Jos Pirkner: Der Architekt der roten Bullen

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Bildhauer und Architekt Jos Pirkner hat für Red Bull in Fuschl ein Gesamtkunstwerk realisiert. Nach 12 Jahren Arbeit wurde es jetzt eröffnet.

Er ist 86 und so voller Energie, dass selbst 20-Jährige vor Neid erblassen könnten: Jos Pirkner. Der aus Osttirol stammende Bildhauer und Architekt hat gerade so etwas wie ein Lebenswerk fertiggestellt. In Fuschl am See trägt die Firmenzentrale von Red Bull seine künstlerische Handschrift. Sein bisher größtes und wohl auch teuerstes Werk: eine Welt aus Glas, Basalt, Granit, Metall und Bronze. Ein von Menschenhand geschaffenes Universum, das sich in die Salzkammergut-Landschaft einfügt.

Vor vielen Jahren haben sich Dietrich Mateschitz und der Osttiroler Bildhauer kennengelernt. Der Red-Bull-Boss und der international gefragte Künstler verstanden sich sofort, es entwickelte sich eine Freundschaft zwischen den beiden Männern. Als Ende der 1990er-Jahre in Fuschl mit dem Bau der Firmenzentrale des Energydrink-Anbieters begonnen wurde, fand Mateschitz die Entwürfe zu banal.

Er ließ den Bau stoppen und holte seinen Freund Pirkner: „Lass dir was einfallen“, lautete der Auftrag. Der ließ sich nicht lang bitten. Auf dem Fußboden zeichnete er mit Kreide eine erste Skizze des künftigen Ensembles: eine Vulkanlandschaft, aus deren Mitte eine Herde wilder Stiere stürmt. „Die Bullen strömen wie Lava voller Energie in die Welt hinaus“, beschreibt Pirkner die Grundidee seines Gesamtkunstwerks. „Es ist ein Werk, in dem sich Architektur, Kunst und Natur vereinen“, erzählt der Bildhauer. Jede noch so kleine Idee für die Red-Bull-Welt in Fuschl stammt von ihm.

Freitagabend wurde die Unternehmenszentrale nach zwölf Jahren Arbeit von der Konzeption bis zur Fertigstellung mit einem großen Fest für Jos Pirkner eröffnet. Beim Rundgang durch das Areal ist der Künstler sichtlich zufrieden. Zwei Bürogebäude in Form von Vulkanen bilden das Zentrum. Sie liegen in einem künstlichen See, nach Norden stürmt die Herde aus Bronze aus dem Gebäude. Es ist die größte Bronzeskulptur Europas: 14 Stiere im vollen Lauf. Aus 40 Tonnen Lehm hat Pirkner diese 24 Meter lange Skulptur von Hand geformt. Sechs Jahre hat er dazu gebraucht. „Es ist geschafft“ hat der Künstler am letzten Stier im Jahr 2012 eingraviert. Auf der Seite durfte sich auch der Auftraggeber verewigen. An der Flanke sieht man die Unterschrift von Mateschitz. So klein, dass man sie leicht übersehen könnte. Pirkner wollte in Fuschl aber nicht nur einen Ort der Kraft und Dynamik erschaffen, sondern auch die ruhige, meditative Seite der Welt einfangen.

Die Gebäude stehen inmitten einer an japanische Zengärten erinnernden Landschaft. „Ein Rosengarten hätte nicht zu den Vulkanen gepasst“, scherzte Pirkner. Am Waldrand entstand ein Labyrinth aus weißem Stein, in dessen Mitte eine beleuchtete Wassersäule emporstrebt. Der Künstler hatte bei der Realisierung seiner Ideen keinerlei Beschränkungen. „Mach nur, Jos“, soll Mateschitz immer wieder gesagt und ganz auf den Freund vertraut haben. Was das Ganze gekostet hat, darüber schweigt man in Fuschl.

„Für mich ist das ein genialer Wurf. So etwas kann sich ein normaler Architekt nicht ausdenken. Da braucht es auch die Seite des Bildhauers“, streute der deutsche Architekt Stephan Braunfels dem Osttiroler Künstler Rosen. Bei der Eröffnung herrschte eine für das kleine Fuschl ungewöhnlich hohe Promi-Dichte: Der österreichische Architekt Wilhelm Holzbauer genoss den lauen Spätsommerabend ebenso wie sein deutscher Kollege Wolfram Putz.

Erst eröffnet und schon zu klein

Ex-Festspielintendant Alexander Pereira, Ex-Burgtheater-Chef Matthias Hartmann, die Künstler Elke Krystufek und Gunter Damisch, Musiker Hubert von Goisern. Für die Politik war Landeshauptmann Günther Plattner angereist. Auch wenn die Firmenzentrale, in der rund 700 Menschen arbeiten, gerade erst eröffnet wurde: Sie ist längst zu klein. Hinter den repräsentativen Gebäuden stehen im Wald schon seit Längerem Containerbüros. In Elsbethen am Salzburger Stadtrand hat der Konzern die Rainerkaserne gekauft, um in den nächsten Jahren dorthin zu übersiedeln. Das Gesamtkunstwerk von Jos Pirkner wird aber auch in Zukunft in Fuschl bleiben.

AUF EINEN BLICK

„Jos, lass dir etwas einfallen!“ Was vor zwölf Jahren mit dem Wunsch von Dietrich Mateschitz nach einem angemessenen Firmensitz begann, fand Freitagabend einen feierlichen Schluss. In Fuschl wurde das nach den Ideen des Bildhauers und Künstlers Jos Pirkner geschaffene Hauptquartier offiziell eingeweiht – inklusive eines großen Festes für ihn.

Der 86-jährige Pirkner hat Gebäude, Garten und Kunstwerke bis ins kleinste Detail geplant und geschaffen. Zentrum sind zwei innen offene Gebäude in Vulkanform – und eine 22,5 Meter lange bronzene Bullenherde.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 22.09.2014)

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