Ein Österreicher in New York: Schnitzel für das Village

Kurt Gutenbrunner
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Kulinarik. Kurt Gutenbrunner hat sich gegen die Konkurrenz durchgesetzt und sich auch in der Finanzkrise gut geschlagen – mit bodenständiger Sternenküche.

Zwei Exfrauen, vier Kinder – that's it. Kurt Gutenbrunner ist kein Mann der langen Einleitung, wenn man ihn zu seinem Leben fragt. Da spricht er lieber über sein „Village“, das sich so super entwickelt hat, in dem der Niederösterreicher eine Gastro-Institution geworden ist. Schicke Stadthäuser, Lofts, rote Ziegel, viele Blumen. Und dazwischen das Wallsè, die Blaue Gans, die Upholstery Winebar und das Cafe Kristall. Nur das Cafe Sabarsky in der Neuen Galerie liegt im Norden beim Central Park.

„Für eine Zwei-Zimmer-Wohnung müssen Sie hier schon drei Millionen Dollar hinlegen“, sagt der Star-Koch, zu dessen Stammgästen Stars aus der Film-, Mode- und Musikszene zählen, nicht ohne einen gewissen Stolz. Denn die Preise sagen etwas über die kometenhafte Entwicklung der Stadtviertel Tribeca und Meatpacking aus, wo Gutenbrunners Betriebe angesiedelt sind. Dementsprechend groß ist die Konkurrenz. „In New York gibt's 20.000 Lokale, davon haben 40 bis 50 einen Stern“, erzählt Gutenbrunner.

Er hat das richtige Rezept gefunden: österreichische Küche auf höchstem Niveau und mit viel Esprit. „Ich hab' großen Respekt vor den Klassikern“, sagt der aus Wallsee an der Donau (daher der Name Wallsé) stammende Chef, während er bei einem Glas österreichischen Weins über sein Metier philosophiert. Gulasch, Rehschlögel, Rindfleisch und natürlich Schnitzel – das gibt es chez Kurt. Aber auch einen Kabeljau auf Eierschwammerln an roter Olivensauce. Und frische Jakobsmuscheln auf Pfirsichen.

Gemüse vom Biomarkt

„Wenn es frischen Fisch gibt, braucht's nicht viel dazu, wie überhaupt, wenn die Zutaten super sind“, umreißt er sein Credo. Gemüse und Obst stammen vom Biomarkt ums Eck. Schaumküche? Never ever. „Drei Sachen am Teller reichen.“ Wieder so ein gerader Satz – wie der über das Privatleben. Aber da blitzt dann doch noch was durch. „Ich bin verliebt“, gesteht Gutenbrunner auf die Frage, warum er auf ein paar Tage nach Österreich geflogen ist. Heimweh ist es nicht. Obwohl: „Ich habe Marillenmarmelade eingekocht.“ Wenn er das sagt, dann riecht und schmeckt man sie förmlich.

Wetten, dass er die Marmelade auch den New Yorkern kredenzt, zumindest in den Palatschinken im Cafe Sabarsky. Dort stellen sich nicht nur Touristen und wehmutgeplagte Expats um Melange und Apfelstrudel an. Die New Yorker reißen sich um Austrian Food, wie die hymnischen Kritiken in der „New York Times“ beweisen. Liest er überhaupt Kritiken? „Manchmal schon.“ Vor allem gute, denn sie sind die beste PR. „Das Wichtigste ist, das ich glücklich bin, dann sind auch meine Gäste glücklich.“

Die meisten stünden zudem über der Finanz- und Wirtschaftskrise. „Wir haben 2007/08 schon einen Rückgang gehabt, aber New York ist nicht die USA.“ 9/11 sei da anders gewesen, da sei es um menschliche Schicksale gegangen. „Wir konnten alle Mitarbeiter behalten.“ Unter den 150 Mitarbeitern sind etliche Österreicher, vor allem an Schlüsselstellen. „Unsere duale Ausbildung ist exzellent, das fehlt hier.“ Er selbst hat – wie könnte es anders sein – die Hotelfachschule absolviert.

Gutenbrunner, der seit zwei Jahren auch amerikanischer Staatsbürger ist (und Österreicher bleibt) kam nach Jahren bei Werner Matt und Heinz Winkler (Tantris, München) 1988 als 26-Jähriger nach New York. Er kochte im Restaurant Windows on the World im World Trade Center, dessen einen Turm er 2001 von seiner damaligen Wohnung aus einstürzen sah. 1999 fand in dem damals abgelegenen Westvillage ein Tapezierergeschäft. Mit Hilfe des österreichischen Architekten Constantin Wickenburg wurde daraus das Wallsé.

Ein Blick ins Innere zeigt, was Gutenbrunner außer gutem Essen bewegt: Die Jugendstil-Einrichtung (Thonet und Hoffmann dominieren) wird von moderner Kunst begleitet. Ein Künstler sticht heraus: Julian Schnabels Porträt von Gutenbrunner hängt neben etlichen Albert Oehlens. Schnabel zähle ja auch zu den Stammgästen. Und was versteht Gutenbrunner selbst unter Kunst? „Kochen ist Kunst.“

ZUR PERSON

Kurt Gutenbrunner stammt aus Wallsee an der Donau. Nach der Hotelfachschule arbeitete er unter anderem im Schlosshotel Dürnstein, bei Werner Matt (Hilton) und Heinz Winkler (Tantris München). Sein erster Job in New York war im Windows on the World. Ein paar Monate vor den 9/11-Terrorattacken eröffnete er im Westvillage sein erstes Restaurant, das er nach seinem Heimatort Wallsé nannte. Es folgte das Cafe Sabarsky in Ronald Lauders Neuer Galerie. Inzwischen besteht die Gruppe aus fünf Lokalen und hat 150 Mitarbeiter.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 29.07.2014)

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