Intermezzo-Bar: Im Speiseaufzug zu den Schönen

Im Speiseaufzug zu den Schönen: 50 Jahre Intermezzo-Bar
Im Speiseaufzug zu den Schönen: 50 Jahre Intermezzo-Barwww.vienna.intercontinental.com
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Die beliebte Intermezzo-Bar im Hotel Intercontinental feiert ihr 50-jähriges Bestehen. Ein opulenter Bild- und Essayband hilft beim Zelebrieren.

Tausend Schilling hätte Michael Tojner 1984 für den Eintritt zum noblen Ball der Fotomodelle und Künstler im Hotel Intercontinental lockermachen müssen. Der Duft der Damen lockte den damaligen Studenten, allein ihm fehlte das Geld für den Eintritt. Er wusste Rat. Mithilfe eines im Hotel tätigen Freundes schmuggelte er sich via Speiseaufzug unter die Reichen und Schönen. Den Smoking dafür hatte er sich ausgeliehen. Dass er zehn Zentimeter zu kurz war, beanstandete niemand. Heute, dreißig Jahre später, ist Tojner Besitzer des Hotels und zelebriert dessen fünfzigjähriges Bestehen.

Seele des ursprünglich erfrischend funktional entworfenen Hauses ist nach wie vor die Intermezzo-Bar. Berühmtheiten von Grace Kelly bis Mick Jagger, von Omar Sharif bis Lilli Palmer nippten hier unter dem legendären, epische Ausmaße einnehmenden Kristallluster an geistigen Getränken. Der britische Schauspieler Richard Burton benetzte sein Inneres regelmäßig mit vielen Litern Château Lafite Rothschild. Arm war er schon in seiner Kindheit, also war ihm in seinem restlichen Leben nur das Teuerste gut genug.

Von Cohen bis „Dallas“

Sogar die böse Erdölmagnatenfamilie Ewing machte in der imposanten Nobelherberge am Stadtpark halt. Folge 23 der zwölften Staffel der US-Serie „Dallas“ wurde zu einem guten Teil im Intercontinental gedreht. Dass J. R. Ewing, dargestellt vom auch im echten Leben erstaunlich trinkfesten Larry Hagman, rhythmisch bernsteinfarbene Flüssigkeiten in Richtung Gaumenzäpfchen schütten musste, war dem Drehbuchschreiber klar. Und dann waren da noch die vielen Musikstars von Melina Mercouri bis Leonard Cohen, die nach ihrem Schlussapplaus im benachbarten Konzerthaus die rasch einsetzende Leere mit ein paar deliziösen Cocktails abfedern wollten. Stammgäste wissen viele Geschichten zu erzählen. Über die bestelltechnischen Spitzfindigkeiten des berühmten Jazzbassisten Charlie Hadenetwa oder über den Pumperer, den es machte, als der bayrische Liedermacher Konstantin Wecker zart illuminiert vom Barhocker fiel und dabei nicht vergaß, seine Begleiterin mitzureißen.

Vom aus New Delhi stammenden Barchef Sunil Bagga, der seit 1.Dezember 1975 in Diensten der Intermezzo-Bar steht, würde man nie von solchen Vorkommnissen hören. Lieber schwärmt er über die Monat für Monat neu ersonnenen Drinks. Auch die Karte ändert sich rhythmisch. „Zum Geheimnis gehört“, sinniert Tojner, „dass man praktisch immer einen Platz findet, obwohl immer etwas los ist.“ Gegen das durchaus angenehme Grundrauschen des Hotelbetriebs spielt überdies ein fabelhafter Pianist an.

Nicht wenige fürchten nun, dass dieses Szenario, das einen verlässlich vor den Zumutungen der Welt rettet, durch die anstehende Renovierung ein Ende finden könnte. „Eines kann ich versprechen“, sagt Tojner, „wir werden am 19.November nicht nur die Vergangenheit feiern, sondern natürlich auch die Zukunft. Die Bar soll möglichst original, so wie sie ganz früher einmal war, erhalten bleiben. Es wird definitiv keine Abschiedsparty.“

Feierliche Rückschau wird dennoch gehalten. Mit einem opulenten Buch, das Essays, Anekdoten und herrliche Fotografien aus den ersten fünfzig Jahren bietet. „Tor zur Welt“ heißt der schöne Band. Diesem Motto will Tojner verstärkt gerecht werden. Sein Vorhaben, aus Konzerthaus, Eislaufverein und Hotel Intercontinental ein Quartier zu definieren, das Sogkraft hat, will er auch mit einer gastronomischen Offensive erreichen. „Mir schweben drei, vier von Wiener Betreibern geführte Restaurants auf dem Terrain vor. Derzeit wird von der Stadt Wien die technische Machbarkeit überprüft. Es soll ja eine Verlegung der Lothringer Straße geben. Der Eislaufverein wird offener gestaltet und rückt so weiter raus.“ 2015/2016 sei sicher noch geöffnet; frühester Baubeginn ist 2017/2018. „Wir hoffen, dann in zwei Jahren fertig zu sein.“

Sunil Bagga, der schon viele Veränderungen mit Gleichmut hingenommen hat, deutet leise nochmals an, was den Charme dieser unvergleichlichen Bar mitkonstituiert: „Unser Lächeln kommt von innen. Das kann man nicht anordnen.“

AUF EINEN BLICK

Das Hotel Intercontinental wurde 1964 fertiggestellt, als die PanAm ihren ersten Linienflug New York–Wien aufnahm. In der Komödie „Hilfe, meine Braut klaut“ (mit Peter Alexander und Conny Froboess) kann man das Hotel kurz danach bewundern. Zu den Gästen zählten Grace Kelly, Omar Sharif und Claude Chabrol. „Let's Sixties“: Fest am 19. November (für geladene Gäste) mit Präsentation des Buches „Tor zur Welt“ (Amalthea, 160 Seiten, 29,90 Euro).

("Die Presse", Print-Ausgabe, 18.11.2014)

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