"Austrozone": Aufbruchszeit im Austropop-Land

(c) Die Presse (Clemens Fabry)
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Eberhard Forcher hat mit „Austrozone“ eine Plattform für heimische Musik geschaffen. Er lädt auch zu Konzerten – und spricht von einem neuen Boom.

Mit seiner jugendlichen Anmutung verifiziert Eberhard Forcher die gewagte These, dass 60 das neue 40 ist. In seiner Radiostimme liegen immer noch jene Wärme und Dynamik, die gemeinhin mit viel jüngeren Kollegen assoziiert werden. Erhält die Beschäftigung mit Popmusik so frisch? „Das und ein intensives Interesse an der Welt überhaupt. Ich habe eine 22-jährige Tochter, eine junge Freundin und auch im Beruf viel mit jungen Leuten zu tun. Da hast du keine andere Möglichkeit, als dich mit dem auseinanderzusetzen, was gerade virulent ist.“

Heuer hat Forcher, der als Radiomoderator, DJ und Musiker seit Jahrzehnten die heimische Szene mitprägt, den Amadeus verliehen bekommen. Unter anderem auch wegen seines Engagements für die österreichische Musik. Unter dem Namen „Austrozone“ hat er zunächst eine Facebook-Seite und einen YouTube-Kanal etabliert, die heimische Musik mit Potenzial vorstellen. Heuer folgten eine in der Hitparade höchst erfolgreiche Dreifach-CD und eine Live-Schiene im Chaya Fuera.

Was war der Anlass für diese ungewöhnliche Offensive? „Bis vor drei Jahren hatte ich freitags auf Ö3 noch freie Hand. Auf diesem Sendeplatz habe ich viele Österreicher von Ernst Molden bis 5/8erl in Ehr'n gespielt. Dann kam auch da eine Reformatierung. Mit dem Contemporary-Hit-Radio-Format war das dann nicht mehr möglich. Ab da hat mir etwas gefehlt. Und weil es jetzt so viele tolle, neue Bands von Dawa bis Wand gibt, hab ich mir die ,Austrozone‘ ausgedacht.“ Forcher ist ideales Bindeglied zwischen den Generationen der österreichischen Popmusik.
Aufgewachsen in Lienz, gewann er seinen ersten Transistorradio in einem „Micky Maus“-Preisausschreiben. Die Liebe zum Pop entdeckte er über Radio Luxemburg und die Privatimporte des älteren Bruders seines besten Freunds. Anfang der Achtziger wurde er selbst als Tom Petting mit dem Hit „Bis zum Himalaya“ zum Popstar.

Sein Weg zum Radio war verschlungen. Dank Mentor Wolfgang Kos stieß Forcher zur legendären Sendung „Musicbox“. „Bald habe ich bemerkt, dass ich den anderen nicht das Wasser reichen kann. Ich bin nicht ganz deppert, aber ein Intellektueller, das war ich einfach nicht. Meine Stärken liegen auf dem Gebiet der Emotionen.“ Die seinen sind bis heute unter dem Teflon des strikt formatierten Senders Ö3 spürbar. Abwechselnd mit Wolfgang Domitner gestaltet er „Solid Gold“, allein die Mix-Sendung „Forcher's Friday Music Club“, wo er Remixes und Mashups präsentiert. Sehen sich die heutigen Jungen auf den Schultern der Altvorderen? Forcher denkt, ja. „Wanda bekennen sich ohne Probleme zum Austropop. Beim Nino aus Wien schaut es ähnlich aus. Ich finde das sehr gut.“ Wie konnte denn ein Begriff wie Austropop, der für etwas stand, was es beim deutschen Nachbarn so nicht gab, derart absandeln? „Lange war der Begriff Austropop des Teufels. Mittlerweile sehen das viele junge Musiker lockerer, wollen aber verständlicherweise ihrer Musik einen neue Namen geben.“

„Viele haben das gewisse Etwas“

Zunächst hatte Forchers Initiative keinerlei Budget. „Wir haben mit unseren privaten Videokameras Dinge festgehalten, die wir dann online gestellt haben. Weil die Reaktionen von Beginn an sehr positiv waren, kam bald die Zusage einer Förderung seitens AKM, IFBI und SKE.“ Ab da ging es dahin. Jede Woche wird eine Sendung ins Netz gestellt, in der fünf aktuelle Videos vorgestellt werden. Tags darauf wird die Sache ab 21.45 Uhr auf W24 gesendet.

Auch auf Ö3 setzt er sich nach wie vor für Heimisches ein. Von Forcher angeregt, kamen etwa die famosen oberösterreichischen Poxrucker Sisters in die Rotation. In Deutschland schwärmt man von Bands wie Ja, Panik und Bilderbuch. Ist das Zeichen für einen neuen Boom der heimischen Musikproduktion? „Absolut!“, sagt Forcher. „Dieser Trend wird in den nächsten ein, zwei Jahren noch intensiver werden. Es ist ein wenig so wie damals in der Aufbruchszeit in den Achtzigern. Viele heimische Produktionen haben das gewisse Etwas, das sich durchsetzen wird.“

Zur Person

Eberhard Forcher (60) arbeitete vier Jahre als Sonderschullehrer. Am Tag der Pragmatisierung kündigte er, ging nach Amerika, wurde Punk und kaufte sich eine E-Gitarre. Bei Ö3 moderiert er heute „Solid Gold“ und „Forcher's Friday Music Club“.
Austrozone live: Am 28. November spielen Core im Chaya Fuera. Weitere Termine sind ab Jänner geplant; im Februar wird es ein Austrozone-Special im Hard Rock Cafe geben.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 25.11.2014)

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