Sekt und Konfekt bei der Oper

Karl-Hans und Karin Polzhofer im Flagshipstore der Neuen Wiener Werkstätte.
Karl-Hans und Karin Polzhofer im Flagshipstore der Neuen Wiener Werkstätte. (c) Stanislav Jenis
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Gerstner und Schlumberger planen im Palais Todesco einen Mix aus Bar und Shop. Am Schottenring eröffnet die Neue Wiener Werkstätte.

Wo kann man in Wien nach einem Einkaufsbummel oder einem stressigen Arbeitstag entspannen? An einem Ort, der Wohnzimmer-Atmosphäre hat, aber trotzdem nicht das eigene Zuhause ist. Und schick – wir befinden uns in der Innenstadt – soll es natürlich auch sein. Diese Frage stellten sich Gerstner-Chef Oliver W. Braun und sein Pendant aus dem Hause Schlumberger, Eduard Kranebitter. Fündig wurden beide nicht, also haben sie sich entschlossen, etwas Eigenes, Gemeinsames auf die Beine zu stellen. An prominenter Adresse, im Palais Todesco in der Kärntner Straße, soll im Oktober ein Shop inklusive Bar eröffnen.

Ganz uneigennützig ist das Vorhaben nicht. „Wir wollen seit zwei Jahren Schlumberger in die Innenstadt bringen“, sagt Kranebitter. Die Kooperation mit Gerstner habe sich zufällig ergeben, man ergänze sich aber perfekt. „Die Idee dahinter ist, dass sich zwei Traditionsunternehmen dazu bekennen, eine Vision für die Zukunft zu haben. Es soll ein Gegenstück zu dem allgemeinen Uniformismus sein“, sagt Braun.

Und dieses Gegenstück soll sich an alle, also Touristen und Wiener, richten. Dort, wo sich bis vor Kurzem noch eine Filiale der Raiffeisenbank befand, soll ein Shop für beide Marken eingerichtet werden. „Inklusive Manufaktur, in der auch personalisierte Torten oder personalisierter Sekt angeboten wird“, erklärt Braun. Eine vom Architekturbüro Hoppe aufwendig gestaltete Prunkstiege führt dann in den ersten Stock, wo der gemütliche Teil beginnt. Eine Bar mit Wohnzimmer-Atmosphäre inklusive Logen in den Fenstern mit Blick auf die Oper. Auch Sekt-Verkostungen mit Sommelier-Begleitung sollen dort geboten werden. Verkauft wird auch hier – hochwertige Tischaccessoires nämlich, wie einen Sektverschluss aus Silber. „Das ist der Entschleunigungsbereich zum Genießen, wo man auch das eine oder andere Produkt findet, das man für zuhause oder als Geschenk mitnehmen kann“, sagt Braun.

Eine Kooperation von Traditionsunternehmen findet sich künftig auch am Schottenring, gegenüber des Ringturms. Hier eröffnete, im ehemaligen Lokal einer Versicherung, schon gestern Abend der Flagshipstore der Neuen Wiener Werkstätte. Der nicht nur die eigenen, von verschiedenen Designern entworfenen Möbel und Sofas zeigt, sondern auch Produkte befreundeter Manufakturen wie etwa Augarten und Lobmeyr, oder Wiener Parkett. „Die Idee ist, vom Boden über die Beleuchtung bis zu den Accessoires, Gesamtkonzepte zu liefern“, sagt Karin Polzhofer, so wie es bei der Wiener Werkstätte üblich gewesen sei.

So soll das gemeinsame Portal von Gersnter und Schlumberger aussehen.
So soll das gemeinsame Portal von Gersnter und Schlumberger aussehen.Hoppe Architekten

Die ganze Produktpalette am Ring

Gemeinsam mit ihren Brüdern Stefan und Karl-Hans führt sie in vierter Generation das Unternehmen aus dem steirischen Pöllau und die zwei zugehörigen Marken: Holztüren und -fenster unter dem Namen Kapo (die Initialen von Gründer und Urgroßvater Karl Polzhofer) und die Möbelschiene Neue Wiener Werkstätte: 1986 hatte Kapo das Wiener Polstermöbelunternehmen Jodlbauer übernommen und mit ihm die Marke Wiener Werkstätte. Für Letztere gab es bisher schon im 18. Bezirk einen Schauraum; in den neuen Räumlichkeiten am Ring will man nun die ganze Produktpalette zeigen.

„Wobei wir bewusst nicht die Entwürfe von damals kopieren“, sagt Karin Polzhofer. „Aber wir versuchen, die Philosophie fortzuführen“, die Verbindung von Design und Handwerk, wie sie einst auch die Wiener Werkstätte gepflegt habe. „Sehr geradlinig, mit einer hohen Beständigkeit“, beschreibt Polzhofer den Stil. Sofa Castell vorn im Schauraum ist seit 40 Jahren Teil der Kollektion. Gleichzeitig läuft gerade zum zweiten Mal die Initiative „NWW Design Award“, bis 1. August können neue Ideen eingereicht werden. Vorsitzender der Jury ist Künstler Erwin Wurm, der gestern Abend auch auf der Gästeliste der Eröffnung stand.

Das Konzept für den Store stammt vom aktuell sehr innenstadtprägenden Architekturbüro BEHF, das das zugrundeliegende Handwerk sichtbar in den Mittelpunkt gerückt hat: in Form einer gelben Wand, die sich durch den Schauraum zieht, und die sich aus den Möbelprogrammen und Fenstern zusammensetzt. Inklusive einer Holzfassade und elektrischen Hebefenstern, wie sie an einem Gebäude in Istanbul zu finden sind, wo sich die Neue Wiener Werkstätte großer Beliebtheit erfreut. Und nicht nur dort – das Hotel Adlon in Berlin (man hat auch Büro- und Hotelausstattung im Programm) wurde von den Pöllauern ebenso ausgestattet wie das Züricher Dolder Grand. Elton John besitzt Polstermöbel, und auch Wladimir Putin, gestern selbst in der Stadt, ist Kunde – von Kapo Sicherheitsfenstern.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 25.06.2014)

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