Heino Ferch: "Verbrechen sind so menschlich"

Heino Ferch: »Verbrechen sind so menschlich«
Heino Ferch: »Verbrechen sind so menschlich«(c) Die Presse (Clemens Fabry)
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Historische Filme von »Adlon« bis »Luftbrücke« passen gut zu ihm, findet Heino Ferch. Der deutsche Schauspieler dreht viel in Österreich, etwa die »Spuren des Bösen«-Reihe, in der er den Psychologen Brock spielt. Ferch über seine Beziehung zu Wien und die Faszination des Bösen.

Die „Frankfurter Allgemeine Zeitung“ nannte den ersten Teil einen „erstklassigen Thriller aus Wien“. Mittlerweile umfasst die „Spuren des Bösen“-Thriller-Reihe, in der der deutsche Schauspieler Heino Ferch den Psychologen Richard Brock verkörpert, drei Teile. Im jüngsten, „Zauberberg“ (4.12., 20.15h, ORF2), muss Brock aufs Land, da ein ehemaliger Patient (dargestellt von Cornelius Obonya) unter Verdacht steht, ein Mädchen entführt zu haben.

In „Zauberberg“ arbeitet der Deutsche Brock mit österreichischen Dorfpolizisten zusammen. Ein ziemlicher Kontrast. Wer hat sich denn schon mehr an das Österreichische gewöhnt? Der Brock oder der Ferch?

Heino Ferch: Der Ferch.


Die Ermittler sind als sehr authentische österreichische Typen gezeichnet...

Finde ich auch.

Wie oft begegnen Sie derartigen Figuren im echten Leben?

Immer wieder. Der Beruf des Polizisten ist ein ganz eigenwilliger, das ist in Frankreich oder Deutschland auch nicht anders. Der Dorfpolizist (dargestellt von Thomas Stipsits, Anm.) ist eigentlich ein intelligenter junger Mann, reagiert aber auf die Entführung des Mädchens als Vater und mit Vorurteilen. Trotzdem wird er für Brock zu einem wunderbaren Begleiter, das ist gut gelungen. Wie ich überhaupt finde, dass „Zauberberg“ ein ziemlich starker Teil geworden ist.

Inwiefern?

Die Geschichte wird am Semmering in kammerspielartiger Konsequenz weitergeführt, sie konzentriert sich auf wenige Figuren. Ich kannte den Semmering früher nicht und war begeistert von dieser Ecke mit ihrer „Shining“-Atmosphäre. Ein gutes Setting für die Geschichte, in der es um Menschen am Rand der Gesellschaft geht.

Am Ende sagt der Dorfpolizist: „Ich versteh solche Leute nicht.“ Brock fragt: „Wollen Sie sie denn verstehen?“ Wollen Sie sie verstehen?

Auf jeden Fall. Verbrechen sind so menschlich. Die Krimis sind so nah an uns dran, weil wir alle nicht wissen, welche Konstellation uns selbst aus der Bahn hauen kann. Dass wir vielleicht auch nicht davor gefeit wären, mit dem Messer auf jemanden loszugehen. Der Mensch ist aber auch ein Voyeur, der dem Bösen gern zuschaut. Gleichzeitig ist er davon angewidert.

Sie kennen Österreich sehr gut und drehen hier sehr viel.

Ich mag es hier. Wien ist eine unheimlich gechillte Stadt. Als ich Wien vor bald 30 Jahren kennengelernt habe, dachte ich, da stürzen sich am Wochenende alle vom Hochhaus, das es damals gar nicht gab. Wien ist heute eine luftige Stadt mit vielen schönen Ecken. Die Atmosphäre ist gemütlich, das Leben nicht so preußisch-akkurat.

Schlägt sich das auch bei den Dreharbeiten in Österreich nieder?

Die Filmwelt ist natürlich deutlich kleiner als in Deutschland. Immer wenn ich in Österreich gedreht habe, war ich in einer Truppe drin, die sich gut kennt und auf einem tollen Niveau arbeitet. Bei uns in Deutschland wird auf sehr vielen Niveaus produziert.

Ihr Lieblingsort in Wien?

Ich schätze die Albertina und die Galerien. Ich schlendere nach den Dreharbeiten gern durch das geschlossene abendliche Wien. Und manchmal gehe ich irgendwo einen trinken.

Sie sind immer wieder in historischen Verfilmungen zu sehen, zuletzt etwa im Mehrteiler „Das Adlon“. Derzeit drehen Sie mit Andreas Prochaska „Sarajevo“ über das Attentat auf Franz Ferdinand 1914. Was fasziniert Sie so an historischen Stoffen?

Ich mag die Zeitreise, die man selbst machen kann, und ich glaube, ich passe ganz gut rein. Deswegen wird mir auch viel Historisches angeboten.

Ist es schwieriger, reale Personen zu verkörpern?

Man muss versuchen, authentisch wahrgenommen zu werden. Einerseits ist es schwer, weil wir alle nicht in der Zeit gelebt haben. Andererseits hat man gewisse Freiheiten, denn: Wer weiß schon, wie es vor 100 Jahren war? Als ich Albert Speer in „Der Untergang“ verkörpert habe, hat mir Hitler-Biograf Joachim Fest gesagt: „Ich habe Speer gekannt, und Ihre Darstellung kommt dem echten Speer sehr nahe.“ Das war ein sehr, sehr schönes Kompliment.

Steckbrief

18.8.1963
Heino Ferch wird in Bremerhaven geboren.

1987
beendet Ferch sein Schauspielstudium am Salzburger Mozarteum.

1997
Durchbruch dank „Comedian Harmonists“, seither zahlreiche Kino- und TV-Produktionen, zuletzt der Dreiteiler „Das Adlon“.

2013
Im Dezember dreht Ferch in Wien den vierten Teil von „Spuren des Bösen“. Die ersten drei Teile sind soeben als DVD-Box bei Hoanzl erschienen.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 29.09.2013)

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