Diane Keaton: "Liebe verliert an Stellenwert"

Diane Keaton
Diane Keaton(c) APA/EPA/Hendrik Schmidt (Hendrik Schmidt)
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Diane Keaton spricht anlässlich ihres neuen Films "Das grenzt an Liebe" über romantische Komödien mit über 60, Sex und Liebe im fortgeschrittenen Alter und die großen Männer in ihrem Leben, wie Woody Allen oder Al Pacino.

Schon ihr Look ist originell, klassisch und einzigartig. Bei ihrem Auftritt beim Filmfestival Zürich, wo sie für ihr Lebenswerk mit dem Golden Icon Award geehrt wurde, erscheint Diane Keaton im Dandylook: weißer Anzug mit feinen schwarzen Nadelstreifen, Krawatte im selben Muster, sogar die Fingernägel sind im Streifenlook lackiert. Die Ikone des US-Kinos stellte hier auch ihren neuen Film „Das grenzt an Liebe“ (Start: 6. 11.) vor, eine freche romantische Komödie, in der sie Michael Douglas den Kopf verdreht – mit 68 Jahren.

Sie sind eine der wenigen Schauspielerinnen, die in romantischen Komödien spielen, bei denen das Paar über 60 ist – erst mit Jack Nicholson, jetzt mit Michael Douglas, Sind Liebe und Sex im Kino für Junge reserviert?

Diane Keaton: Je älter die Leute sind, desto weniger spielen Liebe und Sex eine große Rolle. Das ist aus biologischen Gründen so vorgegeben: Du kriegst in einem bestimmten Alter Kinder und dann nimmt das Leben einfach seinen Lauf. Ich kann nicht sagen, woran es genau liegt, dass im Alter Liebe und Sex einen immer geringeren Stellenwert im Leben einnehmen. Und dass es seltener passiert, dass ein Mann und eine Frau im gleichen Alter sich finden.

Sie sind doch Single, würden aber eine echte Partnerschaft bevorzugen?

Auf jeden Fall! Nur momentan ist keiner in Sichtweite. Keine Ahnung, warum sich kein netter 68-Jähriger findet!

Glauben Sie noch an „den Richtigen“?

Nur wenn man jung ist, glaubt man an den Märchenprinzen. Später wandelt sich deine Erwartungshaltung. Dann suchst du eher nach einem Weggefährten, den du anziehend findest. Du hast schon so viel erlebt, romantische Liebesbeziehungen haben nicht gehalten, was sie versprochen haben, oder eben nur für eine bestimmte Phase. Wenn du älter bist, jagst du nicht mehr Fantasien hinterher. Dann sagst du eher: Das ist ein großartiger Gefährte, der auch sexuell attraktiv ist. Sexuelle Leidenschaft hat dabei keinen zentralen Stellenwert mehr. Du möchtest einfach nur jemanden lieben können.

Sie waren nie verheiratet, aber mit illustren Männern zusammen: Al Pacino, Warren Beatty, natürlich Woody Allen. In einer Doku über ihn haben Sie ein paar schöne Kommentare abgegeben. Haben Sie diesen Rückblick gern gemacht?

Ja. Woody Allen nimmt einen wichtigen Teil in meiner Karriere und meinem Leben ein. Er ist wie eine Kakerlake, die nicht totzukriegen ist! Dieser Kerl ist stärker, als man denkt! Auf den ersten Blick wirkt er schüchtern, zerbrechlich. In Wahrheit ist er ein Fels! Er ist einer der erstaunlichsten Persönlichkeiten des Showbusiness. Er hat die größte Macht, die je ein Filmemacher über seine eigenen Filme hatte. Niemand kann ihm in seine Filme hineinreden! Der Mann ist ein Wunder!

Und er arbeitet immer noch unglaublich viel, ein Film pro Jahr – wie ein Uhrwerk.

Ja, er ist eigentlich unmöglich! (lacht)

„Der Stadtneurotiker“, im Original „Annie Hall“ ist nach Ihnen benannt, Ihr Spitzname Annie, Ihr Mädchenname Hall.

(lacht) Ich habe ihn schon 20 Jahre nicht mehr gesehen, fürchte ich!

Sehen Sie Woody Allen noch ab und zu?

Ja, wenn ich in New York bin, treffen wir uns fast immer. Meistens gehen wir dann im Central Park spazieren.

Was ist für Sie das Besondere an Al Pacino?

Al ist schon als Schauspieler ganz anders gelagert, weil er vom Theater kommt. Er liebt Literatur. Ich habe erlebt, wie er stundenlang Shakespeare rezitiert hat, weil er seine Stücke so liebt. Und genauso liebt er die Bühne, er interessiert sich sehr für die Geschichte des Theaters und philosophiert viel über die Schauspielkunst.

Al Pacino fühlte sich in „Der Pate“ völlig fehlbesetzt, erzählte er vor Kurzem. Die Tiefe in seinem Blick sei eher die Angst, gefeuert zu werden. Ahnten Sie beim Dreh, dass „Der Pate“ so ein Klassiker werden würde?

Auf keinen Fall! Das Ganze war eher extrem seltsam. Ich kam mir auch völlig fehlbesetzt vor. Mir war das alles zu viel und zu groß. Während der ersten Hochzeit wurde sogar echter Alkohol serviert, plötzlich waren alle betrunken. Ich war 23 und andauernd nur überwältigt. Besonders Marlon Brando wurde natürlich von allen voller Andacht bewundert. Als er starb, ging mir durch den Kopf, was für eine Ausnahmeerscheinung er war.

Gibt es in der jungen Generation Schauspieler, die Sie bewundern?

Da gibt es einige! Jennifer Lawrence zum Beispiel. Auch Emma Stone ist wunderbar, Melissa McCarthy und Amy Poehler aus „Blades of Glory“, die man leider selten in Filmen sieht. Dann Kristen Wiig. Oder Jill Scott in „Get on up“, dem Film über James Brown. Sie ist für mich die attraktivste Schauspielerin aller Zeiten, unheimlich sexy.

Und wie sieht es bei Männern aus?

Ich halte Leonardo DiCaprio für ein wahres Genie! Wie er die Szene gespielt hat, als er in „The Wolf of Wall Street“ auf Drogen ist, das ist unfassbar gut.

Welche ungedrehte Filmszene hat Sie besonders beeindruckt?

Bei einer Liebesszene mit Mel Gibson sollte ich mal einer Gefriertruhe entsteigen. Es war schrecklich...! Das wurde dann zum Glück abgeändert, wir haben stattdessen draußen in der Kälte gedreht. Das war nicht ganz so schlimm.

In „Das grenzt an Liebe“ ist Ihre Figur sehr emotional. Sind Sie auch so gefühlsduselig?

Das kann passieren. (lacht) Musik macht mich immer sehr emotional. Ich höre am liebsten Musik, wenn ich Auto fahre, oder um mich auf eine Rolle vorzubereiten. Zu Hause würde ich Musik nicht ertragen, weil sie einen zu großen Stellenwert bekommen würde. Dazu ist Musik zu mitreißend.

Wie kommt es dann, dass Sie nie in einem Filmmusical gespielt haben?

Ich bin ja mit 20 in „Hair“ auf der Bühne gestanden. Ein Filmmusical wurde mir leider nie angeboten. Ich hätte auf jeden Fall zugesagt!

Sie haben sich in „Hair“ geweigert, nackt auf die Bühne zu gehen...

Es erschien mir nicht sinnvoll. Es ist nicht gerade meine Vorstellung von Spaß, nackt auf der Bühne herumzustehen. Ich habe mich ja nicht immer gegen Nacktheit gewehrt: In „Was das Herz begehrt“ mit Jack Nicholson habe ich sogar eine sehr komische Nacktszene gehabt, weil ich es da passend fand.

Was für ein Mensch ist Jack Nicholson?

Jack Nicholson ist einmalig und einer der besten Schauspieler aller Zeiten. Er ist verrückt und großartig zugleich. Wenn er Geschichten erzählt, dann wählt er Worte, wie ich es von keinem anderen Menschen kenne. Er hat eine große Gabe, er ist so etwas wie ein Genie. Ich habe ihn schon zu überreden versucht, ein Buch zu schreiben – vergeblich. Und natürlich ist er auch ein Teufelsbraten.

Macht Ihnen Schauspielerei noch Spaß?

Klar – wenn mich die Rolle reizt.

Die zwei Stunden mit Michael Douglas, die wir in „Das grenzt an Liebe“ sehen, waren jedenfalls köstlich. Wie war die Arbeit mit ihm? Vor allem die Szenen im Bett?

Wir hatten viel Spaß! Natürlich musst du erst mal in Stimmung kommen...

Und wie geht das? Pierce Brosnan serviert seinen Kolleginnen vor Bettszenen ja schon mal Champagner.

Ich brauche dafür Musik. Die trägt mich dann einfach davon. Hier habe ich Adèle gehört. Ich liebe ihre Songs... und dann macht das richtig Spaß! Michael Douglas ging es genauso. Er war wunderbar drauf und sehr glücklich: Er hatte gerade einen Emmy und einen Golden Globe für seine grandiose Leistung als Liberace gewonnen – und er war noch am Leben! Ich hatte vorher noch nie mit ihm gespielt, doch es war klar, wie glücklich er gerade mit seinem Leben war.

Steckbrief

Diane Keaton wurde am 5. Januar 1946 in Los Angeles als Diane Hall geboren. International bekannt wurde sie vor allem durch die Rolle der Kay Adams im Mafiaepos „Der Pate“ (1972) und durch die Filme von und mit Woody Allen. Für ihre Rolle der Annie Hall in Allens „Stadtneurotiker“ wurde sie 1978 mit dem Oscar und dem Golden Globe Award als beste Hauptdarstellerin ausgezeichnet.

Ihr neuer Film „Das grenzt an Liebe“ ist eine bissige wie witzige Senioren-Romantic-Comedy von Regisseur Rob Reiner. Diane Keaton und Michael Douglas spielen darin ein streitendes Liebespaar in spe.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 01.11.2014)

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