Fasten mit Felix Gottwald: „Nicht Sklave meiner Routine sein“

(c) Die Presse (Clemens Fabry)
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Olympia-Sportler Felix Gottwald will in der Fastenzeit anregen, Gewohnheiten zu hinterfragen. Ein Gespräch mit Gleichgewichtsübung.

Die Spa-Suite Séparée des Hotels Hollman Beletage im alten, verwinkelten Teil der Wiener Innenstadt: ein Hammam und eine offene Badewanne, jede Menge Handtücher und ein Himmelbett. Die Wohlfühlatmosphäre ist wenig verwunderlich, schließlich ist es der burgenländische Frotteehersteller Vossen, der Felix Gottwald nach Wien gebracht hat. Dieser sitzt, entspannt und mit aufrechtem Rücken, auf einem lila Hocker. „Zufall“, meint er, aber dann wohl wieder auch nicht. Schließlich ist es die Integration von Kleinigkeiten in den Alltag, die Gottwald propagiert.

Mit insgesamt sieben Medaillen, davon drei goldenen, ist der ehemalige Nordische Kombinierer mit Abstand Österreichs erfolgreichster Olympia-Sportler. 2007 hat er seine Karriere beendet, 2008 ein Buch geschrieben. „Ein Tag in meinem Leben“, hieß es, und mit ihm, sagt Gottwald, sei er auch in die Sache mit den Seminaren hineingeschlittert. „Ich habe viele Anfragen zu Vorträgen bekommen. Also habe ich versucht, alles auf den Alltag herunterzubrechen und gemerkt: Die Leute können das annehmen.“

Damals musste die Karriere nach der Karriere freilich noch einmal warten: 2009 startete Gottwald ein Comeback. „Dabei habe ich mir selber zugeschaut und dabei viel gelernt. Diese Erfahrungen versuche ich zu teilen.“ Wie auch jene, vom Spitzensportler zum Alltagsmenschen zu werden. „Als Sportler hat man den ganzen Tag Zeit zu trainieren. Man muss schauen, dass man fit ist, und lernt, dass sich Belastung und Erholung die Balance halten müssen. In dem Moment, in dem da ein Ungleichgewicht reinkommt, bist weg: krank, verletzt oder du bringst keine Leistung.“ Wer seine Karriere beendet, wolle weiter fit sein, aber nicht mehr den ganzen Tag aufwenden. „Was kann man tun?“, fragt Gottwald, und man merkt den mittlerweile geübten Redner: „Man kann den Alltag nützen.“

Stille und Bewegung

Sein eigener Alltag stehe heute auf zwei Säulen: „Stille und Bewegung an der frischen Luft.“ Seit er 1995 mit Qigong in Berührung gekommen ist, steht Gottwald eine Stunde früher auf, um zu meditieren. „Bis zu den letzten Weihnachtsferien“, schränkt er ein, da habe seine kleine Tochter den Rhythmus geändert; seither nützte er die Stille oft abends. Und selbst wenn er Vorträge hält, schnallt der 39-Jährige aus Zell am See schon einmal um halb fünf in der Früh die Stirnlampe um, um noch eine Skitour unterzubringen.

Doch auch ohne Berge vor der Haustür: „Es gibt viele Möglichkeiten zu üben“, sagt Gottwald und hebt sich ein Stück von seinem Hocker, um zu zeigen, wie das ganz normale Aufstehen vom Schreibtisch im Büro zu einer (unauffälligen) Kniebeuge werden kann. „Wenn das alle von der Schule weg machen würden, hätten wir eine andere Rückengesundheit.“ Überhaupt gehe es ihm um Gesundheit, und darum, „mit der E-Card nicht die Verantwortung abzugeben“. Er selbst nutze, seit er mit dem Spitzensport aufgehört habe, just die Fastenzeit, „um meine Gewohnheiten zu hinterfragen. Ich möchte nicht Sklave meiner Gewohnheiten werden“. Je einen täglichen Vorschlag dazu liefert Gottwald in den Energy Weeks, die Vossen, inspiriert von einem Seminarbesuch, ins Leben gerufen hat. Seit er morgens zehn Minuten meditiere, habe ihm seine Freundin nie mehr vorgeworfen, abends grantig zu sein, gesteht Vossen-Geschäftsführer Paul Mohr freimütig seine eigene Erfahrung.

Es seien, sagt Gottwald, „alles keine neuen Sachen“, zu denen er rät. „Es geht lediglich darum, sich gewisse Dinge bewusst zu machen, um sich etwas Gutes zu tun und die Balance wieder zu erarbeiten.“ Höher, schneller, stärker, „in diesem Modus funktionieren die Leute eh. Aber diese Metapher ist durch für mich. Hochwertig regenerieren, das können die wenigsten.“ Idealerweise würde man die Tipps erst ausprobieren, bevor man urteilt. Und am Ende entscheiden, ob und was man beibehalten will. Und jetzt, sagt Gottwald, sei es höchste Zeit für eine Gleichgewichtsübung: linke Hand zum linken Knöchel, rechts Arm und Bein waagrecht ausstrecken – wenig später ist der eigene Rücken deutlich entspannt.

ZUR PERSON

Felix Gottwald wurde 1976 in Zell am See geboren und gewann sieben Olympia- und elf WM-Medaillen in der Nordischen Kombination. Seit seinem Karriereende 2009 hält er Vorträge und gibt als Mentaltrainer Seminare in der Therme Loipersdorf. Er ist Ehrenbotschafter des Jane Goodall Instituts Austria. Bei den Energy Weeks in Kooperation mit Vossen gibt er während der Fastenzeit täglich eine Anregung in den Bereichen „Bewegen, ernähren, spüren“, die helfen sollen, den eigenen Alltag zu hinterfragen. www.energyweeks.com

("Die Presse", Print-Ausgabe, 19.02.2015)

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