Erhebung: Wem die Österreicher vertrauen

Der Caritas wird einer Umfrage zufolge das meiste Vertrauen entgegengebracht, gefolgt von den Regierungen des jeweiligen Bundeslandes. Am wenigsten Vertrauen genießen EU-Institutionen.

„Das Vertrauen der Österreicher in Institutionen sinkt seit Jahren.“ Sandra Cerny, Marktforscherin bei Integral, fasst in Zahlen, was man schon lange vermutet. Dass nämlich das Vertrauen der Österreicher in Organisationen heute deutlich niedriger ist, als es noch vor einigen Jahren war. Zuletzt fragte das Institut Ende 2012 rund 500 Österreicher, was sie von Regierungen, Kirchen, aber auch von privaten Organisationen halten.

„Der gesamte Vertrauensbegriff der Gesellschaft unterliegt einem Wandel“, sagt Cerny. Schuld daran sei nicht zuletzt die Wirtschafts- und Finanzkrise. „Die Erfahrungen der letzten Jahre haben die Bevölkerung vorsichtiger und zurückhaltender gemacht.“ Steigende Unsicherheit am Arbeitsplatz und materielle Sorgen hätten bei den Menschen zwar ein ausgeprägtes Bedürfnis nach Halt und Orientierung kreiert. Anders als früher würden aber immer weniger Österreicher diesen Halt auch bei großen Institutionen suchen.

Aus der Sinus-Milieuforschung ihres Hauses sei bekannt, dass sich Menschen nach der Krisenerfahrung der vergangenen Jahre wieder stärker an ihrem direkten Umfeld orientieren. Freunde, Familie und persönliche Kontakte gewinnen gegenüber Institutionen an Bedeutung. „Triviale und persönliche Ziele“ werden wichtiger als große Utopien oder abstrakte Organisationen.


Vertrauensverlust der Kirche. Dieser Trend lässt sich auch aus den Ergebnissen der Befragung ablesen. Während etwa die eigene Landesregierung mit 47 Prozent Zustimmung auf dem guten zweiten Platz landet, vertrauen nur 28 Prozent der Bundesregierung, und nur ein Fünftel schenkt den noch ferneren EU-Institutionen Vertrauen.

Am schlimmsten traf der Vertrauensverlust die katholische Amtskirche. Während im Jahr 2006 noch die Hälfte der Bevölkerung eine gute Meinung von der Kirche hatte, lag der Wert Ende 2012 – wohl auch aufgrund der breiten Berichterstattung über Missbrauchsfälle – bei einem knappen Drittel. Aber auch die evangelische Kirche musste einen Vertrauensverlust erleiden – das Vertrauen sank von 31 Prozent im Jahr 2006 auf 24 Prozent.

Die ebenfalls kirchliche Caritas hingegen erreichte 63 Prozent Vertrauensbekundungen. Damit landete die Caritas an der Spitze der vertrauenswürdigsten Institutionen im Land. Wie sich der neue populäre Papst Franziskus auf das Vertrauen in die katholische Kirche und das Agieren der Caritas rund um die Asylwerber in der Votivkirche bzw. im Servitenkloster auswirkt, wird wohl erst die nächste Befragungswelle zeigen.

Das Ansehen großer Unternehmen hat übrigens trotz der Wirtschaftskrise nicht gelitten. Im Gegenteil: Seit 2008 stieg das Vertrauen in Konzerne von 22Prozent auf 38 Prozent und liegt damit bereits wieder über dem Niveau vor der Krise.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 26.01.2014)

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