Sizilianisch, nicht italienisch: Tafeln mit Tartare di tonno

Riccardo Ballerini und Magdalena Onderka
Riccardo Ballerini und Magdalena Onderka(c) Die Presse (Clemens Fabry)
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Oktopus, Oliven, Orangen: Ballerini & Onderka bringen Menschen an langen Tischen zusammen und die Aromen Siziliens in die Münder Wiens.

Wir sind eine kleine Familie“, sagt er, der Sizilianer. „Ihr seid eine große Familie!“, ruft sie, die Österreicherin. Kennengelernt haben sich Riccardo Ballerini und Magdalena Onderka in einem kleinen Dorf nahe Palermo, wo Ballerini in seinem Garten semiprivate Dinnerpartys veranstaltet hat, die von manchen Hotels in der Gegend lieber empfohlen wurden als die umliegenden Restaurants. Vor sieben Jahren, als er damit begonnen hatte, hätte man solche „Underground dinners“ (Ballerini redet lieber Englisch als Deutsch, obwohl er viele für ihn wichtige Wörter wie Mundpropaganda schon beherrscht) in Italien noch nicht wirklich gekannt.

Neue Feinde? Die große Liebe?

Mittlerweile ist das Konzept wie in vielen anderen Ländern längst keine Seltenheit mehr: Fremde Leute kommen an einem langen Tisch zusammen, essen gemeinsam, unterhalten sich. „Vielleicht findet man an einem solchen Abend neue Feinde, vielleicht neue Freunde oder die große Liebe“, so beschreibt Magdalena Onderka mögliche unerwünschte und erwünschte Nebenwirkungen.

Seit zwei Monaten leben die Grafikerin, die unter anderem beim ORF gearbeitet hat, und der Koch, der nicht immer in der Gastronomie tätig, sondern auch schon Taucher oder Uhrenhändler war, mit ihrem kleinen Sohn nun fix im neunten Bezirk. Und wollen hier sizilianische Gerichte ebenso unter die Leute bringen wie die süditalienische Offenheit: mit langen Tafeln an wechselnden Orten. „Das tut den Wienern eh gut“, meint Onderka, „hier kocht jeder irgendwie immer sein eigenes Süppchen. Wir würden auch gern große Schüsseln in die Mitte des Tischs stellen, aus denen sich dann jeder bedient. Aber das ist hier schwierig“, hat Magdalena Onderka bei den ersten Wiener Probetafeln die Erfahrung gemacht. „Die Mentalität ist anders. Wir wollen aber die Wiener aus ihrer Reserve locken.“ Ballerinis Lockvögel sind unter anderem Caponata, süßsauer geschmorte Melanzani, Oktopussalat, marinierte Sardellen, Pasta con le Sarde oder der winterliche Orangen-Fenchel-Oliven-Salat – das Olivenöl dafür stammt aus der kleinen familieneigenen Produktion. Und Thunfischtatar. Thunfisch ist Ballerinis Lieblingszutat, wobei er genau genommen zuallererst Olivenöl nennt. „In Sizilien verarbeiten wir den Thunfisch wie auch das Schwein: zur Gänze. Auch die Knochen, die werden in Saucen mitgegart.“

Arabische Herrschaft

Magdalena Onderka ist nicht nur für die Suche nach neuen Locations zuständig – demnächst kocht man im Hotel am Brillantengrund –, sondern auch für Süßspeisen wie die mit Ricotta gefüllten Cannoli. Süßes mag nämlich Riccardo Ballerini gar nicht. (Seine ungarische Großmutter konnte ihn also mit ihren Palatschinken nicht dauerhaft überzeugen.) Was Ballerini jedenfalls wichtig scheint, obwohl er es mit einem leisen Grinsen sagt: „Wir kochen sizilianisch. Nicht italienisch. Wir standen 800 Jahre unter arabischer Herrschaft. Wir sind keine Italiener.“

ZUM KONZEPT

Sizilianische Küche. Riccardo Ballerini und Magdalena Onderka veranstalten Private Dinners an wechselnden Orten für 15 bis 30 Gäste. Es gibt jeweils vier bis acht Gänge, hauptsächlich Fischgerichte wie Thunfischtatar, marinierte Sardellen oder Oktopussalat. Nächste Termine: 19. 1. und 2. 2. im Hotel am Brillantengrund, Bandgasse 4, 1070 Wien, Beginn 19 Uhr. Anmeldungen: mimond@gmx.net. Infos: www.ballerinionderka.com

("Die Presse", Print-Ausgabe, 15.01.2015)

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