Mit Josef Hader ins spanische Mittelalter

Morgenland im Abendland
Morgenland im Abendland(c) ORF (Dominik Spritzendorfer)
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Josef Hader begibt sich für eine „Kreuz und quer“-Dokumentation auf die Spuren der 700-jährigen muslimischen Geschichte auf europäischem Boden.

Man kennt ihn „Privat“, als Schöpfer des Stoascheißer-Koarl, als Brenner und „Aufschneider“. Josef Hader ist einer der bekanntesten österreichischen Kabarettisten, feierte aber auch im gesamten deutschsprachigen Raum große Erfolge. Seine Filme haben Kultstatus, sein wortwitziger Gesang sowieso. Derzeit sorgt er mit „Das ewige Leben“ für volle Kinosäle. Dass er auch ein hochpolitischer Künstler ist, beweist er seit je her mit sozialen Engagements – so ist er etwa Gründungsmitglied von SOS Mitmensch und unterstützt den Verein Purple Sheep, der Asylwerber betreut.

Einem besonders aktuellen Thema widmet sich sein neuestes TV-Projekt. In der Dokumentation „Morgenland im Abendland“, die am Dienstag in der Sendereihe „Kreuz und quer“ um 22.35Uhr auf ORF2 ausgestrahlt wird, begibt sich der 53-Jährige mit Regisseur Werner Boote („Plastic Planet“, „Population Boom“) in Andalusien auf die Spuren der 700-jährigen muslimischen Geschichte auf europäischem Boden.

Hader und Boote erforschen dabei muslimisch dominierte Reiche wie das Kalifat von Cordoba und das Emirat von Granada, die zwischen 711 und 1492 auf der iberischen Halbinsel bestanden. Neben bewaffneten Konflikten gilt diese Zeit bis heute als Beispiel für konfessionsübergreifenden Kulturaustausch und die friedliche Koexistenz verschiedener Glaubensrichtungen. „Ich bin überzeugt davon, dass einem historische Vergleiche helfen können, die Gegenwart besser zu verstehen“, erklärt Hader seine Motivation, an dem Dokumentarfilm mitzuarbeiten.

Seiner Meinung nach würden „aktuelle Geschehnisse und generell die Zeitstimmung“ nahelegen, dass Integration nicht funktioniert. „Das ist ein zutiefst falscher Eindruck“, betont Hader. „Wenn es so wäre, würde die gesamte Gesellschaft nicht funktionieren, denn fast 20 Prozent der Bevölkerung haben Migrationshintergrund.“ Er beklagt, dass man sich „in der Mediendemokratie, in der wir leben, mit dem Thema Migration und Integration oft zu oberflächlich und nur in Schlagwörtern auseinandersetzt“. Nicht zuletzt, weil einige Politiker Interesse daran hätten zu behaupten, dass Integration nicht klappe. Hinzu komme, dass in unserer Gesellschaft Konflikte im Allgemeinen zunehmend „unsachlich und unsensibel“ diskutiert würden. „Wir müssen lernen, die großen Probleme der Zukunft mit mehr Behutsamkeit anzugehen und alle Betroffenen einzubeziehen, denn nur so können sie gelöst werden.“

„Keine schlechteren Menschen“

Hader dient in der vom Autor Fritz Schindlecker inspirierten Erkundung gleichsam als Reisebegleiter durch das mittelalterliche Spanien. Seine wichtigste Erkenntnis nach den vielen Gesprächen mit Historikern und Geistlichen: „Zu keiner Zeit gab es bessere oder schlechtere Menschen als jetzt. Sich mit anderen Kulturen und Religionen auseinanderzusetzen, bringt allen Beteiligten mehr, als sie zu negieren“, sagt er. Das sei vielleicht auch das Geheimnis dafür, dass dies in früheren Zeiten besser funktioniert habe. Die Menschen hätten die – wirtschaftliche und menschliche – Notwendigkeit des respektvollen Zusammenlebens deutlicher erkannt und sich danach gerichtet.

Werner Boote mit an Bord zu holen, sei im Übrigen ein Goldgriff gewesen. „Er ist ein Vollprofi. Zunächst hielt er sich zurück und ließ mich meine braven Fragen stellen, dann kam er mit seinen knallharten Fragen“, erzählt Hader. „Manchmal war er so bohrend und kritisch, dass ich dachte, das Interview wird gleich abgebrochen. Aber zum Glück kam es nie so weit.“

AUF EINEN BLICK

Dokumentarfilm. Kabarettist und Schauspieler Josef Hader hat mit Regisseur Werner Boote („Plastic Planet“, „Population Boom“) in Andalusien der 700-jährigen muslimischen Geschichte auf europäischem Boden nachgespürt. Herausgekommen ist die Dokumentation „Morgenland im Abendland“, die heute, Dienstag, um 22.35 Uhr auf ORF2 ausgestrahlt wird. Hader und Boote erforschen die Wurzeln der muslimisch dominierten Reiche, etwa des Kalifats von Cordoba und des Emirats von Granada, die zwischen 711 und 1492 auf der iberischen Halbinsel bestanden.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 07.04.2015)

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