Glückssuche auf vier Kontinenten

Hectors Reise oder die Suche nach dem Glück
Hectors Reise oder die Suche nach dem Glück(c) Filmladen
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Peter Chelsom adaptierte François Lelords Roman „Hectors Reise oder die Suche nach dem Glück“ – ein inspirierendes Kinoerlebnis.

Ein gelber Doppeldecker schwebt in den Wolken. Glücklich lächelt der Pilot, entspannt blinzelt sein Hund in den Himmel. Ein Looping ist die Krönung des Moments, lässt den Piloten aber allein im Cockpit zurück. Während er unter Tränen sein Schicksal beklagt, taucht auf dem Rücksitz plötzlich ein angriffslustiger Bösewicht auf...

Ja, das Glück ist ein Vogerl, und ein Unglück kommt selten allein. Trotzdem ist der Versuch, das Glück zu erkennen und zu halten, ein Menschheitsthema. Der französische Psychiater François Lelord hat sich der Frage in seinem 2002 erschienenen Roman „Le voyage d'Hector ou la recherche du bonheur“ gewidmet. Verfilmt vom britischen Regisseur Peter Chelsom kommt „Hectors Reise oder die Suche nach dem Glück“ nun ins Kino.

Bloß keine Vergleiche ziehen!

Abgesehen von Albträumen mit Hundetod und Würger hätte der Londoner Psychiater Hector eigentlich allen Grund, glücklich zu sein: Seine Praxis läuft gut und seine Freundin Clara umsorgt ihn liebevoll. Dass die Abläufe in seinem Leben vielleicht etwas zu geregelt sind und er immer noch seiner Uni-Flamme Agnes nachhängt, nimmt Hector nur am Rande wahr. Allerdings quält es ihn, dass er seine Patienten nicht glücklich machen kann. So sehr er sich auch bemüht – sie halten sich für hoffnungslose Fälle. Eine Recherchereise soll seine Krise beenden. Er lässt Clara allein zurück und steigt in ein Flugzeug nach China. Nachdem sein Sitznachbar ihm mit den Worten „Der ist teurer als Ihr Auto“ einen Füller geliehen hat, notiert er schließlich seine erste Erkenntnis: „Vergleiche können dein Glück ruinieren.“

Diesem Prinzip bleibt die erste Hälfte des Films treu: Auf seinem Weg durch Asien und Afrika lernt Hector die unterschiedlichsten Menschen kennen, erlebt Höhen und Tiefen, Gefahren und Überraschungen. Alle, denen er begegnet, fragt er nach ihren Vorstellungen vom Glück, und notiert, was er durch eigene Erfahrung gelernt hat. So entstehen 15 Lektionen, die sich in großen weißen Lettern auf die Kinoleinwand schreiben.

In diesem Punkt hält „Hectors Reise“ sich eng an die Vorlage, wandelt die Handlung des Romans an anderen Stellen aber deutlich ab. Äußerst geglückt ist die Besetzung: Simon Pegg (bekannt aus wilden Komödien wie „Hot Fuzz“ und „Shaun of the Dead“ und der Scotty der neuen „Star Trek“-Filme) glänzt in der Hauptrolle, an seiner Seite spielen Rosamund Pike (Clara), Toni Collette (Agnes), Stellan Skarsgård, Veronika Ferres und Jean Reno.

In der zweiten Hälfte der Geschichte kommt es zu einer Wende. Auf schmerzhafte Weise muss Hector sich eingestehen, dass er nicht nur im Namen seiner Klienten unterwegs ist, sondern sein eigenes Glück sucht. Er kauft ein First-Class-Ticket und reist zu Agnes nach Los Angeles.

Der Film wandelt sich an diesem Punkt: Die raschen Sprünge zwischen den Erlebnissen bremsen sich zugunsten einer authentischeren Spielfilmhandlung ein. Das Beispielhafte gleitet über in eine tiefer gehende emotionale Begleitung der Protagonisten.

Humor, Abenteuer und Gefühl

Ganz reißt die allgemeine Erforschung des Glücks, die „Hectors Reise“ unternimmt, aber nicht ab. Ein Professor, der Glücks- und Hirnforschung verbindet, wird zum Träger der Theorie, während Hector sich seinen eigenen Gefühlen stellt, um dem Vogerl ein Nest zu bauen. Dass dabei die Kindheit eine wichtige Rolle spielt, zeigt der Film nur auf der Bildebene – eine poetische Lösung.

Am Ende sind es weder die konkreten Lektionen, noch das Schicksal der Protagonisten, die das Besondere dieses Films ausmachen. Vielmehr ist es seine Wirkung: Zwischen Humor, Abenteuer und der Achterbahnfahrt der Gefühle lädt „Hectors Reise“ mit seinem reichen Angebot an Konzepten und Erkenntnissen sanft dazu ein, Innenschau zu halten und sich für das eigene Glück zu öffnen. Inspiriert verlässt man den Kinosaal – und sieht den Himmel voller Vögelchen, die zur Landung ansetzen.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 21.08.2014)

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