Bud Spencer: "Wir sollten niemals Angst haben"

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Am Freitag feierte Bud Spencer, der eigentlich Carlo Pedersoli heißt, seinen 85. Geburtstag. Der italienische Schauspieler schenkte sich selbst ein neues Buch. In »Ich esse, also bin ich« bekocht er im Traum zwölf Philosophen.

Als Bud Spencer sah man Sie in Ihren Filmen Unmengen an Bohnen mit Speck essen. In Ihrem neuen Kochbuch findet man aber kein einziges Rezept dazu. Haben Sie genug davon?

Carlo Pedersoli: Nein, ich liebe Bohnen. Aber sie gehören nicht wirklich zur italienischen Küche. Da gibt es genügend andere Sachen, die man kochen kann.

Die Leidenschaft für das Essen teilen Sie mit Ihrer Filmrolle aber jedenfalls.

Im Film musste ich so sein, es stand im Drehbuch. Aber die Liebe für das Essen habe ich auch privat, das stimmt.

Was war denn vorher da? Die Leidenschaft im Drehbuch oder im Privatleben?

Die im Privatleben kam später. Ich beschäftige mich mit Philosophie. Als ich einmal auf den Spruch „Ich denke, also bin ich“ von René Descartes gestoßen bin, wurde ich stutzig. Wie kann er das glauben? Er isst, deswegen ist er. Sonst würde er ja sterben. Das hat mich auch dazu bewegt, das Buch zu schreiben. Wenn man isst, existiert man besser. Das ist meine Einstellung.

Seit wann beschäftigen Sie sich denn so intensiv mit Philosophie?

Seit Jahren, schon in der Schule und an der Universität. Es gefällt mir, durch Philosophie das Leben zu verstehen.

Ihre Lebensphilosophie fassen Sie im Buch mit einem Wort zusammen: futtetènne (Anm.: frei übersetzt „Scheiß' drauf“).

Das ist mein Lebensstil. Es bedeutet: Man soll sich nicht aufregen, nicht ärgern – das ist es nicht wert. Denn das Leben ist so schnell vorbei.

Als Motto klingt das ja gut, aber funktioniert es im richtigen Leben tatsächlich?

Ja. Außer in den Momenten, in denen der Schmerz zu groß ist. Zum Beispiel, wenn eine geliebte Person stirbt. Aber ansonsten müssen wir uns in den Momenten, in denen wir uns aufregen, einfach denken: futtetènne. Man weiß nicht, wie lange das Leben dauert. Sicher ist nur, dass der Tod kommt.

Fürchten Sie sich vor dem Tod?

Nein, ich bin eher neugierig, was passiert. Es gibt niemanden, der zurückgekommen ist, um es uns zu verraten. Aber es wird wohl die Ewigkeit kommen. Das müssen wir akzeptieren.

Glauben Sie an Gott?

Ich glaube es nicht nur. Ich bin mir sogar sicher, dass es ihn auf der anderen Seite gibt.

Was macht Sie da so sicher?

Vom Milliardär bis hin zum kleinen Mann – wir sind nur ein kleiner Teil, spielen nur einen kleinen Moment eine Rolle in der Ewigkeit. Wir sollten niemals Angst haben. Wovor denn? Vor dem, wofür wir geschaffen sind?

Sie haben einmal gesagt, Sie leben im Körper eines Über-80-Jährigen, vom Kopf her sind Sie aber 28 Jahre alt. War das denn die beste Zeit Ihres Lebens?

Nein, das nicht. Mein Körper hat sich ziemlich verändert: Bei der Geburt habe ich sechs Kilo gewogen, später 130. Aber wie Sie merken, funktioniert mein Gehirn sehr gut. Daher habe ich das gesagt.

Sie sagten auch, dass die Frauen damals Schlange bei Ihnen gestanden sind.

Wenn es keine Frauen gäbe, würden wir alle nicht existieren. Daher sind wir Männer so von euch Frauen fasziniert.

Ohne Männer würde es die Menschheit aber auch nicht geben.

Nein, uns Männer braucht es wirklich nicht. Da würde man eben eine Pille erfinden.

Mit Ihrer Frau sind Sie jedenfalls schon jahrzehntelang zusammen ...

Ja, mittlerweile schon 55 Jahre!

Wie schafft man es, als Paar so lange zusammenzubleiben?

Das müssen Sie wohl am besten meine Frau fragen. Aber ich habe ein Prinzip: Ich liebe meine Frau, weiß aber nicht, ob sie mich liebt. Man kann dem anderen keine Befehle erteilen. Ich kann nur hoffen, dass sie mich liebt.

Sie vertrauen also darauf, dass es so ist?

Nein, darum geht es nicht. Ich kann es wirklich nur hoffen. Ich werde es nie mit Sicherheit wissen. Und wenn sie mich nicht liebt, gilt wieder mein Motto: futtetènne!

Ist es denn wirklich so einfach?

Nein, es ist sogar sehr schwer. Aber wenn man im Leben soweit ist, dass man diese Einstellung hat, erspart man sich sehr vieles.

Sie haben in Ihrem Leben schon einiges ausprobiert: Sie waren Spitzensportler, Schauspieler, Erfinder, Modedesigner. Sind Sie ein Mensch, dem schnell langweilig wird?

Nein, das nicht. Ich muss aber lachen, wenn ich daran denke, dass ich jetzt schon 85 Jahre alt bin! Da erlebt man eben viel. Ich habe alles gemacht, was Sie sich nur vorstellen können – mit zwei Ausnahmen: Die eine ist Balletttänzer, die andere Jockey-Reiter. Da muss man leicht sein, und ich wiege über 100 Kilo. Sonst habe ich aber alles gemacht.

Vor rund zehn Jahren haben Sie auch einen kurzen Ausflug in die Politik gemacht. Bei den Regionalwahlen im Latium haben Sie für die Berlusconi-Partei Forza Italia kandidiert, wurden aber nicht gewählt. Was hat Sie dazu bewegt, in die Politik einzusteigen?

Das war ein Ausflug, der vielleicht zehn Minuten gedauert hat. Ich habe schnell realisiert, dass das nichts für mich ist.

Warum nicht?

Weil Politik etwas Furchtbares, etwas Falsches ist. Man bekriegt sich nur. Ich habe verstanden, dass ich am falschen Ort bin. Später habe ich nie wieder daran gedacht, es nochmal zu versuchen.

Wenn Sie sagen, Politik ist furchtbar, meinen Sie damit die Politik im Allgemeinen oder speziell Forza Italia?

Ich kann nur meine eigene Politik beurteilen, die in meinem Land. Den Rest kann ich nicht einschätzen.

Die Politik war also nichts für Sie. Von all den Dingen, die Sie gemacht haben, was hat Ihnen denn die meiste Freude bereitet?

Auf jeden Fall das Fliegen. Ich habe 3000 Flugstunden im Jet absolviert, und 500 im Helikopter. Damit habe ich vor rund 50 Jahren begonnen.

Und was haben Sie sich für die Zukunft noch vorgenommen?

Das muss ich mir erst überlegen. Im neuen Jahr veröffentliche ich jedenfalls ein neues Album mit eigenen Liedern.

Stimmt es, dass Sie Lieder komponieren, ohne Noten schreiben zu können?

Ja, das ist ganz einfach. Ich spiele auf dem Klavier oder auf der Gitarre. Und dann schreibt es jemand für mich auf.

Auch in Ihren Filmen sollen Sie bei Ihren Passagen nur das erste und letzte Wort ausgesprochen haben. Der Rest war nur Gemurmel – weil Sie kaum Englisch konnten und den Text nicht auswendig lernen wollten.

Ich habe 128 Filme gedreht. Am Anfang habe ich es tatsächlich so gemacht, wie Sie sagen. Zum Schluss habe ich dann aber Englisch gelernt. Außer Italienisch spreche ich nur zwei andere Sprachen fließend: Spanisch und Portugiesisch. (Wechselt kurz ins Deutsche:) Ich habe in meiner Jugend auch die deutsche Sprache studiert. Ich habe aber alles vergessen.

Stört es Sie eigentlich, dass Sie die Leute fast nur als Bud Spencer kennen – als den großen, starken Typen, der sich gerne prügelt?

Stören tut es mich eigentlich nicht. So sehen mich eben die Menschen, diese Rolle macht mich wichtig. Aber was ich wirklich liebe ist das, was ich im Sport erreicht habe. Ich war bei den Olympischen Spielen mit dabei und habe in der Wasserball-Nationalmannschaft gespielt. Das war eine wichtige Sache. Obwohl ich nie Weltmeister war – das hat die Nationalmannschaft erst geschafft, nachdem ich aufgehört hatte.

Tut Ihnen das leid?

Nein, das passiert eben. Aber ich kann immerhin behaupten, zwei Jahre lang in der Nationalmannschaft gespielt zu haben.

Sie haben einmal gesagt, dass Sie in Ihrem Leben noch nie ehrgeizig waren ...

Nein, kein einziges Mal. Nicht einmal als ich jung war, obwohl es dann eigentlich einfach ist. Aber ich war immer anständig, das schon.

Wie haben Sie es aber dann geschafft, erfolgreich zu sein? Hatten Sie einfach Glück?

Vieles davon war sicher Glück. Weltmeister wird man zum Beispiel nur, weil es niemanden gibt, der besser ist. Das ist nichts Ewiges. Wenn ich daran denke, welche Zeiten ich beim Schwimmen geschafft habe, dann waren die damals sehr gut. Aber jetzt könnte sie sogar ein Kind schwimmen. Alles verändert sich eben.

Steckbrief

Im Oktober 2014
erscheint das Buch „Ich esse, also bin ich“ von Bud Spencer (bürgerlich Carlo Pedersoli) im Schwarzkopf & Schwarzkopf Verlag.

1929
Pedersoli kommt in Neapel zur Welt. Er studiert Jus und Chemie, bricht allerdings beides ab und startete eine Karriere als Profi-schwimmer.

1967
dreht Pedersoli seinen ersten Film als Bud Spencer zusammen mit Terence Hill. Sein Künstlername leitet sich von seinem Lieblingsbier Budweiser und seinem Lieblingsschauspieler Spencer Tracy ab.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 01.11.2014)

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