Mautner Markhof schreibt: Wo die Türken Schweden sind

Mautner Markhof schreibt: Wo die Türken Schweden sind
Mautner Markhof schreibt: Wo die Türken Schweden sindVerlagshaus Hernals
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Manager Viktor Mautner Markhof hat die Belagerung Brünns durch die Schweden akribisch recherchiert und in einen historischen Roman gegossen.

Man schrieb das Jahr 1645. Mitten im Dreißigjährigen Krieg näherte sich der schwedische Feldmarschall Torstensson der mährischen Stadt Brünn. Der Franzose Raduit de Souches eilte mit seinen Soldaten den Brünnern zur Hilfe. Er hatte als Jugendlicher die einjährige Belagerung seiner Heimatstadt, La Rochelle, erlebt, später den Schweden gedient und nutzte nun sein Wissen im Sold des Habsburgischen Kaisers. 1500 Leute hatten die Brünner unter Waffen, vor den Toren standen zehnmal so viele. „Einfach irre“, sagt Viktor Mautner Markhof. „Und es hätte bis zuletzt anders ausgehen können.“

Mautner Markhof hat einen ganzen Roman darüber geschrieben, 500 Seiten in Tagebuchform über die viermonatige, letztlich vergebliche Belagerung einer Stadt. Einer Stadt, zu der er viel Bezug hat. Acht Jahre lang hat Mautner Markhof, Jahrgang 1960, für Heineken als Vorstandsvorsitzender der Brauerei Starobrno in Brünn gewohnt. Ein Job, der einen eng mit einem Ort verbinde, „allein dadurch, dass man alle Lokale beliefert“.

Die Schwedenbelagerung sei dort das, „was die Türkenbelagerung für Wien ist“, erklärt er. Wobei: „Auch in Niederösterreich gibt es kaum einen Ort, der nicht von den Schweden überrannt worden ist.“ In Brünn jedenfalls seien die Leute „heute noch stolz, dass sie es geschafft haben, gegen die enorme Übermacht zu bestehen“.

Auch, dass er überhaupt zu schreiben begonnen hat, hat mit der zweitgrößten Stadt Tschechiens zu tun. Eigentlich hatte sich Mautner Markhof ein Sabbatical genehmigen wollen. Doch seine Frau wirkte an einer neuen Ausstellung über Gregor Mendel mit, der in Brünn tätig gewesen und dort gestorben war – was durchaus Stoff für ein Buch geliefert habe, einen Krimi. Von ihnen gibt es inzwischen drei.

Nun also auch ein historischer Roman. „Mein Anspruch war: Ich nehme alles auf, was ich an historischen Unterlagen finde.“ Und das war offenbar einiges. Mautner Markhof durchforstete die Archive, studierte mit Handschuhen einen noch vom Feldherrn de Souches selbst approbierten Bericht in der Nationalbibliothek, ebenso sämtliche Korrespondenzen, die zu jener Zeit die Stadt verließen – und fieberte dann selbst beim Schreiben mit. Dass er in seinem Roman unter all den Fakten auch eine Liebesgeschichte versteckt hat, verrät allein der Titel. „Kirschen zu Mitternacht“, lautet dieser.

Nächstes Buch ist in Arbeit

Begonnen hatte der direkte Nachfahre des Gründers der Unternehmerdynastie seine Karriere nach dem Studium an der WU („Das war halt gerade in“) bei einer Bank. Nach einem MBA in Frankreich ging er nach München zu einer Unternehmensberatung. „Hochspannend, aber meine Kinder habe ich nie gesehen.“ Über die Einladung der Brauunion zu einem Vorstellungsgespräch kam er zum einstigen Familiengeschäft, dem Bier: Ignaz Mautner war Mitte des 19. Jahrhunderts nach Wien gekommen und hatte die Brauerei Sankt Marx gekauft; 1978 fusionierten die Mautner Markhof'schen Brauereien mit der heutigen Brauunion. Von Familienunternehmen zu sprechen sei deshalb übertrieben: „Ein Teil gehörte zu dem, was die Familie einmal aufgebaut hat – und was jetzt alles weg ist.“

Nach Stationen als Brauunion-Chef in Linz und einer in Warschau lebt er nun seit gut zwei Jahren wieder in Wien. Wieder als Unternehmensberater – und als Autor: „Ich schreibe“, sagt er, „gerade wieder an etwas Geschichtlichem.“

ZUR PERSON

Viktor Mautner Markhof wurde 1960 in Wien geboren und ist ein direkter Nachfahre von Ignaz Mautner, der das inzwischen verkaufte Bier-, Senf- und Essigunternehmen begründet hat. Er studierte an der WU und in Fontainebleau, arbeitete als Unternehmensberater und Manager u.a. in München, Brünn und Warschau. Er hat vier Kinder und lebt seit gut zwei Jahren wieder in Wien.

„Kirschen zu Mitternacht“,Verlagshaus Hernals, 500 Seiten, 24,90 Euro.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 18.12.2013)

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