Maschek: "Es muss lustig sein"

Robert Stachel (l.) und Peter Hörmanseder auf der Bühne im Wiener Gartenbaukino.
Robert Stachel (l.) und Peter Hörmanseder auf der Bühne im Wiener Gartenbaukino.Die Presse
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Zwei Drittel des Satire-Trios Maschek sind derzeit mit ihrem "Jahresrückblick" auf Tournee. Im Gespräch mit der "Presse am Sonntag" erzählen Peter Hörmanseder und Robert Stachel, wie Österreich erklärt werden kann.

Nehmen wir an, wir lernen jemanden aus dem Ausland kennen, der Deutsch kann. Glauben Sie, dass wir dieser Person anhand ausgewählter Maschek-Videos Österreich erklären können?

Peter Hörmanseder: Man kann durchaus gewisse österreichische Abläufe und Zusammenhänge dem sprichwörtlichen Marsmenschen erklären. Vielleicht sogar mit dem Ersatzkaiser – dem Bundespräsidenten – und der Bedeutungslosigkeit dieses Amtes.

Robert Stachel: Eben weil er keine faktische politische Macht ausübt, macht ihn das ja zu einer österreichischen Figur. Wir wählen alle sechs Jahre einen Fürsten oder Kaiser, zu dem wir aufschauen wollen. In den Umfragen läge derzeit Alexander Van der Bellen vorne, was ich sehr interessant finde, weil niemals ein Grüner Bundeskanzler werden könnte. Aber dass der gute alte Professor Van der Bellen mit seiner Bärenhaftigkeit als Bundespräsident gehandelt wird, das ist sehr österreichisch. Das ist typisch für dieses Land. Der Professor, zu dem schauen wir auf, dem hören wir gerne zu, der tut uns nicht weh. Aber er soll nicht zu viel zu sagen haben, sonst verbietet er uns das Fleisch essen oder Auto fahren.

Bundespräsident Heinz Fischer scheint eine sehr dankbare Figur für Ihre Arbeit zu sein.

Hörmanseder: Er hat ein sehr dankbares Tempo. Das angenehme beim Fischer ist, dass er eben in dieser absurden Figur als Ersatzkaiser und Präsident eigentlich permanent Form bewahren müsste, er aber aus der Form immer wieder hinausfällt und tief wird. Was der echte Präsident natürlich nie machen würde.

Stachel: Um auf die Frage zurückzukommen: Mit einer Auswahl unserer Videos und Themen kann man Österreich erklären, aber man wird wahrscheinlich auch das Gespräch dazu brauchen. Es reicht nicht, wenn wir fünf Videos herzeigen. Wer das Land nicht genau kennt, wird vieles nicht verstehen. Man merkt das teilweise, wenn wir mit Österreich-zentrierten Themen in Deutschland spielen. Da kommt man schnell an die Grenzen des Verständnisses. Wir haben hin und wieder auf Konferenzen oder im akademischen Kontext gespielt, dort kann man erklären, und dort ist es dann tatsächlich ein sinnvolles Instrument, um etwas über Österreich zu sagen. Eine Nummer, die sehr gut auch in Deutschland funktioniert: Parlamentspräsident Khol sorgt für Ordnung, nachdem im Plenarsaal die Unruhe ausgebrochen ist. Und er behandelt die Parlamentarier wie Schulkinder. Das funktioniert, obwohl sie in Deutschland keine einzige der handelnden Personen kennen. Wir können also über das Funktionieren einer Demokratie in Mitteleuropa und Österreich im Speziellen durchaus etwas erzählen, rein aufgrund der Bilder.

Hörmanseder: Wir thematisieren grundsätzlich das mediale Verhalten der Mächtigen. Es geht fast immer darum: Wie wird zuerst im echten Leben und dann in unserer Übertreibung eine politische Message dargestellt? Wie präsentiert sich jemand? Wie ungeeignet sind eigentlich gewisse Figuren? Bei Faymann mit dieser medial völlig ungeeigneten Stimme, die wir auch noch übertreiben ...

Stachel: Lass Faymann in Ruhe!

Hörmanseder: Ich sag nur, wenn ich mir das aus dem Polit-PR-Aspekt anschaue, würde ich sagen: „Kinder, suchts euch jemanden mit einer angenehmen Stimme.“ Mit einer klassischen, einlullenden Kreisky-Stimme. Aber nicht jemanden, der mit einer Schrillheit daherkommt. „Wann ist der Beginn einer politischen Inszenierung?“ – Das versuchen wir jedenfalls herauszukitzeln.

Stachel: Oder diese zu zerstören.

Hörmanseder: Klar, das ist noch leichter.

Apropos Deutschland: Wenn Sie dort auftreten, kommen Sie nicht auch deswegen gut an, weil die Bundesdeutschen den österreichischen Dialekt per se so originell finden?

Stachel: Grundsätzlich ja. Die Deutschen finden jeden Österreicher, der auf die Bühne geht, erstmal rein in der Form lustig. Das, was wir in Deutschland sprechen, ist natürlich kein Dialekt, sondern was wir für die Hochsprache halten – und das halten die immer noch für Dialekt. Da muss man aufpassen, dass man nicht zu künstlich wird. Wenn ich jetzt einem Berliner vorspiele, wie ein Berliner ist, ist das bestenfalls so lustig, wie wenn Thomas Gottschalk einen Österreicher nachmacht.

Hörmanseder: Oder wenn wir in Kärnten Kärntner nachmachen. Da werden wir auch ausgelacht.

Stachel: Immer dort, wo wir spielen, finden sie: Den Dialekt können wir nicht.

Hörmanseder: Wobei es egal ist, wenn man den Dialekt nicht erwischt. Wichtiger ist, dass man den Charakter findet. Stachel: Wenn wir an die Arbeit herangehen, nehmen wir kaum das Original her und versuchen, das zu imitieren. Wir sind nicht bei Ö3, wo das Stimmenimitieren als Handwerk betrieben wird. Man sieht bei uns ohnehin, wer gemeint ist. Wir machen hunderte Figuren nicht nach, sondern verkörpern sie. Man ist dann die Person. Was wir sehr wohl haben, sind Register ...

Hörmanseder: Man muss ja manchmal in einem Satz zwischen zwei Figuren wechseln, da darf man nicht lange nachdenken. Wir haben dann ein Löffelwort, womit wir wieder hineinkommen. Klassiker, so wie bei Niki Lauda und seinem (gemurmelt): Analysiere. Da hat man sofort die Sprachmelodie, und das Register ist gezogen.

Eine Ihrer Kultnummern ist „Die Abschiebung von Fu Long“. Sie zeigen, wie der Panda vom Schönbrunner Zoo abgeschoben wird. Das bringt die gesamte Asyldebatte auf den Punkt ...

Hörmanseder: Wahrscheinlich schon. Wenn aber diese Ursprungsgeschichte mit Arigona Zogaj fehlen würde, weiß ich nicht, ob das auch funktioniert hätte. Die Geschichte haben wir für Dorfers Donnerstalk in Linz gemacht, wobei wir vorher Kontakt zu Arigona hatten. Sie war auch anwesend bei der Aufzeichnung. Das war ganz konkret der Versuch, ihr den Rücken zu stärken und der Öffentlichkeit zu zeigen: Schauts, die Arigona ist, ganz doof gesprochen, der Pandabär. Was tut euch der Pandabär, Hallo?

Stachel: Die eine Ebene ist der Arigona-Vergleich. Aber es war auch tatsächlich so, dass Fu Long nach China gebracht wurde, es hat also zwei groteske Verstörungen drinnen. Da sind einerseits die Österreicher, die nicht wollen, dass der Panda abgeschoben wird. Der kann nicht mal chinesisch, er ist hier offensichtlich integriert. Andererseits ist als Metapher dieser Käfig nicht unwesentlich. Es ist ein glückliches Zusammentreffen von vielen starken Bildern und Metaphern in dieser Nummer. So etwas gelingt nicht auf dem Reißbrett und auch nicht jeden Monat.

Wo liegt bei Ihnen eigentlich die Grenze des Humorigen? Kann man sich zum Beispiel über den Islamischen Staat lustig machen?

Hörmanseder: Ich würde sagen, ja. Man kann aus allem eine Parodie machen, wenn es repräsentative Figuren dazu gibt. Die einzige Grenze, die wir zu beachten versuchen, sind Kinder, die unschuldig zum Handkuss kommen. Ist uns auch schon einmal passiert. Da muss man die Handbremse ziehen. Zu der Islamgeschichte: Ich hätte keine Angst davor, etwas zum Islamischen Staat zu machen. Aber ein Witz, der in Tabuzonen vordringt, muss so gut sein, dass es den Witz wert ist. Zum Islamischen Staat gibt es international schon einiges, das finde ich ganz gelungen. Es gäbe sehr viel, was man machen könnte und müsste. Wir haben da aber unterschiedliche Zugänge.

Stachel: Ich lege großen Wert darauf, dass die Zielgruppe versteht, worum es uns geht. Das kann man natürlich nicht immer erreichen, aber das ist für mich ein Ideal. Ich fühle mich nicht wohl auf der Bühne, wenn ich das Gefühl habe, dass die Mehrheit nicht versteht, was ich meine. Wenn ich ein Thema, das sehr ernst und traurig ist, nicht lustig präsentieren kann, dann ist es Themenverfehlung. Ich kann zu Nordkorea und Islamischer Staat nicht lachen. Da fällt mir auch kein Witz ein. Hörmanseder: Wir haben zu Kim Jong-il und Kim Jong-un auch schon etwas gemacht. Natürlich, da verhungern Menschen und werden umgebracht. Das muss man aber nicht extra sagen, das sollte jeder wissen. Ich verspüre nicht einen Aufklärungszwang. Das perfekteste aller Beispiele ist ja Charlie Chaplins „The Great Dictator“.

Wie kommen Sie also zu einem Konsens?

Stachel: Es gibt ein Bühnengesetz, das steht über der Moralfrage: Es muss lustig sein. Das gilt für Witze über problematische Themen wie Rassismus oder Sexismus. Wenn wir beide nicht sagen: „Das ist wahnsinnig komisch“, dann ist der Witz nicht zu machen. Mir fällt zum Islamischen Staat nichts ein.

Hörmanseder: Das wird noch kommen.

Stachel: Mag sein ... Bei guten Witzen sollte man sich auskennen. Ich kenne mich mit bestimmten Themen aus, und über die mache ich lieber Witze.

Steckbrief

Robert Stachel, Peter Hörmanseder und Ulrich Salamun haben Mitte der 1990er-Jahre die Kabarettgruppe Maschek gegründet. Sie erlangten Bekanntheit mit der Synchronisation von Videos.

2002 beginnt das Trio mit dem Programm „maschek.redet.drüber“ im Wiener Rabenhof, später wird es fixer Bestandteil von „Dorfers Donnerstalk“ im ORF. In den Rabenhof kehrte Maschek mit dem Puppentheater „Bei Schüssels“ zurück, gefolgt von den Spin-Offs „Bei Gusenbauer“ und „Bei Faymann“. Maschek sind nun ein Bestandteil der Sendung „Willkommen Österreich“.

Jahresrückblick
Derzeit sind Maschek mit ihrem Jahresrückblick auf Tour.
maschek.org

Maschek, darf man Sie auch fragen...


1. . . wie Sie sich Ihren Figuren annähern?

Hörmanseder: Bei gewissen Figuren rutscht man im Laufe der Jahre hinein. Figuren, die potenziell miteinander reden wie Kanzler und Vizekanzler, teilen wir uns auf.

Stachel: Ich war nicht Schüssel, deswegen konnte ich Klestil sein.

2. . . wessen Abgang aus der Innenpolitik Sie am meisten bedauern?

Stachel: Gusenbauer. Den habe ich wahnsinnig gern gespielt, er war auf so vielen Ebenen interessant und aneigenbar. Und er hat sich so wunderbar ernst genommen. Bei Faymann dachte ich zuerst: Das wird wahnsinnig langweilig, aber irgendwie hat auch er ein Leben bei uns bekommen.

Hörmanseder: Schüssel. Er und seine Umgebung waren ein unglaublich großartiger Motor für Geschichten. Die Schüssel-Jahre waren für Menschen extrem furchtbar, für die Satire extrem fruchtbar.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 21.12.2014)

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