Benedict Cumberbatch: "Das Talent fehlt mir"

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In "Imitation Game" entschlüsselte Benedict Cumberbatch die Enigma-Codes der Nazis. Die Rolle brachte ihm eine Oscar-Nominierung für die beste Hauptrolle ein. Privat hingegen sind Computer für ihn fremdes Terrain.

Für die Fans von „Sherlock“ war es schon lange klar – inzwischen hat auch Hollywood verstanden, über welche herausragenden Talente Benedict Cumberbatch verfügt. Die Oscar-Nominierung für seine Rolle als Computergenie Alan Turing in „Imitation Game“ ist der vorläufige Höhepunkt in der Karriere des 38-Jährigen. Im Interview wirkt er gesetzt, phasenweise fast ein wenig steif, als würde er mit diesem Status noch ein wenig fremdeln.

Sie sind derzeit einer der gefragtesten Schauspieler der Branche. Warum?

Benedict Cumberbatch: Glück vielleicht, weil ich so viele Chancen bekomme. Und die versuche ich zu nutzen, indem ich mich reinhänge. Ich bin ein harter Arbeiter, und das deshalb, weil ich bei der Arbeit am glücklichsten bin. Und ich flippe nicht aus, wenn mal etwas nicht funktioniert. Was meine Rollen angeht: Die versuche ich, so stark zu variieren, wie es geht, denn sonst langweile ich mich. Mehr ist da nicht.

Aber es muss ja eine Erklärung dafür geben, wie Sie innerhalb von wenigen Jahren Hollywood eroberten.

Das hatte viel mit dem Erfolg von „Sherlock“ zu tun. Aber meine Karriere ist eher das Resultat von Geduld. Im ersten halben Jahr nach der Theaterhochschule hatte ich keinen Job. Ich wurde nervös und wollte etwas dagegen unternehmen. Aber letztlich kannst du nichts tun, sondern nur hoffen. Also habe ich einfach kleinere Theaterproduktionen mit Freunden oder Schulaufführungen gemacht, damit ich mich sozusagen in Form halte. Und langsam begannen sich die Sachen zu entwickeln. Aus dieser Erfahrung heraus habe ich gelernt, mich nicht über Kleinigkeiten aufzuregen und nicht Dinge kontrollieren zu wollen, die sich nicht kontrollieren lassen.

Für „Imitation Game“ sind Sie für den Oscar als Bester Hauptdarsteller nominiert. Hofft man auf so etwas, wenn man eine derart komplexe Rolle annimmt?

Haben Sie vielen Dank, aber so denke ich gar nicht. Das Einzige, was mich interessiert hat, ist, dass der Film ein breites Publikum findet. Und das ist uns zum Glück gelungen. Ich versuche immer, das Maximum aus mir herauszuholen, und da freue ich mich natürlich sehr, dass meine Leistung anerkannt wird. Aber ich habe auch gelernt, die Kirche im Dorf zu lassen. Die Leute fingen ja schon kurz nach der Premiere von „Imitation Game“ im September an, von Oscars zu reden – da hatte ich meinen Anzug von der letzten Verleihung gerade erst aus der Reinigung geholt. Ganz ehrlich!

Können Sie sich noch an Ihre ersten Preisverleihungen erinnern?

Das war anlässlich meiner Nominierungen für „Sherlock“, und es war ganz surreal. Auf einmal traf ich Leute, die ich früher angebetet hatte und immer noch anbete. Aber plötzlich waren die von mir ganz hin und weg.



Vor welchen Kollegen knien Sie nieder?

Meryl Streep zum Beispiel. Und ich finde Matt Damon großartig.

Haben Sie sich daran gewöhnt, selbst ein Star zu sein?

Nein, weil ich immer noch darüber nachdenken muss, was das bedeutet. Einige Aspekte davon machen mir Spaß, anderes finde ich irritierend. Der Andrang der Öffentlichkeit hat schon etwas Bizarres an sich. Deshalb habe ich auch kein Interesse an sozialen Medien wie Facebook und Twitter. Lieber telefoniere ich.

Was zum Beispiel mögen Sie an Ihrer Berühmtheit nicht?

Einmal wurde ich von einem Fan ausspioniert. Eine meiner Nachbarinnen hat mich durchs Fenster beobachtet und getweetet, was ich so mache. Das war nicht sonderlich spektakulär, aber das konnte ich nicht tolerieren.

Können Sie in Ihrem Privatleben abschalten, wenn Sie so intensive Rollen spielen?

Doch, doch. Ich kann sehr gut Prioritäten setzen, das ist das Geheimnis meiner Ausgeglichenheit. Wenn ich arbeite, konzentriere ich mich nur auf meinen Job, und wenn nicht, dann zerbreche ich mir wegen der Schauspielerei nicht den Kopf.

Aber Sie basteln nicht an Computern herum wie Alan Turing?

Nein, das Talent fehlt mir. Ich würde das gern beherrschen, aber so gehöre ich nun einmal zum Gros der Leute, die ihren Computer ganz normal benutzen und sich damit herumärgern.

Steckbrief

Name
Benedict Timothy Carlton Cumberbatch.

Geburtsdatum
19. Juli 1976 in London.
Familie und Ausbildung
Beide Eltern (Timothy Carlton und Wanda Ventham) sind selbst Schauspieler. Cumberbatch absolvierte die London Academy of Music and Dramatic Art.

Karriere
Zunächst Fernsehengagements, Durchbruch mit „Sherlock“.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 22.02.2015)

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