Anna F: „Mit Ideen bin ich schüchtern“

INTERVIEW: MUSIKERIN ANNA F.
INTERVIEW: MUSIKERIN ANNA F.(c) APA/HERBERT NEUBAUER (HERBERT NEUBAUER)
  • Drucken

Die Steirerin Anna F. zeigt sich auf ihrem zweiten Album eindrucksvoll gereift. Es entstand in New York, L.A., London, Berlin und Madrid.

Vor vier Jahren war sie das Fräulein der Saison. Aus dem beschaulichen steirischen Ort Friedberg stammend, eroberte sie zunächst Wien und dann ganz Österreich. Ihre fragil-folkigen Lieder „Most Of All“ und „Time Stands Still“ rauschten durch sämtliche Kanäle, scheuten nicht einmal vor Bankwerbespots zurück. Hauptsache „independent“. Obwohl ihre Musik durchaus melancholische Elemente in sich trug, versprühte Anna F. bei ihren Auftritten eine Aura von erfrischender Mädchenhaftigkeit.

Die existiert immer noch, obwohl sich einiges in Anna F.s Leben geändert hat. Der Wohnort etwa. Seit September 2012 residiert sie am Prenzlauer Berg in Berlin, jenem Bobo-Paradies, in dem mehr Kinderwagen als Autos den Asphalt beleidigen. „Ich weiß, ich weiß“, schmunzelt Anna F., „die Gegend wird nicht ohne Grund ,Pregnancy Hill‘ genannt. Aber ich fühle mich wohl hier.“

Die sympathische Sängerin geht derzeit aber lieber mit Songideen schwanger. Mit „King In The Mirror“ legt sie eine Liedsammlung vor, die das Debüt qualitativ deutlich übertrifft. Anna F. reiste nach L.A., New York, London, Berlin und Madrid, um erstmals Lieder gemeinsam mit Kollegen zu schreiben. Ihre Motivation leuchtet ein: „Mit meinen eigenen Ideen bin ich sehr schüchtern, deshalb hab ich mich ewig nicht getraut, sie anderen vorzustellen. Jetzt wollte ich mich dieser Angst stellen.“

Als besonders nervenaufreibend erwies sich die Begegnung mit Rick Knowles in L.A., einem Mann, der als Ko-Autor von Hits wie Lana Del Reys „Summertime Sadness“ und Lykke Lis „I Follow Rivers“ die Kassen klingeln ließ. Dann war es ausgerechnet sein Effizienzdruck, der Anna F. die Lust verdarb. Nur ein einziger Song, das ein wenig nach Madonna klingende „Lost In Perfection“, schaffte es aufs Album. „In den USA geht es nur ums Geld, nicht ums Musikmachen. Das hat mich ein bisserl gestört. Es war eine interessante Erfahrung, aber ich muss das nicht wiederholen.“

Alte Meister wirken lassen

Wesentlich wohler fühlte sie sich beim Briten Ian Dench, der mit seiner einstigen Band EMF etwa den Klassiker „Unbelievable“ schuf. Mit ihm arbeitete sie in New York, London und Madrid. Vor allem die spanische Session behagte Anna F. Dort haben die beiden den Titelsong „King In The Mirror“ geschaffen. Dem voraus ging ein Besuch im Prado. „Die alten Meister auf uns wirken zu lassen war eine großartige Sache. Diego Velasquez' Gemälde „Las Meninas“ hat es uns besonders angetan. Das nur in der Reflexion eines Spiegels auftauchende Königspaar war Auslöser für einen Text, in dem es um Fremdbild/Selbstbild geht.“

Der Umstand, dass sie auch ihre Zweifel in Musik verwandeln kann, beweist neue Reife. „Ich bin ruhiger geworden, kann mehr von mir zeigen.“ Im Kern ist sie immer noch Romantikerin. Wenn sie etwa in der sehr erfolgreichen Single „DNA“ (schon 456.000 Clicks auf YouTube, eine Amadeus-Nominierung, ein superber Remix von Lih Thanh erobert gerade die Discos) von einer Form des modernen Egoismus singt, dann klingt da leise Anklage mit. Die Zeile „I just wanna fuck your friends, it's ok!“ sorgte für ein gewisses Aufsehen. Ist der Song autobiografisch? „Ich bin kein Engel, aber es geht hier nicht um mich, sondern um eine Person, die sich zu nichts und niemandem bekennen will.“

Auf Tour mit James Blunt

Gemeinsam mit ihrem Berliner Produzenten Philipp Steinke schuf sie einen Sound, der mit betörender Leichtigkeit dunkle Seiten des Menschseins ausleuchtet. Abseits ihres prolongierten Erfolgs im Musikbusiness – eine Tour mit James Blunt startet Anfang März – kämpft Anna F. um kleine Fenster in ihrem dicht beschriebenen Terminkalender. Ist etwas Zeit, dann lädt sie Musikerkollegen zum gemeinsamen Kochen von deftigen Fleischspeisen in ihre WG ein. Sie sehnt sich schon nach dem Frühling. Dann kann sie endlich wieder gegen andere Bands antreten. Nicht mit Gitarre und Schlagzeug, sondern mit dem Fußball.

ZUR PERSON

Anna F. (28) wurde in Friedberg in der Steiermark geboren. 2010 erschien ihr Debüt „For Real“. Ihr neues Album, „King In The Mirror“, wird am 1.März im Wiener Club Chaya Fuera vorgestellt. Der Song „DNA“ wurde bereits im Sommer als Single ausgekoppelt und nun für einen Amadeus als bester Song nominiert. In den kommenden Wochen tritt sie als Support von James Blunt u.a. in Amsterdam, Berlin, Hamburg, München und Zürich auf, außerdem am 19.März in Salzburg und am 20.März in Wien. Im April startet schließlich ihre eigene Clubtour.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 25.02.2014)

Lesen Sie mehr zu diesen Themen:


Dieser Browser wird nicht mehr unterstützt
Bitte wechseln Sie zu einem unterstützten Browser wie Chrome, Firefox, Safari oder Edge.