Fourcade: „Biathlon muss in der Natur bleiben“

BIATHLON - IBU WC Holmenkollen
BIATHLON - IBU WC Holmenkollen(c) GEPA pictures (GEPA pictures/ Philipp Brem)
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Martin Fourcade ist der Star der Skijäger, der Franzose spricht über die hohe Kunst am Schießstand, über Erfolg, Liebe und Stolz. City-Events sind für ihn keine Dauerlösung.

Die Presse: Herr Fourcade, Sie haben im Biathlon längst alles gewonnen, was es zu gewinnen gibt. Was treibt Sie noch an?

Martin Fourcade: Ich habe tatsächlich mehr gewonnen, als ich es mir in meiner Kindheit je erträumen konnte. Aber Trophäen waren nie meine Motivation. Ich betreibe diesen Sport, weil ich ihn liebe. Und ich habe das Gefühl, dass ich noch einige sehr gute Jahre vor mir habe.

Hat Sie der Erfolg verändert?

Ich bin derselbe Kerl wie noch vor vier Jahren, auch wenn mein Privatleben natürlich beeinflusst wird. Es erfüllt mich mit Stolz, wenn ich auf der Straße von Leuten erkannt werde, aber wie ein globaler Superstar fühle ich mich deshalb nicht.

In Ihrer Heimat haben Sie bis zu den Olympischen Spielen in Sotschi jedoch nicht den gleichen Status wie im Ausland genossen.

Französische Sportfans und Medien waren lange Zeit nicht auf Biathlon fokussiert. Meine beiden Goldmedaillen in Sotschi aber haben viel verändert. Heute ist das Interesse an meiner Person viel größer. Es bedeutet mir eine Menge, den Sport in Frankreich populärer zu machen.

Warum sind Sie der Konkurrenz einen Schritt voraus? Trainieren Sie härter oder ist es eher eine Frage des Talents?

Arbeit, Glück, Selbstdisziplin und Talent: Erfolg ist für mich immer eine Mischung aus mehreren Faktoren. Es wäre überheblich zu sagen, ich gewinne, nur weil ich mehr oder härter trainiere als die anderen.

Studieren Sie Ihre Gegner?

Natürlich, ich kann viel von ihnen lernen. Aber es ist nicht so, dass ich von ihnen beeindruckt bin. Meine Gegner haben allesamt tolle Qualitäten, aber ich habe die Möglichkeiten, sie zu besiegen.

Wie lässt sich Biathlon in Zukunft noch besser vermarkten? Haben City-Events denn eine Daseinsberechtigung?

Wettkämpfe in Städten sind eine gute Möglichkeit, um die Werbetrommel zu rühren, aber sie sind keine Dauerlösung im Weltcupkalender. Biathlon muss an seinen Werten festhalten, in der Natur bleiben. Und wenn ich über neue Märkte nachdenken, dann denke ich zuallererst an Amerika. Wir müssen unseren Sport in den USA präsenter machen und Sponsoren außerhalb Deutschlands anlocken.

Sie sind der beste Langläufer im Feld der Biathleten. Wollten Sie in dieser Saison nicht auch im Langlaufweltcup antreten?

Das war mein Plan, ehe im Sommer Pfeiffersches Drüsenfieber diagnostiziert wurde. Ich konnte deshalb lange Zeit nur eingeschränkt trainieren, weil meine Muskulatur nicht so schnell wie sonst regeneriert hat. Deshalb konzentriere ich mich diesen Winter doch nur voll auf Biathlon.

Wen sehen Sie in den kommenden Jahren als Ihren härtesten Konkurrenten?

Ich kann mich nicht auf einen festlegen, das sind schon mehrere. Dominik Landertinger zählt natürlich dazu. Er hat das Potenzial, auch den Gesamtweltcup gewinnen zu können. Er ist ein Topathlet.

Ole Einar Björndalen zählt mit 40 Jahren immer noch zur Weltspitze, Sie sind erst 26. Können Sie sich vorstellen, auch noch mit 40 durch den Wald zu laufen und auf Scheiben zu schießen?

Für gewöhnlich schließe ich nichts so schnell aus, aber in diesem Punkt bin ich mir ganz sicher: Ich werde mit 40 bestimmt nicht mehr aktiv sein. Es gibt auch ein Leben nach dem Biathlon.

ZUR PERSON

Martin Fourcade (* 14. September 1988 in Céret) ist Frankreichs Biathlonstar. Er gewann zweimal Olympia-Gold, wurde fünfmal Weltmeister und krönte sich dreimal zum Gesamtweltcupsieger. 41 Weltcupsiege stehen zu Buche.

Er läuft seit 2008 im Weltcup, sein jüngerer Bruder Simon (21) ist ebenfalls Biathlet (sechs Siege).
Bei der WM in Kontiolahti
gilt Fourcade als Topfavorit in allen Bewerben.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 04.03.2015)

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