Helmut Groschup: Der ruhelose Filmnomade

Helmut Groschup, IFFI
Helmut Groschup, IFFI(c) simonrainer.com
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Aus Liebe zu guten Geschichten rief Helmut Groschup einst aus dem Nichts ein Filmfestival ins Leben. Und führte es von Innsbruck aus zu Weltruhm.

Das gepflegte Understatement zählt seit jeher zu den Tugenden des Helmut Groschup. Wer den 59-Jährigen kennt, weiß, er hält sich am liebsten im Hintergrund auf und stapelt grundsätzlich tief. Obwohl er mit dem Internationalen Film Festival Innsbruck (IFFI) unter großem persönlichen Einsatz ein Event geschaffen hat, das seit Jahren zu den Höhepunkten des Innsbrucker Kultursommers zählt und einen wesentlichen Beitrag zum weltweiten Filmrenommee Österreichs leistet, bezeichnet er die Festspiele immer noch als „regionales Ereignis mit etwas überregionaler Bedeutung“.

Als er 2006 für seine Verdienste um das Filmland Tirol mit dem Cine Tirol-Award ausgezeichnet wurde, reagierte er fast verlegen: „Das ist zu viel für mich – ich bin doch nur ein kleiner Vater meiner Tochter“, sagte er und widmete den Preis seinem IFFI-Team. In seiner Laudatio bezeichnete ihn Cine-Tirol-Leiter Johannes Köck als einen „ruhelosen Filmnomaden, der zwischen den Festivals von Havanna, Trivandrum und Ouagadougou pendelt, jedoch auf seinen filmischen Reisen immer an ,sein Filmfestival‘ in Innsbruck erinnert und Regisseure, Kameramänner sowie Schauspieler aus aller Welt nach Tirol einlädt“.

Mit 50.000 Schilling begonnen

Insbesondere Filmen aus Afrika, Asien und Lateinamerika eine Plattform zu bieten, war schon beim ersten Festival 1992 Groschups wichtigstes Anliegen. „Wir begannen damals mit 50.000 Schilling“, blickt er zurück. „Der Cinematograph (kleines Programmkino in Innsbruck, Anm.) war eine Woche lang überfüllt. Die Partys feierten wir in unseren Wohnungen. Keiner verdiente etwas, aber alle zogen am selben Strang. Das IFFI war geboren.“

In den Jahren danach wurde das Festival Schritt für Schritt professionalisiert, hieß zunächst „America Film Festival“, „Orient Film Festival“, „Africa Film Festival“, später „Cinevision“ und seit 1999 schließlich „Internationales Film Festival Innsbruck“ – seit das Leokino in der Anichstraße eröffnet wurde und das IFFI zwei neue Säle bekam.

Der damalige Kulturlandesrat Fritz Astl stiftete den Filmpreis des Landes Tirol, der bis heute verliehen wird. Seit 2009 wird zudem jährlich ein Ehrenpreis vergeben, den im ersten Jahr Schauspielerin Gabi Geist (bekannt aus zahlreichen Filmen von Regisseur Herbert Achternbusch) bekam.

Im Mittelpunkt des diesjährigen IFFI (vom 27. Mai bis zum 1. Juni) stehen Filme aus verschiedenen Regionen Indiens. Einen weiteren Schwerpunkt bildet eine Hommage an die türkische Regisseurin Ye?im Ustaoğlu. Österreich ist mit zwei Filmen vertreten – „Kleine Perestrojka“ von Bernd Pötscher und „Roque Dalton“ von Tina Leisch.

„Bis heute leidet das IFFI an chronischer Geldnot und musste so manche Krisen überstehen“, erzählt Groschup. „Aber das enorme Publikumsinteresse motiviert mich und mein Team jedes Jahr aufs Neue, weiterzumachen.“ Sein Team – eine kleine Gruppe aus zumeist jungen Cineasten – rekrutiert er zum größten Teil aus der Universität Innsbruck, wo er am Institut der Vergleichenden Literaturwissenschaft einen Lehrauftrag hat. Auch die heutige stellvertretende Leiterin des Festivals, Evelin Stark, besuchte 2004 seine Lehrveranstaltung und gehört seither zur IFFI-Mannschaft.

Sein Studium der Komparatistik, Germanistik und Romanistik absolvierte Groschup nach der Matura in Innsbruck, Berlin und Florenz. Im Anschluss arbeitete er als Fotograf, Filmverleiher und Journalist bei der „Tiroler Tageszeitung“ sowie den „Salzburger Nachrichten“ – bis heute ist er Kolumnist bei den „Dolomiten“ in Südtirol. Zudem war er Mitglied zahlreicher Jurys internationaler Filmfestivals und kuratierte Retrospektiven und Filmreihen auf vier Kontinenten. Das IFFI versteht er als „politisches Festival, das Vorurteile abzubauen versucht“. Und sich selbst als Filmreisenden, der Innsbruck zu einer Begegnungsstätte für Filmemacher und Kinoliebhaber aus der ganzen Welt machen will.

Auf einen Blick

Am Dienstag beginnt das 23. Internationale Film Festival Innsbruck (IFFI). Im Mittelpunkt der sechstägigen Festspiele stehen Filme aus verschiedenen Regionen und Epochen Indiens. Einen weiteren Schwerpunkt bildet eine Hommage an die türkische Regisseurin Yeşim Ustaoğlu.
Österreich ist mit zwei Filmen vertreten – „Kleine Perestrojka“ von Bernd Pötscher und „Roque Dalton“ von Tina Leisch. Das IFFI wurde 1992 von Helmut Groschup gegründet, der es bis heute leitet. Nähere Informationen zum Programm unter www.iffi.at

("Die Presse", Print-Ausgabe, 27.05.2014)

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