Schella Kann im neuen Atelier: „Sind ja keine Jungdesigner mehr“

Schella Kann neues Atelier
Schella Kann neues AtelierJürgen Hammerschmid
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Knapp vor dem 30-Jahr-Jubiläum ihres Labels Schella Kann haben sich Anita Aigner und Gudrun Windischbauer ein neues Hauptquartier erlaubt.

„Manchmal“, sagt Anita Aigner, „wenn Stofflieferungen gekommen sind, konnte man nicht mehr bei der Tür herein.“ Und auch mit den Stufen, erzählt Gudrun Windischbauer, habe sie bei Auslieferungen ziemlich zu kämpfen gehabt. Kurz: Dem Label Schella Kann ist sein Atelier in der Singerstraße zu klein und mühsam geworden. Und da die beiden Gründerinnen im nächsten Herbst ihr 30-Jahr-Jubiläum zelebrieren, haben sie sich schon jetzt ein Geburtstagsgeschenk gemacht.

Seit einer Woche residieren sie nun, erstmals rein ebenerdig, in ihrem neuen Hauptquartier in der Praterstraße; mit den Lokalen Mochi und Ansari, den Geschäften Song und Supersense und der Webster University befindet man sich auch in kosmopolitischer Nachbarschaft. „Hier haben wir alles abgedeckt, was wir für die Zukunft brauchen.“ Nachsatz: „Weil wir ja keine Jungdesigner mehr sind.“ Eines der Bedürfnisse: Tageslicht. Das Wetter und die Jahreszeiten mitbekommen. Wenn das Licht der untergehenden Sonne vorbeizieht oder der Regen prasselt, „dann sitzen wir jetzt wie die Kinder vor dem Christbaum“.

Begonnen hat die Geschichte von Schella Kann in der Szene um Ossi Schellmann und das Motto in den Achtzigern – genau genommen mit einem Modepreis, einem vergoldeten Schöpfer, im U4. „Es gab ja keine Jobs“, sagt Designerin Aigner, die Chaotische, Kreative. „Und wir wollten unseren eigenen Kopf durchsetzen“, sagt Windischbauer, die Genaue, fürs Verkaufen Zuständige, die damals ein Geschäft wollte. Erste Station war ein Atelier des heutigen Perfect-Props-Chefs Andi Lackner, anno dazumal auch erster Kunde (Lederhosen), ohne den sich die beiden noch immer keinen Schritt vorstellen können. Wie die Leute dort „halb nackt im großen Raum“ probiert haben, bringt sie heute zum Lachen. „Dass die das mitgemacht haben . . .“

„Wie im Zoo“

Von 1986 bis 2001 war dann quasi die Zeit des all-in-one: In einer 150-Quadratmeter-Wohnung in der Singerstraße wurde gewohnt, genäht, verkauft, wurden Freunde und Besucher empfangen. „Da sind manche wie in den Zoo Schella Kann schauen gekommen“, erinnert sich Windischbauer. Ein lustiges Durcheinander, für das sie sich irgendwann zu alt fühlten. 2001 wurden Wohnen und Arbeiten getrennt; zwei Häuser weiter bezogen sie ein Atelier. 2011 kam der eigene Shop in der Spiegelgasse dazu. Er bleibt bestehen; ob man auch in der Praterstraße verkaufen will, das müssen sich die beiden noch überlegen. „Wir müssen erst einmal ankommen“, sagt Aigner. „Obwohl wir uns schon sehr zu Hause fühlen.“

Man sei eben auch „die Firma der kleinen Schritte“. Gewohnt, sich zu reduzieren, sagt Windischbauer und schildert Schlafzimmer, in denen Stoff gelagert wurde, und winzige Büros. Vermutlich ist das auch der Grund, warum es das Label mit den langlebigen, gut kombinierbaren Teilen heute noch gibt. Und zwar nicht nur in Österreich: Schella Kann hat Kunden in Deutschland, Amerika und Asien, unlängst kamen etwa Finnland und London dazu. „Es wird gerade internationaler.“ Aus Erfahrung hüten sich die beiden vor Euphorie. „Ein Kunde ist erst dann ein Kunde, wenn er drei-, viermal bestellt hat.“

Erfahrung haben die beiden auch miteinander. Auch wenn sie, wie mitunter vermutet, kein Paar sind, teilen sich Aigner und Windischbauer bis heute die Wohnung (mit Schmollwinkel für jeden, wenn doch die Fetzen fliegen). „Wir bauen schon für eine Alters-WG vor“, lacht Aigner. Kinder haben beide nicht. Aber wenn sich Mitarbeiter mit dem, was sie bei ihnen gelernt haben, selbstständig machen, dann, meint Windischbauer, fühle sich das ähnlich an. Gern hätten sie auch kreativen Nachwuchs, „wenn es passt“, an den man vielleicht einmal übergeben kann. Noch sind sie freilich selbst nicht müde. Berlin oder London würde sie reizen. „Ideen hätten wir schon.“

Auf einen Blick

Schella Kann ist das 1985 gegründete Label von Designerin Anita Aigner (59) und Gudrun Windischbauer (54). Neben der herkömmlichen Kollektion gibt es eine zweite aus elastischen, bügelfreien Materialien. Produziert wird in Europa, präsentiert in München und Paris. Shop: Spiegelgasse 15. Im neuen Atelier in der Praterstraße 10 findet noch bis Montag ein Sample Sale statt.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 28.11.2014)

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