"Endlich wieder Wienerisch": Eine Baronesse kehrt heim

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Nora von Waldstätten ist zwar "durch und durch Wienerin", kann aber verstehen, warum sie meist als deutsche Schauspielerin wahrgenommen wird.

Nora von Waldstätten ist gebürtige Wienerin – doch Wertschätzung bekam sie bisher überall, nur nicht hier. Zum Beispiel in Berlin. Dort wurde sie ein Jahr nach ihrer Matura an der Universität der Künste, einer renommierten Schauspielschule, aufgenommen. Oder im ARD-Hauptabendprogramm, wo sie in der „Tatort“-Folge „Herz aus Eis“ als skrupellose Internatsschülerin zu sehen war. Und in Cannes, hier kam der Durchbruch: Bei den Filmfestspielen gab es Standing Ovations für das französisch-deutsche Biopic „Carlos“ und viel Lob für ihre Darstellung der Frau an der Seite des venezolanischen „Schakals“ und Terroristen.

Mit Götz Spielmanns „Oktober November“ (Kinostart: 8.November) kommt nun ihr erster großer österreichischer Film ins Kino. „Götz hat mich nach Hause geholt und dafür gesorgt, dass ich meinen Dialekt, der ja ein Teil von mir ist und in dem so viel Mentalität steckt, wiederfinden durfte“, sagt die 31-Jährige im „Presse“-Gespräch. „Dafür bin ich ihm unendlich dankbar. Schließlich bin ich durch und durch Wienerin, und der österreichische Film spiegelt ja auch meine Seele wider.“

Wienerin mit neutraler Sprache

Das „von“ in ihrem Namen hat die Wahlberlinerin von ihrer adeligen Abstammung – würden in Österreich noch Adelstitel geführt, so hieße sie Baronesse Nora Marie Theres Beatrice Elisabeth von Waldstätten.

Abwechselnd in Wien und Baden aufgewachsen, wundert sie sich ein wenig darüber, als deutsche Schauspielerin wahrgenommen zu werden, zeigt aber auch Verständnis dafür. Dass der österreichischen Filmlandschaft von Waldstätten bisher kaum aufgefallen ist, liege wohl an den klar in Deutschland angesiedelten Projekten und der „neutralen Sprache“, die sie sich an der Schauspielschule angeeignet hat. „Ich wollte mir damit ein breiteres Rollenspektrum ermöglichen“, sagt sie. „Damit nicht jeder gleich sagt: ,Ah, das ist eindeutig eine Wienerin.‘ Aber ich wollte schon immer auch in Österreich, meiner Heimat, drehen. Endlich hat es geklappt. Und dann auch noch an der Seite so großartiger Schauspieler wie Ursula Strauss und Peter Simonischek.“

In „Oktober November“ rückt Spielmann zwei Schwestern in den Mittelpunkt, die einem Gasthof in den Alpen entstammen, der schon längst nicht mehr rentabel zu führen ist. Während die jüngere Sonja (von Waldstätten) mittlerweile als erfolgreiche Schauspielerin in Berlin lebt, hat die ältere Verena (Strauss) den Ort nicht verlassen. Der müde gewordene Vater (Simonischek) erleidet einen Herzinfarkt, worauf Sonja erstmals seit Langem wieder nach Hause fährt. Während der Vater im Angesicht des Todes seinen Frieden gemacht hat, müssen die beiden Schwestern ihre Lebenswelt neu ordnen. Über die Jahre einander fremd geworden, bringt das Wiedersehen langsam, unerbittlich die Konflikte zwischen den unterschiedlichen Frauen ans Licht. Und auch der Vater weiß, dass er für die Offenbarung eines Geheimnisses nicht mehr lange Zeit hat.

Obwohl sie allein in diesem Jahr drei Kinofilme gedreht hat, will von Waldstätten weiterhin auch dem Theater treu bleiben. Bis zum vergangenen Frühjahr stand sie für Elfriede Jelineks „Über Tiere“ im Deutschen Theater Berlin auf der Bühne. „Ich spüre, wovon Jelinek schreibt, kenne diese Zwischennuancen“, sagt die Schauspielerin. Das Stück lief in Berlin fünf Jahre lang. Parallel dazu spielte sie in zwei Produktionen im Schauspiel Köln. „Für mich ist es wichtig, sowohl Film als auch Theater zu machen, weil ich merke, dass sich beides gegenseitig befruchtet“, betont sie. „Es ist toll, zwei Stunden lang auf der Bühne zu spielen und diese unmittelbare Reaktion zu bekommen. Zeitgleich möchte ich es nicht missen, vor der Kamera zu stehen, an den kleinen Momenten zu arbeiten und zu wissen: Das ist später auf der großen Leinwand.“

Besonderen Wert legt sie auf die Vorbereitung ihrer Rollen. Um sich in einen Charakter hineinzuversetzen, legt sie sogar ein eigenes Heft an und spinnt sich „eine Biografie zur jeweiligen Figur zusammen“. „Natürlich suche ich dabei auch die Schnittmenge zwischen mir und der zu spielenden Figur“, so von Waldstätten. „Ich glaube fest daran: Es muss ein Teil von mir darin liegen, und es muss mich auch etwas kosten, sonst fände ich es nicht spannend – und der Zuschauer wahrscheinlich auch nicht.“

ZUR PERSON

Nora von Waldstätten wurde in Wien geboren und wuchs in Wien und Baden auf. Nach der Matura ging sie nach Berlin, um an der Universität der Künste Schauspiel zu studieren. Für ihre Rolle in der „Tatort“-Folge „Herz aus Eis“ erhielt sie 2009 den New Faces Award der Zeitschrift „Bunte“, ihre Darstellung in dem Drama „Schwerkraft“ bescherte ihr 2010 den Max-Ophüls-Preis. Der Durchbruch gelang ihr im selben Jahr mit dem Biopic „Carlos“. Ab 8.November ist die 31-Jährige in Götz Spielmanns neuem Film, „Oktober November“, im Kino zu sehen.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 11.11.2013)

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