Comedy ist Tyrannei: Eine Gala für Will Ferrell

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Am letzten Tag von Wiens Filmfest kam der Hollywood-Komiker, um seine Fans mit trockenem Witz und exklusiven Filmszenen zu beglücken.

Gala-Gelage im Wiener Gartenbaukino zum Abschluss der Viennale: Da der Stargast von Wiens Filmfestival heuer nur am letzten Tag kommen konnte, fand dessen traditioneller großer Auftritt mit Publikumsgespräch erst direkt vor der Abschlussvorstellung statt. Der US-Komiker Will Ferrell erschien also am späten Mittwochnachmittag im Abendanzug zur Gala und scherzte gleich charakteristisch: Wenn er so ins Publikum schaue, fühle er sich doch „overdressed“. Überhaupt hätte er nur 30 Leute erwartet, gab sich Ferrell über den vollen Saal geschmeichelt – wie auch darüber, dass ihn erstmals ein Festival mit einer Hommage ehrte. Die Vorgeschichte dazu gab Festivaldirektor Hans Hurch als Auftakt zum Besten: 2010 habe die Viennale die Ferrell-Komödie „The Other Guys“ als Überraschungsfilm gezeigt, eine empörte Besucherin habe Hurch beim Verlassen des Saals gesagt: „Schämen Sie sich!“

Es spalte heute eben kaum jemand das Publikum so sehr wie der Ausnahmekomiker Ferrell, gab Hurch seiner Tribute-Entscheidung einen kontroversen Anstrich, was angesichts eines Saals voller Ferrell-Fans nicht eben spaltende Wirkung hatte. Der sichtlich erfreute Komiker reagierte auf die wiederholten Beifallskundgebungen dagegen mit trockenem Humor: Die meisten Zuschauer seien schließlich bezahlt, um hier zu sein – „danke, das macht ihr sehr überzeugend!“, komplimentierte er ironisch zurück.

Als Galafilm lief „Anchorman: The Legend of Ron Burgundy“ (2004), ein besonderes Herzensprojekt, wie Ferrell im Anschluss erzählte: Die surreale Siebzigerjahre-Story, in der Ferrell als schnauzbärtiger Macho-Moderator Probleme mit der Gleichberechtigung bekommt, war der Beginn seiner Kinoarbeit mit Regisseur Adam McKay. Die beiden hatten einander bei der US-Sketch-Show „Saturday Night Live“ kennengelernt und sich gut verstanden – gerade im speziellen Zugang zu Humor. Dieser war schwer durchzusetzen. „Ich kann mich noch erinnern, wie unser Projekt an einem Tag von zehn Studios abgelehnt wurde“, sagte Ferrell.

Doch „Anchorman“ wurde zum Erfolg mit Kultfaktor. In weiteren Komödien bauten Ferrell und McKay ihre improvisationsfreudige Methode aus. Dass diese Komikproduktion nicht bloß Spaß macht, sondern auch harte Arbeit ist, sehe man lustigen Filmen zwar nicht an, sagte Ferrell, aber prinzipiell gelte: „Comedy ist keine Demokratie, sie ist eine Tyrannei.“ Die von ihm mitgegründete Website „Funny of Die“ zeige das: Die User stimmen ab, ob deren Webclips lustig sind. „Hoffentlich lachen 72Prozent darüber. Und die 28 Prozent, die es nicht verstehen – wen kümmern die schon?“

Kleingeld in den Hinterbacken

Das von US-Kritikerin Lisa Nesselson geführte Gespräch mit Ferrell entsprach gut dessen absurdem Humor: unzusammenhängend, aber durchwegs erheiternd, nicht zuletzt dank der Understatement-Reaktionen des Komikers. Er gab auch sein Geheimnis preis, wie er selbst in den komischsten Momenten nie zu lachen beginne: „Ich habe immer Kleingeld zwischen meinen Hinterbacken. Erstens habe ich so immer Kleingeld dabei, und zweitens ist es anstrengend, das festzupressen: Da bleibt man immer steif!“

Zum Abschluss gab es ein besonderes Zuckerl: Zwei sehr lustige Exklusivausschnitte aus der heiß erwarteten Fortsetzung „Anchorman2“, die erst im Winter in die Kinos kommt. Für die Fans war da jetzt schon Weihnachten.

ZUR PERSON

Will Ferrell (*1967, Irvine, Kalifornien) hatte seinen Durchbruch als Komiker bei der in den USA enorm populären TV-Show „Saturday Night Live“. Im Kino etablierte er sich mit „OId School“ (2003) und der surrealen Komödie „Anchorman“ (2004). Legendär sind Ferrells Parodien von George W. Bush.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 08.11.2013)

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