Vom Wunsch nach Nachbarschaft: Departure feiert und fördert

NEUE LEITERIN DER KREATIVAGENTUR ´DEPARTURE´: NOEVER-GINTH�R
NEUE LEITERIN DER KREATIVAGENTUR ´DEPARTURE´: NOEVER-GINTH�RAPA
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Die Wiener Kreativagentur Departure feiert zehn Jahre. Die neue Chefin Elisabeth Noever-Ginthör über das Fest und das neue Streben nach Gemeinschaft.

Womit feiert man das erste große Jubiläum? Auf jeden Fall: mit einer Party. Die ging gestern Abend in der Säulenhalle des Volksgartens über die Bühne, naturgemäß mit vielen Kreativen, die den zehnten Geburtstag von Departure begingen. Da spielt es auch keine Rolle, dass die einstige Wiener Wirtschaftsagentur-Tochter vor einigen Monaten als Abteilung in selbige eingegliedert wurde: Die Marke gibt es noch, und, wie versichert wird, das Förderbudget auch.

Gefeiert wird aber auch mit Ideen. „City Hype“ hieß der Wettbewerb: „Wir wollen uns im Jubiläumsjahr mit unserer Stadt auseinandersetzen“, sagt Elisabeth Noever-Ginthör, seit Mai neue Chefin von Departure. 162 Ideen trafen ein, von öffentlichen „Street Pianos“ bis zu hängenden Kräutergärten. Die Sieger wurden gestern Abend prämiert: Platz eins ging an Paradocks, ein junges Team vom Anwalt bis zum Künstler, das im Packhaus ein Bürogebäude in der Marxergasse interdisziplinär zwischennutzt. Platz zwei gewann mit „New Factories“ die Idee, in jedem Grätzel gemeinsame Produktionsstätten einzurichten; Platz drei ging an die in Wien bereits bekannte „Vollpension“, in der Junge und Pensionisten ein Café betreiben. Bisher temporär, soll die „Vollpension“ nun immer offen sein.

Ausgezeichnet wurden auch die Idee eines „Parkpickerls“, das Wienern die Möglichkeit geben will, Raum nicht nur für das Abstellen eines Autos in Beschlag zu nehmen; Touristenführungen mit echten Locals und die „Idea Machine Wien“, die öffentlich Ideen entgegennehmen soll. „Für mich die zentrale Erkenntnis: Es gibt wieder Lust, an der Stadt mitzuarbeiten“, sagt Noever-Ginthör. „Und es gibt einen Wunsch, wieder Communities zu bilden, Nachbarschaft zu leben, Straßen zu leben.“

„Das Glück der Stadt“

Was genau das kreative Wien ausmacht, dem gehen Autoren auch im zweiten Jubiläumsprojekt nach, das gestern präsentiert wurde: „Something Special“ heißt das Buch. Noever-Ginthör gefällt vor allem der Essaytitel „Das Glück der Stadt“: „Das trifft es gut. Glück ist nicht fassbar, nicht bewertbar, genau wie Kreativität – aber es ist ganz zentral für das Stadtleben.“ Selbstverständlicher Teil des Stadtlebens ist heute auch Departure. „Dabei ist es einfach unglaublich“, sagt Noever-Ginthör, „was es vor zehn Jahren alles nicht gegeben hat, was heute den Jahreskalender ganz selbstverständlich füllt“ – von der (geförderten) Design Week bis zum eigenen Galerienfestival „Curated by“. Künftig will man sich verstärkt auf die Vernetzung mit der klassischen Wirtschaft konzentrieren. Ende Oktober starten die ersten Pilot-Workshops, bei denen Unternehmen Designer besuchen.

Einen Großteil der Departure-Geschichte hat Noever-Ginthör selbst miterlebt: Sie arbeitet seit 2006 für die Agentur. Dabei wollte die Salzburger Juristin eigentlich Strafrichterin werden. Allein, angesichts ihres Faibles für Mediation und Diversion legte man ihr nahe, die Wahl zu überdenken. Sie interessiere sich immer noch sehr dafür, versichert die 39-Jährige. Doch schon während des Studiums hatte sie bei den Salzburger Festspielen auch ihre Begeisterung für das Kulturmanagement entdeckt. Während des Gerichtsjahrs kam sie über eine Markenanmeldung für das MAK „in die Szene“, später bei Departure fielen Kunstmarkt, Design, Architektur und Mode in ihren Bereich. Wobei die Mode jenes Thema sei, mit dem sie zuvor am wenigsten in Berührung gekommen sei. Nun ist sie für alles zuständig – und spricht von einem „Traumjob“: „Man hat jeden Tag mit interessanten Leuten und ihren interessanten Projekten in einer interessanten Stadt zu tun. Es gibt nicht viele Berufe, die das bieten.“

ZUR PERSON

Elisabeth Noever-Ginthör (39) ist Juristin und arbeitet nach Stationen bei MAK und RTR seit 2006 für Departure, seit Mai 2014 an der Spitze. Sie ist mit Ex-MAK-Direktor Peter Noever verheiratet und hat eine Tochter. Gefeiert wurde das Departure-Jubiläum gestern im Volksgarten, ab 30.September zeigt eine interaktive Ausstellung im MAK-Forum 50 ausgewählte Projekte.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 17.09.2014)

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