„Emotionaler Effekt“: Altmann soll den Oscar bringen

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„Emotionaler Effekt“: Altmann soll den Oscar bringenEPA
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In Wien enden die Dreharbeiten zu „Woman in Gold“, die Wiener Partner sind beglückt. 2016 wollen die Weinstein-Brüder damit ins Oscar-Rennen gehen.

Die Nazis sind noch da: Hinterm Rathaus warteten sie am Donnerstag mit Uniform und Hakenkreuz auf ihr Kommando. Auch die 20 Trailer standen noch im Base Camp auf dem Friedrich-Schmidt-Platz: Hunderte Schauspieler wurden in den letzten drei Wochen hier drehfertig gemacht. Gefilmt wurde gestern im Palais Auersperg, das die Innenräume des Palais der Familie Bloch-Bauer in der Elisabethstraße doubelt - wo im Wohnzimmer einst die „Goldene Adele" hing.
Offiziell war Donnerstag der letzte Tag für den Wien-Dreh von „Woman in Gold". Freitag und Samstag steigen die Hollywood-Stars wieder ins Flugzeug, um in Los Angeles weiterzumachen: Oscar-Preisträgerin Helen Mirren, die Maria Altmann spielt, die um die Restitution der Klimt-Gemälde ihrer Familie kämpft. Ryan Reynolds, der Altmanns US-Anwalt Randol Schoenberg gibt, den Enkel des Komponisten (auch der echte Randy Schoenberg war bei den Dreharbeiten dabei). Dazu Max Irons, Tom Schilling, Tatiana Maslany (als junge Altmann) und Daniel Brühl als Anwalt der österreichischen Regierung - als „All-Star-Cast" bezeichneten Branchenblätter die Besetzung.

Nur Katie Holmes wurde nicht in Wien gebraucht. Eine kolportierte Fehlinformation - wie auch, dass es sich um einen Fernsehfilm handle. Zwar ist die BBC Mitproduzent, tatsächlich regiert hier aber die Weinstein Company - die nach „My Week With Marilyn" hier wieder mit BBC und Regisseur Simon Curtis kooperiert - und groß denkt. Tausend heimische Statisten hat man engagiert, zwischenzeitlich das Wiener Rathaus für den Aufmarsch der Nazis beflaggt - wohl flankiert von Kommunikationsmaßnahmen, auf dass man hier nichts falsch verstehe.
20 Drehtage in Wien
Dabei waren, als die Filmleute im Jänner Wien besichtigten, eigentlich nur drei, vier Drehtage geplant gewesen (bei Cronenbergs Freud-Film „Dangerous Method" waren es vier), berichtet Marijana Stoisits von der Vienna Film Commission. Geworden sind es 20, immer mehr Szenen wurden nach Österreich verlegt. Und kleinere Drehs wie Panorama-Aufnahmen stehen noch an: „Wir sind noch bis Ende Juli beschäftigt", sagt Michael Czermin von der heimischen Produktionsfirma 2nd District, die als „lokaler Partner für alles" am Projekt beteiligt war. „Wie ein Ko-Produzent, nur dass wir auf die Entwicklung des Stoffes keinen Einfluss hatten."

Ob man etwas anders gemacht hätte? Czermin: „Jede Menge." „Woman in Gold" werde ein klassisch-erzählerisches „Hollywood-Oscar-Drama mit Herz-Schmerz", für das es in Europa keine Tradition gebe. „Bei solchen Thematiken würde sich bei uns keiner trauen, das in eine schwülstige, melodramatische Richtung zu treiben. Bei uns wird das Intellektuelle vor die emotionale Gefangennahme des Betrachters gestellt, auf dem frei finanzierten amerikanischen Markt ist das anders." Nachsatz: „Und was die Zuschauerzahlen angeht, haben sie meistens recht."

Dass man nicht schon beim Dreh von Zuschauertrauben belagert war, wusste man in Wien indes zu schätzen - umgekehrt blieben auch gröbere geheimniskrämerische Maßnahmen aus. Insgesamt 15 Drehorte, vom Belvedere über St. Ulrichs-, Juden- und Rooseveltplatz bis zum Semperdepot, wurden von 2nd District vorbereitet, Autos, Kostüme und Ausstattung beschafft, aus den Dreißiger- wie aus den Neunzigerjahren. Man organisierte Logistik und Verträge mit Schauspielern und Crews, Details von Hotels bis zum Wäschedienst. Es sei „eine schöne Erfahrung gewesen, internationale Standards mitzutragen und mit unseren zu mischen", sagt Czermin. Genau das sei ja auch die Intention des Förderprogramms FISA, das neuerdings ausländischen Produktionen bis zu 25 Prozent der Kosten für Serviceleistungen ersetzt. Von Etappe zu Etappe hätten sich die Gäste mehr auf die heimischen Crews verlassen. „Ganz pragmatisch spart es ja auch Geld."

Am Ende verfassten gleich mehrere Produzenten schriftlich eine wahre Lobeshymne. „Unglaublich positiv" lautet das Fazit, man freue sich schon darauf, wieder hier zu drehen: „Wien verdient es, bevorzugtes Zentrum für internationale Produktionen zu sein." Da hat es offenbar auch nichts ausgemacht, dass wegen des Wetters immer wieder umdisponiert werden musste.

Ins Kino kommen soll der Film 2015, auf dass er für den Oscar 2016 ins Rennen gehen kann. Ganz nach Vorbild von „The King's Speech", mit dem die Weinsteins 2011 vier Preise holten. „In Stimmung und Herangehensweise sind die beiden Filme vergleichbar", sagt Czermin. Fürs Erste hat Helen Mirren, die durchgehend in Wien geblieben ist, zumindest eine andere Statute im Gepäck: Sie bekam von Bürgermeister Häupl einen Rathausmann.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 11.07.2014)

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