Kay von Aspern: „Es ist ein bisschen wie eine Sucht“

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Aspern bdquoEs bisschen eineKay von Aspern
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Kay von Aspern ist Teil von Wiens beachtlicher Szene der Street-Fotografen. Nun sind seine Bilder bei Leica zu sehen.

Verschwommene Kinderköpfe unter einer durchsichtigen Kuppel in einer Art Beet, die aussehen wie Gemüse in einem futuristischen Minitreibhaus. Oder ein Mann, der sich unter dem Sakko auf den verlängerten Rücken greift, während ein Hai mit offenem Maul sein Hinterteil taxiert. Beides sind Bilder von Kay von Aspern – und beide stammen aus Wien.

Es sind die eigentlich unspektakulären Momente des Alltags, in denen ein besonderes Bild entsteht, die Kay von Aspern interessieren. Und er jagt sie, jeden Tag. Nicht beruflich – da arbeitet der gebürtige Deutsche als IT-Administrator in einem mittelständischen Unternehmen in Heiligenstadt. Aber auf dem Weg hin, auf dem Weg nach Hause (da macht er meistens irgendeinen Abstecher) und auch sonst ist er immer mit Kamera unterwegs. „Sogar, wenn ich zum Zahnarzt fahre.“

Von Aspern, dessen Bilder ab heute in der Leica-Galerie in der Walfischgasse zu sehen sind, ist Teil der Wiener Street-Photography-Community. Auf 20 bis 30 Mitglieder schätzt er die Zahl jener, die wie er unentwegt mit der Kamera die Stadt erkunden, und das sei, sagt er, „sehr viel“. Berlin, Hamburg oder München hätten, im Vergleich, eine viel kleinere Szene – was wohl zum Teil, wie er vermutet, mit der in Deutschland viel strengeren Gesetzgebung bei Bildrechten zusammenhängen könnte. Schließlich bitten Street-Fotografen ihre Protagonisten normalerweise nicht um Erlaubnis. „Weil der Moment dann nicht mehr der wäre, der gesehen worden ist.“

Von Aspern selbst stammt aus Itzehoe – einer Kleinstadt nördlich von Hamburg. Und von Aspern ist sein richtiger Name und nicht, wie man in Wien oft vermutet, ein Künstlername oder Hinweis auf den gleichnamigen Stadtteil. Die Auffälligkeit sei manchmal lustig („wenn in Wien im Wartezimmer alle Köpfe hochgehen, wenn ich aufgerufen werde“), manchmal auch ein wenig nervig. Fotografiert habe er schon ein Leben lang, sagt der gelernte Fotofachkaufmann, „wie jeder andere auch“. Erst 2004 begann er in Hamburg, sich intensiver damit zu beschäftigen. 2005 folgte er seiner Freundin nach Wien – auch sie ist Teil der Szene. Die Stadt, sagt er, erinnere ihn manchmal mehr an seine Heimat Itzehoe als an Hamburg: „Weil man Bekannte so oft zufällig trifft.“

Wobei: Wenn er mit Kamerablick durch die Stadt wandert, sie wirken lässt und selektiert, dann komme er in einen Flow, sagt von Aspern. Und dann könne es schon sein, dass man ihn rufe und er nichts höre, so konzentriert sei er da. „Man lässt sich treiben vom Geschehen“, erklärt er. Das mache Spaß – „und ist schon ein bissl wie eine Sucht“. Manchmal freilich ist er auch gezielt unterwegs – am 1.Mai etwa, bei Faschingsumzügen, aber immer „am Rand“.

Die Kunst, „unter Anführungszeichen“, bestehe darin, „dass nicht die Situation, sondern der Moment zählt“. Dementsprechend erklären Street-Fotografen auch eher ungern, was bei manchen Bildern wirklich dahintersteckt. Die eingangs erwähnten seien dennoch verraten: Der Hai stammt von der Reisemesse. Und die Kinder in der Glaskuppel aus dem Kaninchenpark in Schönbrunn.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 14.08.2013)

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