Auslieferung: Polanski in Krakau vor Gericht

Regisseur Roman Polanski
Regisseur Roman PolanskiREUTERS
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Die US-Staatsanwaltschaft hat einen internationalen Haftbefehl gegen den Regisseur wegen eines mutmaßlichen Sexualdelikts vor 38 Jahren beantragt.

Über eine mögliche Auslieferung von Starregisseur Roman Polanski an die USA verhandelt jetzt ein polnisches Gericht. Der 81-Jährige war persönlich zum Prozessauftakt in Krakau erschienen, die Öffentlichkeit blieb ausgeschlossen. Die US-Staatsanwaltschaft hat einen internationalen Haftbefehl gegen den Filmemacher ("Rosemaries Baby") wegen eines mutmaßlichen Sexualdelikts vor 38 Jahren beantragt.

Polanski wirkte angespannt, als er mit seinen Anwälten durch ein regelrechtes Blitzlichtgewitter zahlreicher Fotografen und Kamerateams in den Gerichtssaal ging. Die polnischen Richter wollten ihn zu dem Auslieferungsantrag anhören. Hierfür waren mehrere Stunden vorgesehen. Gerichtssprecherin Barbara Gorszczyk sagte, man wolle seine Aussagen überprüfen und vermutlich auch Dokumente aus den USA anfordern. Auch die Vernehmung von Zeugen sei nicht ausgeschlossen. Ein schnelles Prozessende sei daher nicht absehbar.

Die US-Justiz wirft dem Regisseur Vergewaltigung vor - es geht um Sex mit einer 13-Jährigen im Jahr 1977. Der damals 43 Jahre alte Polanski hatte sich schuldig bekannt, aber von einvernehmlichen Sex gesprochen. Im April 2010 hatten US-Richter den Antrag des damaligen Opfers abgelehnt, den Fall nicht weiter zu verfolgen. Die Frau gab an, ihr heutiges Familienleben leide unter dem Aufsehen, den der Vorfall vor mehr als 30 Jahren errege.

"Ich vertraue auf die polnische Justiz"

"Ich vertraue auf die polnische Justiz", sagte Polanski, als die Staatsanwaltschaft das Auslieferungsgesuch der US-Justizbehörde im Jänner dem Gericht zusandte. In diesem Sommer will Roman Polanski (81) in Warschau ein Drama über die Dreyfus-Affäre drehen, über den jüdischen Offizier der französischen Armee, der Ende des 19. Jahrhunderts fälschlich des Verrats beschuldigt wurde.

Für Polanski, der seit mehreren Jahren eine Wohnung in Krakau hat, geht es nicht nur um das bei einer Auslieferung scheiternde Filmprojekt, die Angst vor einem Schuldspruch in den USA oder eine eventuelle Flucht nach Frankreich, das ihn nicht ausliefern würde. Es geht auch um die mit zunehmendem Alter wieder intensiver gewordene Beziehung zu Polen, zu Krakau, der Stadt seiner Kindheit, die ihm versperrt bliebe, wenn er in Polen um seine Freiheit fürchten müsste.

In Polen hatte Polanski erste Erfolge, hier verehren ihn auch heute viele Kinogänger. Als er 2001 für die Arbeit am "Pianisten" nach Polen zurückkehrte, war das eine Heimkehr, die in Polen enthusiastisch gefeiert wurde.

Der Film war auch die Aufarbeitung des eigenen Kindheitstraumas: Polanski, Kind polnischer Juden, überlebte in einem Versteck das Krakauer Ghetto und den Holocaust. Aber seine Mutter wurde von den Nazis in Auschwitz ermordet. In den vergangenen Jahren hat Polanski öfter Projekte unterstützt, die an die jüdische Geschichte und Kultur vor allem in Krakau erinnern.

Vergewaltigung ist bereits verjährt

In Polen sind die Meinungen zu Polanski geteilt. Auf einigen national-katholischen Webseiten wurde er in Berichten als Pädophiler gebrandmarkt. Der nationalkonservative Politiker und ehemalige Justizminister Zbigniew Ziobro meinte, Polanski genieße dank seiner Berühmtheit und "einflussreicher Freunde" mehr Schutz vor Strafverfolgung als andere Beschuldigte.

Tomasz Lis, Chefredakteur von "Newsweek Polska", schrieb dagegen in einem Kommentar: "Wenn Roman Polanski Nazi wäre, hätte er in Amerika höhere Chancen, verschont zu bleiben, als jemand, der für eine Jahrzehnte zurückliegende Vergewaltigung angeklagt wird." Die US-Justiz habe NS-Kriegsverbrecher jahrzehntelang unbehelligt gelassen und die Auslieferung von KZ-Schergen verschleppt oder verhindert, verfolge aber Polanski unerbittlich.

Polens Generalstaatsanwaltschaft zeigte sich in einem 2010 erstellten Expertengutachten skeptisch, ob die Grundlagen für eine Auslieferung überhaupt erfüllt seien: Im Fall einer Vergewaltigung sei das Verbrechen nach polnischem Recht bereits verjährt.

(APA/dpa)

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