Malerei: Die Bildnisse der Hannah Feigl

 Hannah Feigl
Hannah Feigl(c) Stanislav Jenis
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Hannah Feigl malt Porträts. Von Prominenten wie Ceija Stojka, Robert Menasse oder Konrad Paul Liessmann. Aber auch von namenlosen Asylwerbern.

Oberrabbiner Paul Chaim Eisenberg ist erst halb fertig. Das eine Handy hält er sich schon ans Ohr, das zweite, auf das er während des Telefonierens schaut, ist erst angedeutet. Wie das Bild einmal aussehen wird, sieht man an dem Foto, das neben der großen Staffelei hängt. Hannah Feigl freut sich über den Schnappschuss des viel beschäftigten Rabbis, der ihr da gelungen ist und der nun als Grundlage für das großformatige Porträt dient.

Porträts: Sie sind das Metier der Lassnig-Schülerin, immer schon. Oft, bei kleineren Bildern, malt sie ihre Modelle direkt. Für die großen nutzt sie den Zwischenschritt eines Fotos. Viele solcher großen Bilder lehnen in Stapeln an der Wand in ihrem Atelier unweit des Naschmarkts. Darunter auch eines ihrer liebsten: Ceija Stojka, KZ-Überlebende, Künstlerin, Tante von Musiker Harri Stojka. Sie ist eine von Feigls Grandes Dames und ein gutes Beispiel dafür, worum es der Künstlerin geht: „Die Frage, ob ich es schaffe, den Ausdruck einzufangen. Mir geht es immer nur um den Ausdruck. Die Formen sind schon wichtig, aber was mich eigentlich reizt, ist das gewisse Etwas. Dass man die Person irgendwie erspürt.“

Besonders stark war dieses Anliegen vor einigen Jahren, als sie eineiige Zwillinge malte. Wohl, weil auch ihre heute erwachsenen Söhne Zwillinge sind. „Mich hat das so genervt, wenn sie als eine Person behandelt wurden, oder jemand den Unterschied nicht gesehen hat.“ Einige ihrer Porträts hat Feigl nun in einem Katalog zusammengefasst, den sie am Montag im Ausstellungsraum Gumpendorferstraße23 präsentiert hat. Jedem Bild ist eine kurze Geschichte vorangestellt, die erklärt, wie es zu dem Porträt gekommen ist. Eine Praxis, die Feigl in ihrem Blog begonnen hat und die ihr zunehmend Spaß macht. „Und vielleicht bekommen die Menschen so ja auch etwas mehr Bezug zu meinen Bildern.“

So erzählt sie dort, wie Christoph Wagner-Trenkwitz sie so zum Lachen gebracht hat, dass sie gezweifelt hat, ob das Bild jemals fertig würde. Wie Kriminalist Thomas Müller geduldig Modell saß, nur bei seiner Lederjacke dann nicht mehr warten wollte. Oder wie Fotograf Julian Schutting erklärte, er wünschte, „alle würden ihn so sehen“ wie sie. Auch die Autoren Bodo Hell und Robert Menasse (der Gedichte rezitierte und bei jeder Sitzung anders aussah) oder den Philosophen Konrad Paul Liessmann hat Feigl gemalt, dazu Freunde und Menschen, die sie in Mexiko oder im Senegal als „Artist in Residence“ kennengelernt hat.Schon als Kind hatte Feigl die „Reader'sDigest“-Kunstbücher der Eltern studiert, mit zwölf durfte sie in den ersten Aktzeichenkurs. Mit 18 ging sie an die Grafische, nach drei Jahren wechselte sie an die Angewandte, in die Klasse von Maria Lassnig. Wie war sie, die große Malerin als Lehrerin? „Eine Mischung“, sagt Feigl. „Manchmal wollte sie streng sein, aber dann hat sie wieder Rumkokoskugeln verteilt. Und sie hatte einen guten Blick. Sie hat sehr genau gesehen, was man macht.“

Portraitagentur Dorian Gray

Viele Mitschüler folgten damals Lassnigs Beispiel und malten Selbstporträts, erinnert sich Feigl. Sie selbst schuf nur eines, „und dazu bin ich genötigt worden“. Sie habe es „komisch gefunden, in den Spiegel zu schauen und mich selbst zu malen“. Viel mehr haben sie immer die anderen interessiert. 2008, bei einer Klassenausstellung, fragte sie so auch ihre einstige Lehrerin, ob sie sie malen dürfe. „Da habe ich mir schon gedacht: Ich trau mich was...“

Das Bild Lassnigs war schnell verkauft, wie viele Porträts Prominenter. Als „Gegengewicht“ malte Feigl Asylwerber, um „auch ihnen eine Stimme zu geben“. Von einem jungen Afghanen in Schubhaft kennt sie nicht einmal den Namen. „Aber er wollte, dass die Menschen von ihm erfahren.“

Oft malt die 48-Jährige freilich auch mit Auftrag – für 1500 bis 5000 Euro pro Porträt. In Zeiten der digitalen Fotoflut ortet sie „den Wunsch nach Beständigem“. Ganze Familien ließen sich von ihr auf einem Ölgemälde verewigen. Lang schon plant sie mit Kolleginnen die Portraitagentur Dorian Gray. „Jetzt“, sagt sie, „wird's ernst damit.“

ZUR PERSON

Hannah Feigl wurde 1966 in Amstetten geboren und besuchte die Höhere Graphische Lehr- und Versuchsanstalt, ehe sie an die Angewandte in die Klasse von Maria Lassnig wechselte. Von 1995 bis 2008 leitete sie Kurse an der künstlerischen VHS Lazarettgasse, seit 2009 ist sie Dozentin an der Akademie in Geras. Am Montagabend präsentierte sie ihren neuen Katalog „Porträts“. Die dazugehörige Ausstellung ist noch heute von elf bis 21 Uhr im Ausstellungsraum Gumpendorferstraße 23 zu sehen. Online-Galerie: diepresse.com/feigl

("Die Presse", Print-Ausgabe, 24.02.2015)

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