Obsession. Mittlerweile hat Embacher Raritäten der Moulton Bicycle Company ebenso in seiner Sammlung wie Prototypen des französischen Herstellers René Herse, so etwas wie der Rolls-Royce der Fahrräder, oder Kuriositäten wie das schwedische Vollplastikrad Wilhelmina Plast von Itera.

2003 gründet er seine Embacher Collection, die gewöhnlich auf dem Dachboden steht, 2006 folgt die erste Ausstellung, 2007 der erste Bildband zur Kollektion. „Ab dann sind mir Räder aus aller Welt angeboten worden, auch Prototypen, die irgendjemand noch in einem Keller hatte und an einem guten Platz aufgehoben wissen wollte“, erzählt Embacher. Und so ist seine Kollektion auf 210 Räder gewachsen – darunter Flohmarkträder um 20 Euro oder Raritäten um den Preis eines Kleinwagens. Schließlich steigen die Sammlerpreise. Bei manch einem Stück von Herse kostet beispielsweise schon ein Ersatzlicht 1000 Euro.

Seit heute, Freitag, sind rund 50 Räder aus Embachers Sammlung im MAK in der Ausstellung „Tour du Monde. Fahrradgeschichten“ zu sehen. Fahrradikonen und Oldtimer erzählen die Geschichte des Rades. Geschichten von Ingenieurskunst, Design und Gebrauchsobjekten – mit Gebrauchsspuren. Schließlich will Embacher stets wissen, wie sich die verschiedenen Konstruktionen anfühlen, und fährt mit seinen Sammlerstücken quer durch Wien – vom Architekturbüro zu Baustellen und retour. Wenn sie nicht geraden in Museen in aller Welt zu sehen sind. Erst vorige Woche, erzählt Embacher, wurde eine Vernissage in Oregon am Naked Bike Day von 10.000 nackten Rad-Aficionados besucht. Seine Sammelobsession trifft einen Nerv: den weltweiten Hype um alte Räder als Lifestyle-Objekte.

„Das Faszinierende ist: Ein Rad ist ein unendlich intelligentes Produkt“, sagt Embacher. „Es ist nichts dabei, was es nicht braucht. Räder sind filigran, halten unheimlich viel aus, ein tolles Produkt, das sich kaum verändert hat. Und endlich bekommt es seine angemessene Wertschätzung“, erklärt er seine Leidenschaft. Warum gerade Oldtimer statt neuer, leichter Hightech-Carbon-Räder? „Der große Unterschied“, sagt er, „ist die Präzision der Fertigung. Fährt man damit, merkt man sofort, ob es lieblos zusammengeschraubt oder präzise gefertigt wurde.“

Wachsen soll die Sammlung aber nicht mehr. Aus Zeit- und Platzgründen. Weil er ohnehin stets bloß ein Rad fahren kann. Und schließlich werden auch die Raritäten immer wieder gestohlen. 20 Räder aus der Sammlung seien ihm schon abhandengekommen. Aber, anders als früher die neuen Räder, kommen die Sammlerstücke zumindest teilweise zu ihm zurück. Schließlich kennen Wiens Mechaniker und Radhändler Embacher und seine Räder. Sein simpler Plan, wie man den Dieben entkommen könnte, der scheint also aufgegangen zu sein.

Zur Person

Michael Embacher, geboren 1963 in Wien, studierte Architektur an der TU und gründete 1994 sein Planungsbüro Embacher. Nebenbei hat er eine der umfangreichsten privaten Fahrradsammlungen aufgebaut. Mit „Cyclopedia“ ist 2011 sein zweiter Bildband zur Kollektion erschienen.

Die Ausstellung „Tour du Monde. Fahrradgeschichten“ ist von heute, Freitag, bis zum 6.Oktober im Museum für angewandte Kunst zu sehen. Dazu bietet das MAK Sonderführungen, Filme und Kinderprogramm zum Thema Rad.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 14.06.2013)

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