Monsterheart Anna Attar: "Auf Seite des Bösen"

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Sie lacht viel und singt dennoch am liebsten über Schauriges. Anna Attar, als Monsterheart bekannt, tritt als Musikerin und Malerin ins Rampenlicht.

Die Häschen, die sie malt, können mitunter schon ein teuflisches Grinsen im Gesicht haben. Ihre fliegenden Untertassen hingegen zwingen zu Assoziationen mit Tante Susis Sonntagshut. Das Naive und das Düstere durchdringen einander nicht nur im bildnerischen Werk von Anna Attar. Unter ihrem Künstlernamen Monsterheart (nein, sie wollte nichts mit Blumen) gilt sie als vielversprechendste, heimische Newcomerin seit Langem. Die Irritation, die ihre Lieder auslösen, flutet mit einer Zartheit heran, die auch konservative Hörer duldsam macht. „Nachdem ich meine EP herausgebracht hatte, begann ich an der Akademie der Bildenden Künste zu studieren. Das hat meinen Kopf gesprengt. Durch die Malerei hat sich mein Zugang zur Musik verändert. Das eine bringt dem anderen ständig Sachen bei.“

Früher hat sie Kindergartenfolk und sogar Punk gesungen. Heute pflegt sie einen Sound, der, obwohl angetrieben von Achtzigerjahre-Popappeal wie Sixties-Psychedelia-Attitüde, nichts mit Nostalgie zu tun hat. Es geht um brennende Gefühle der Gegenwart, die alles, nur nicht plump authentisch, sein dürfen. Miss Monsterheart splittert mannigfaltigste Aspekte ihres Fühlens auf viele Figuren auf. In ihrer verstörenden Welt können Bunnies zu Posterboys werden oder stählerne Girls zu anschmiegsamen Geliebten. Das Video von „Bunnies“ charmiert mit dem Zauber des Unheimlichen.

Bald vermeint man in den Häschen die Außerirdischen von Roswell zu erblicken. Mit der Angstlust kokettiert Monsterheart nicht ungern. „Die meisten meiner Lieder handeln von seltsamen Kreaturen. Wenn ich als Kind Disney-Filme gesehen habe, war ich stets auf der Seite der Bösen. Weil das die tieferen, interessanteren Charaktere waren. Mit ein wenig Talent kann man im Negativen durchaus Schönes und Gutes entdecken.“ Mit diesem Zugang zur Kunst wundert es dann nicht, wenn man erfährt, dass Bram Stoker ihr Lieblingsautor ist und sie sich zuweilen mit Plastikvampirzähnen fotografieren lässt.

Vor einigen Jahren machte sie sogar eine Wallfahrt an die Ostküste Englands, wo die meisten, eigentlich romantischen, Schauergeschichten des irischen Autors spielen. Ihr Quartier suchte sie sich via MySpace, jener fast schon tot geglaubten Musiker-Internetplattform. Damals dockte sie an die legendären Monochrom Set an, eine düstere New-Wave-Band, die sich 1978 im britischen Hornsey formierte.

Tradition betrunkener Entertainer

Statt bloß eines Schlafplatzes gewann sie in Sänger Sid gleich einen Mentor, der viel über verlorene Wochenenden, Liebeszombies und andere gruselige Erbaulichkeiten zu erzählen wusste. Die besten Einfälle für Lieder hatte sie dennoch beim Kellnern. Ihrem famosen Debütalbum „W“ soll trotzdem nicht so schnell eine weitere Liedersammlung folgen. „Ich habe so viel Liebe in jedes einzelne Lied gelegt, und die Leute hören sich das oft nur beiläufig an“, klagt sie. Trotzig setzt sie in Hinkunft auf einzelne Singles mit Eigenbauvideo auf YouTube. „Nachdem mein erstes Werk publiziert ist, bin ich viel offener, was Kollaborationen anlangt“, sagt sie entspannt. Abgesehen von einer kurzen Phase in ihrer Kindheit, als sie sich einbildete, Archäologin werden zu wollen, war es das Singen, das sie ins Zentrum ihres Lebens rücken wollte.

Und singend erobert sie sich auch ihre neuen Melodien, wenn sie auf ihrem kleinen Casio-Keyboard klimpert. Ihr ist klar, dass viele sie ins Indie-Pop-Eck stellen. Mögen tut sie es nicht. Schlicht, weil sie sich eher in der Tradition der betrunkenen Entertainer sieht. „Der Hype um österreichische Popmusik in Deutschland freut sie aber sehr. „Unser Zeug ist viel individueller und purer. Wanda etwa. Bilderbuch finde ich auch cool, bloß posen mir die ein wenig zu viel.“

Wie wichtig ist so ein prächtig entwickeltes Ego, wenn man sich auf die Bühne stellt? „Schon sehr. Bei männlichen Kollegen ist es meist besser ausgeprägt. Ich versuch' auf der Bühne eh Eier zu haben. Aber cockiness ohne cock funktioniert am Ende halt doch nicht ganz ...“

ZUR PERSON

Anna Attar wurde 1986 in Wien geboren.

Attar ist bereits im Alter von 16 Jahren mit Bands aufgetreten, später war sie Mitglied von Go Die Big City. Attars Soloprojekt heißt Monsterheart, ihr Debütalbum „W“ ist bei Seayou Records erschienen. Neben der Musik studiert sie bei Gunter Damisch an der Akademie der bildenden Künste in Wien.

Ihr nächster Auftritt ist am 17. April im Gasometer geplant – ein Galaabend des jungen österreichischen Pop, unter anderem mit Wanda, Der Nino aus Wien, Worried Man & Worried Boy).

("Die Presse", Print-Ausgabe, 02.03.2015)

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