Helmut Schmidt beichtet: "Habe meine Frau betrogen"

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In seinem neuen Buch "Was ich noch sagen wollte" bekennt sich der 96-jährige Altkanzler zu einer Affäre mit einer Parteifreundin.

Fast acht Jahrzehnte verbrachten Helmut Schmidt und seine Fau Loki Seite an Seite, politisierend und kettenrauchend bis zum letzten Zug, und ihre Ehe währte 68 Jahre. Sie hatten sich bereits in der Schule kennengelernt und blieben bis zu Lokis Tod vor vier Jahren ein Paar. Loki stand ihm auch als engste Beraterin ganz nahe.

Seither sorgt Schmidts langjährige Sekretärin auch als Lebensgefährtin für den deutschen Altkanzler. Er sitzt zwar meist in seinem Rollstuhl, pafft weiterhin unverdrossen seine geliebten Menthol-Zigaretten, fungiert als "Zeit"-Herausgeber und erteilt als solcher in einer Kolumne mit Chefredakteur Giovanni di Lorenzo Ratschläge aller Art, sowohl politischer als auch lebensphilosophischer Natur.

Die Deutschen verehren den Elder Statesman mit dem oft harsch-hanseatischen Urteil, der sich mal für die aufstrebende Supermacht China in die Bresche wirft, mal für den russischen Präsidenten Wladimir Putin, als populärsten Politiker des Landes - erst recht seit dem Tod des ungleich jüngeren Altbundespräsidenten Richard von Weizsäcker vor einem Monat.

Loki bot Trennung an

Vor Jahren schon bekannte er in einer Talk-Show, nicht immer ein treuer Ehemann gewesen zu sein. In seinem neuen Buch "Was ich noch sagen wollte" macht er jetzt reinen Tisch und enthüllt nun eine Affäre zu einer SPD-Parteifreundin zu Beginn der 1970er-Jahre, als er in der Regierung Willy Brandts als Finanzminister amtierte. "Ich hatte eine Beziehung zu einer anderen Frau", schreibt Schmidt, wie die Illustrierte "Stern" aus dem Buch zitiert. Bisher galt Willy Brandt gemeinhin als Filou und notorischer Ehebrecher und Schmidt als grundsolider Sozialdemokrat vom Scheitel bis zur Sohle.

Schmidt bleibt dem Bericht zufolge über den Zeitpunkt und die Dauer seiner Affäre vage. Loki Schmidt habe ihm die Trennung angeboten. Für ihn sei das eine "ganz und gar abwegige Idee" gewesen, schreibt Schmidt laut "Stern" in seinen Erinnerungen. Bei der Geliebten handelte es sich demnach um eine SPD-Genossin. Auch nach dem Ende der Affäre habe Schmidt noch Kontakt zu ihr gehalten, vor zwei Jahren sei er bei ihrer Beerdigung gewesen.

Ein Paar wie Philemon und Baucis

Helmut und Loki galten den Deutschen als ein legendäres Paar wie Philemon und Baucis in Goethe "Faust", das durch dick und dünn gegangen ist. Noch 2008 hatte Loki Schmidt der "Zeit" die Beziehung zu ihrem Mann als äußerst harmonisch beschrieben. "Wir hatten nur einen einzigen richtigen Streit, dessen Ursache wir kurioserweise beide vergessen haben. Da habe ich einen nassen Waschlappen nach Helmut geworfen", sagte sie damals. Weil er sich weggeduckt habe, habe sie nicht getroffen.

Mit der Geliebten kann dieser Streit nichts zu tun gehabt haben, laut Loki Schmidt hatte er sich schon vor der Währungsreform 1948 zugetragen. In dem Interview offenbarte Loki Schmidt allerdings auch eine grundsätzliche Offenheit, dem Partner eine neue Chance zu geben. "Wir waren stets beide überzeugt, dass man es in der Ehe immer wieder aufs Neue versuchen muss", sagte sie. "Warum all die Zeit verschwenden für einen Neuen, mit dem es bestenfalls wieder das Gleiche wird?"

Politisch nicht opportun

Auch wenn Helmut Schmidt laut "Stern" jetzt zum ersten Mal konkret über eine Affäre schreibt, gab es darüber in der Vergangenheit indes mehrfach Berichte. Erste Veröffentlichungen reichen zurück ins Jahr 1996. Der Journalist und frühere Regierungsberater Klaus Harpprecht sagte zudem im vergangenen Jahr dem "Spiegel", Schmidt habe lange eine Affäre gehabt und sie erst mit Beginn seiner Kanzlerschaft beendet, weil er dachte, dies sei nicht mehr opportun. Die Geliebte sei daran fast zerbrochen.

Schmidt selbst äußerte sich in der Vergangenheit vieldeutig zum Thema Treue. "Es gibt Ehen, in denen Untreue vorkommt. Möglicherweise auf beiden Seiten. Und die aber auch trotzdem innerlich zusammen halten."

(APA/AFP/vier)

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