Diane Kruger: "Amerika ist nicht das Absolute"

Diane Kruger Amerika nicht
Diane Kruger Amerika nicht(c) Reuters
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Seit sie Helena in „Troja“ war, ist Diane Kruger Deutschlands Hollywood-Star. Ein Interview über ihre Abenteuerlust, das Asperger-Syndrom und Nächte auf alten Sofas.

Sie spielen in der US-Version der Serie „Die Brücke“ eine Polizistin an der „Bridge of the Americas“, zwischen El Paso und Juarez in Mexiko. Gedreht wurde aber in Los Angeles.

Diane Kruger: Wir drehen in L. A. aus Budgetgründen und weil es besser ist, aber für den Piloten waren wir zehn Tage in El Paso. Juarez wäre zu gefährlich, die Versicherungen würden nie zustimmen. Das Team filmt dort Außenszenen, aber in irgendwelchen Drogenecken zu drehen ist unvorstellbar.

Waren Sie trotzdem einmal in Juarez?

Ja, ich bin über die Brücke gegangen und hab den Tag in Juarez verbracht. Es war nett, wir haben Tacos gegessen.

Sind Sie als die amerikanische „Gringa“ aufgefallen, die Sie in der Serie spielen?

Zumindest als Blondine fällt man auf. Aber ich hatte eigentlich einen sehr guten Eindruck von der Stadt. Klar, wir waren tagsüber da und haben nicht nach Drogen gesucht. Es ist eine moderne Stadt mit breiter Mittelschicht.

Das geht bei den Nachrichten über 5000 Morde pro Jahr etwas unter.

Wie gesagt, es gibt eine Mittelschicht, die ins Büro geht. Ich glaube, manchmal wird alles aufgebauscht. Amerikaner haben panische Angst vor Mexiko.

Da sind Sie wagemutiger?

Ich habe vielleicht nicht den gleichen Blickwinkel wie Amerikaner. Dadurch dass ich, seit ich 15 war, viel gereist bin, hab ich wenig Angst vor Unbekanntem.

Sie waren auch schon in China mit dem Rucksack unterwegs.

Ja, und zu Weihnachten habe ich Chile gemacht, Australien auch schon.

Sind Sie abenteuerlustig?

Sehr, bis zu einem bestimmten Punkt. Bungeejumping wäre für mich nichts, aber ich mag Urlaub, bei dem man etwas ganz Neues sieht, sich mit Kulturen konfrontieren muss.

Sie spielen als Deutsche im US-Remake einer europäischen Serie. Ein komisches Gefühl?

Ja, klar. Auf der einen Seite spielen Schauspieler ja ständig andere Nationalitäten. Aber es ist eine Challenge, eine Amerikanerin spielen zu können. Es ist andauernde Arbeit, allein der Akzent. Es ist ein Muskel, sagt man dazu. Ein Muskel, den man trainieren muss.

Wird Ihnen da auch bewusst, welche Karriere Sie gemacht haben?

Nein. Für mich ist US-Kino nicht das Absolute. Ich spiele weiter in Europa und glaube, meine schönsten Rollen waren im französischen Kino.

In deutschen Produktionen waren Sie noch nie zu sehen?

Noch nie. Hat man mir aber auch noch nicht angeboten. Ich hab nur die Deutsche in „Inglourious Basterds“ gespielt.

Wie war es, erstmals fürs TV zu arbeiten?

Relativ anstrengend. Es gibt viele Dinge, an die ich mich gewöhnen muss, sollte die Serie weitergehen. Der Wechsel des Regisseurs jede Woche, das ist mir sehr fremd und nicht unbedingt immer superangenehm.

Ihre Figur tut sich in sozialen Dingen schwer, sie hat das Asperger-Syndrom. Wie war es, sich da einzufühlen?

Ich muss sagen, es war unheimlich schwer. Ich wusste nicht, was Asperger ist. Ich habe erst einmal unglaublich viele Bücher dazu gelesen, aber ich konnte mir kein Bild machen, wie ich so jemanden spielen könnte. Der Kick kam, als man mich mit jemandem in Verbindung brachte, der Asperger hat und Berater der Serie ist. Er ist da, wenn ich drehe. Ich habe ihn in Situationen gesehen, wo er Probleme hatte und durfte fragen, was er gerade empfindet.

Haben Sie das Gefühl, dass Sie mit der Figur etwas gemeinsam haben?

Nicht wirklich. Man hat mir in Amerika immer gesagt, ich sei sehr deutsch und wir Deutschen seien immer reserviert. Zumindest mehr als die Amerikaner.

Kommt dazu auch eine gewisse Direktheit?

Ja, auch das ist wieder sehr deutsch. Aber ich glaube, dass ich schon ein bisschen mehr soziale Filter habe als Sonya (lacht). Hoffe ich jedenfalls.

Wie ist es, wenn Sie hier in Deutschland sind: Schauen Sie immer zu Hause vorbei?

Ja. Ich fühle mich dann wie eine 16-Jährige. Weil ich nur Automatikautos fahre und auf Mama angewiesen bin.

Eine andere Welt?

Auf jeden Fall. Ich schlafe auf dem Ausziehsofa in meinem alten Zimmer. Als hätte die Zeit aufgehört weiterzugehen.

Steckbrief

1976 wurde Diane Kruger in Algermissen in Niedersachsen geboren. Mit 16 Jahren ging sie nach Paris und arbeitete dort als Model. Nebenbei nahm sie Schauspielunterricht und spielte kleinere Filmrollen.

2004 gelang Kruger mit der Helena in „Troja“ an der Seite von Brad Pitt der Durchbruch. Zu ihren Erfolgsfilmen zählen „Das Vermächtnis der Tempelritter“ und „Inglourious Basterds“. Kruger lebt zwischen Los Angeles und Paris und ist mit Joshua Jackson liiert.

Die Serie „The Bridge America“ läuft jeden Donnerstag um 22.05 auf Fox HD bei Sky.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 08.09.2013)

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