Hund und Katz: Abschied von der Upperclass

(c) Die Presse (Clemens Fabry)
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Susanne Sarwaryn hat im „The Pierre“ jahrelang New Yorks Reiche umsorgt. Jetzt verkauft sie in der Josefstadt lieber Zubehör für Hund und Katz.

Es gibt Softies in den Geschmacksrichtungen Lachs und Ente, schicke Strickmäntel, Lebkuchenmännchen und Tragetaschen in modischen Mustern für den kleinen Hund von Welt. Die Wände sind nostalgisch-pastellig in Hellgelb und Türkis gestrichen. Und: Es riecht nicht nach Pansensticks und Schweineohren. Was schon ein wenig anders ist als im herkömmlichen Futter- und Flohbandnahversorger heimischer Provenienz.

Seit rund vier Wochen führt Susanne Sarwaryn „Susis Katz und Hund Tierbedarf“ in der Wiener Josefstadt. Ihre Kindheit verbrachte sie nicht weit von hier, in Ottakring, umgeben von Tieren. Schon die Großmutter besaß stets zwei Schäferhunde und drei Katzen und erntete Ehrenplaketten vom Tierschutzverein. Zwischen damals im 16. und dem Heute im Achten liegen eine Fotografenlehre und zwei nicht unspannende Jahrzehnte in Amerika.

„Raus aus Wien“ wollte Sarwaryn in ihrer „Sturm- und Drang-Zeit“. Mit zwei Koffern und ein paar hundert Dollar flog sie zu einer Bekannten in die USA. „Maximal ein Jahr“ wollte sie bleiben. Geworden sind es mehr als 20, acht in Los Angeles (wo sie sich „durchschlug und L. A. genoss“), der Rest in New York. Dort landete sie durch Zufall in der Hotellerie, genauer gesagt im Inn at Irving Place, einem Zwölf-Zimmer-Haus in einem alten Townhouse, an dem kein Schild verrät, dass sich dahinter ein Hotel verbirgt. Sehr privat – und sehr beliebt bei Hollywood-Stars ohne festen New Yorker Wohnsitz, die hier quasi ihr zweites Wohnzimmer haben. Shirley MacLaine, Star aus den Filmen ihrer Kindheit, war die Erste, die Sarwaryn kennenlernte. „Ganz lieb“ sei sie gewesen, und so unanstrengend wie all die anderen, die das kleine Hotel dem Rundumservice großer Konkurrenz vorzogen.

Aber auch mit der lokalen New Yorker Upperclass schloss Sarwaryn hier Bekanntschaft, sie baute den Teesalon des Hauses mit auf, der sich speziell für Baby und Bridal Showers großer Beliebtheit erfreuen sollte – jene amerikanischen Konsumpartys, bei der werdende Mütter und Bräute mit Gütern eingedeckt werden.

Bettencourt-Dackel speiste Steak

Später wurde sie Concierge und Guest-Relations-Manager im „The Pierre“, einem der alteingesessenen Hotels, in der Fifth Avenue direkt am Central Park gelegen und lange im Besitz von J. Paul Getty, das ausreichend Appartements bieten konnte, als es unter „Rich and Famous“ Mode wurde, im Hotel zu wohnen. Liz Taylor hatte eine Unterkunft hier, die Hearst-Familie auch. 30.000 bis 40.000 Dollar pro Monat kostet der Spaß – allein für das Service rund ums Eigentum. Was einst auf dem Dach der Ballsaal war, kaufte Börsenmakler Martin Zweig 1999 als teuerstes Penthouse der Welt. Nach seinem Tod stand es erst heuer wieder zum Verkauf. Auch geheiratet wird hier gern, „eine Prestigesache in der New Yorker Oberschicht“.

Hier las Sarwaryn nicht nur ihren Gästen die Wünsche von den Augen ab, sondern stets auch deren Schoßtieren. Der Dackel aus der L'Oréal-Dynastie Bettencourt etwa pflegte Steak zu speisen. „Dem Hund hat man angesehen, dass er vornehm ist“, lacht Sarwaryn.

„Der Rest war ,Sex and the City‘“, sagt sie heute. New York sei eine tolle Stadt, „man fühlt den Puls der Zeit.“ Die Kehrseite: „Wahnsinnig laut, urhektisch – und es bezieht sich alles aufs Geld und das letzte Styling. Man muss mithalten, oder zumindest glaubt man das.“ Immer war für sie klar: Alt will sie in New York nicht werden.
Als sie vor drei Jahren nach Wien zurückkehrte, sollte sie Head Concierge im Shangri-La-Hotel werden, das freilich nie eröffnete. Ersatz zu finden war nicht einfach, „schließlich bin ich keine 24 mehr, das habe ich zu spüren bekommen“. Nach einer Station im Boutiquehotel Stadthalle war nun der Punkt erreicht: „Selbstständig sein, jetzt oder nie.“

So steht die 50-Jährige jetzt mit Adoptiv-Chihuahua Max zwischen Spielzeug und Kauknochen und berät ihre Kunden bei Weihnachtsgeschenken für den Hund. Dass es dem eher egal sein dürfte, wenn seine Leckerli wie Schokotrüffel aussehen, ist ihr bewusst. „Man kauft für Herrl und Frauli ein.“ Denen will sie künftig auch den Weg ersparen und Lieferservice bieten – beziehungsweise ein wenig Kunst, wenn sie doch kommen. Derzeit hängt in ihrem Geschäft eine Ausstellung des Life-Ball-Fotografen Markus Morianz, mit dem sie in Los Angeles einst das Zimmer geteilt hat. Motiv? Katz und Hund natürlich.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 10.12.2013)

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