Mord im Schauspielhaus: „Verdammt viele gute Krimis“

Gerhard Loibelsberger
Gerhard Loibelsberger(c) Die Presse (Clemens Fabry)
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Krimiautor Gerhard Loibelsberger lädt zum „Mörda Frühling“. Er selbst will mit seinen Romanen vor allem ein Gefühl für Geschichte vermitteln.

Nun hat man ja eher nicht das Gefühl, dass Wien an einem grundsätzlichen Mangel an Krimifestivals leidet. Aber offenbar ist da noch Platz für mehr. Dieses Mehr trägt den Titel „A Mörda Frühling“ und versammelt am 26. und 27. April 30 Krimiautoren im Schauspielhaus Wien. „Die Idee“, sagt Gerhard Loibelsberger, „hatte ich vor drei Jahren. Da ist mir aufgefallen, dass Österreich kein rein österreichisches Krimifestival hat.“ Oft seien deutsche oder internationale Schreiber die Aushängeschilder. „Dabei gibt es in Österreich sehr, sehr viele Leute, die Krimis schreiben. Und darunter verdammt viele, die gute Krimis schreiben. Und die wenig Möglichkeit haben, sie in repräsentativem Rahmen vorzustellen.“

Vor zwei Jahren schon hat Loibelsberger zum ersten Mal zum Festival geladen. 2013 fiel es aus, „weil ich, ehrlich gesagt, zu spät angefangen habe, ein Theater zu suchen“, gesteht er bei einem doppeltem Espresso im Café Raimund, während unter dem Tisch sein schwarz-weiß gefleckter Spaniel Jesper, „der Hofnarr“, die Position wechselt. Warum er glaube, dass das Genre so boomt? Dazu, sagt Loibelsberger, zitiere er am besten den Krimifan Bert Brecht: „Der Grund ist wohl die Tatsache, dass der Mensch sich doch nach Gerechtigkeit sehnt.“

Untergang der Donaumonarchie

In Loibelsbergers eigener Reihe um den beleibten Wiener Inspektor Joseph Maria Nechyba ist vor Kurzem der vierte Teil erschienen. Am fünften schreibt er gerade, sechs sollen es werden: In Summe eine Beschreibung des Untergangs der Donaumonarchie. Sein Zugang zum Genre, wiewohl er selbst gern Krimis liest, ist ein pragmatischer: „Ich schreibe deshalb Krimis, weil man damit mehr Leser kriegt als nur mit historischen Romanen.“ Dabei versuche er nicht, die damalige Zeit schönzureden. „Sondern durch genaue Recherche die Lebensumstände der normalen Menschen zu beschreiben und ins Bewusstsein der Nachwelt zu bringen. Denn die Geschichte wiederholt sich.“

Ein Geschichtsfreak, sagt der 57-jährige Wiener, sei er immer gewesen. Begonnen zu recherchieren, sich durch die Archive zu graben und Nachkommen auszuforschen, hat der lang als Werbetexter Tätige im Auftrag der Familie Querfeld zum 125-Jahr-Jubiläum des Café Landtmann. Seither recherchiert er akribisch für seine Romane. Einen Text, in dem Kaiser Franz Joseph seine Soldaten in den Tageszeitungen zu den Waffen ruft, hat er in „Todeswalzer“ eingebaut. „Mit Begeisterung eilen die Wehrpflichtigen aller Meiner Völker zur Fahne und Flagge“, heißt es da. Darüber kann sich Loibelsberger leidenschaftlich echauffieren. „Sowas von verlogen! Diese Völker sind schon lang nicht mehr einig zueinander gestanden.“ In Summe hat Loibelsberger beachtliches historisches Wissen angesammelt. „Ich möchte der nächsten und übernächsten Generation vermitteln, was war.“

Manchmal gelingt es: Kürzlich, erzählt er, habe er in einer Berufsschule vor angehenden Kfz-Mechanikern gelesen. Ob Hitler auch den Ersten Weltkrieg ausgelöst habe, wurde er da gefragt. „Keine Ahnung von nichts“, konstatierte er. „Also habe ich ihnen die Ausgangslage geschildert – und sie sind total mitgegangen.“ Am Ende hätten die Jugendlichen drei Minuten lang applaudiert.

Neben seinem Engagement für die Krimis programmiert Loibelsberger auch „Literatur im Café Museum“, am 5. Mai hat er Susanne Scholl zu Gast. Im Sommer dann wird er eine Anthologie zur „Wiener Seele“ herausgeben. „Eine Bestandsaufnahme der Wiener Literatur zur jüngsten Jahrhundertwende.“

AUF EINEN BLICK

Gerhard Loibelsberger (57) ist Werbetexter und Autor und Teil der Rockband „Der Dritte Mann“ und des Jazzprojekts „Club Dada“.
„A Mörda Frühling“: Am 26. und 27. April findet in Zusammenarbeit mit Morawa im Wiener Schauspielhaus ein Krimifestival statt. Mit 30 Autoren aus ganz Österreich,
u. a. Eva Rossmann, Sigrid Neureiter, Clementine Skorpil, Manfred Baumann, Stefan Slupetzky. www.schauspielhaus.at

("Die Presse", Print-Ausgabe, 17.04.2014)

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