James Franco: "Verschwende nicht gern Zeit"

GERMANY BERLIN FILM FESTIVAL 2015
GERMANY BERLIN FILM FESTIVAL 2015APA/EPA/JENS KALAENE
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Der amerikanische Multifunktionskünstler James Franco erklärt, wie er Pausen am Filmset nutzt und betont, dass man mit negativen Reaktionen in den sozialen Medien leben lernen muss.

Zwar hatte er schon einige Hauptrollen hinter sich, einem großen internationalen Publikum wurde James Franco aber ausgerechnet als Superbösewicht bekannt: In Sam Raimis „Spider-Man“-Trilogie spielte der 1978 geborene Schauspieler den besten Freund des Helden, der schließlich zum Erzfeind Green Goblin mutierte. Den Aufwind, den ihm die Blockbuster-Rolle gebracht hat, hat er im Anschluss bestens für seine Zwecke genutzt: Franco hat sich selbst als Poet gesehen, als Universalkünstler – und arbeitet in diesem Sinn mit einer unvergleichlichen Emsigkeit als Filmemacher, Autor, Schauspieler und nicht zuletzt Medienmensch, dem immer wieder kleinere und größere Skandale „passieren“. Für das deutsche Regie-Urgestein Wim Wenders war Franco die ideale Besetzung in seinem allerersten 3-D-Drama.

„Every Thing Will Be Fine“ ist ein Charakterdrama, wurde aber in 3-D gedreht – einer Technik, die ja sonst eher für das Action- und Eventkino typisch ist. Was für eine Auswirkung hatte das auf die Arbeit?

James Franco: Es war unerwartet hilfreich! Vielleicht auch deshalb, weil meine Filmfigur ein eher zurückhaltender Typ ist und man bei 3-D auch das Spiel sehr zurückfahren muss, weil da jede Bewegung, jede Geste nochmal größer und übertriebener wirkt. Ich fand das jedenfalls sehr stimmig – meine Rolle ist ganz im Sinn der klassischen Wenders-Figuren, in bester Tradition von Harry Dean Stanton in Paris, Texas.

Im Film spielen Sie einen Autor, der unabsichtlich ein Kind totgefahren hat – und nun diese Tragödie auch in seiner Arbeit verwertet. Nutzen Sie persönlich Tragödien als Inspirationsquelle?

Die Frage ist, ob es moralisch okay ist, eine Tragödie für die Kunst zu benutzen. Und ja, ich finde schon. Wie die meisten Geschichtenerzähler verwende auch ich Elemente aus meinem richtigen Leben in meinen Büchern. Wenn das etwas Trauriges oder Negatives ist, kommt natürlich immer die Frage auf, ob es den oder die Betroffenen verletzt, das in einem Buch wiederzufinden. Aber eine meiner Professorinnen, die Autorin Amy Hempel, hat immer gesagt: „Wenn du nicht weißt, ob du etwas schreiben sollst, weil du Angst hast, dass es jemandes Gefühle verletzen könnte – schreib's trotzdem, du musst es ja nicht veröffentlichen. Zumindest nicht sofort. Aber so tötest du nicht die Idee, bevor sie die Gelegenheit hat zu leben.“

Sie schreiben, machen Filme, schauspielern, geben Seminare an der Uni und arbeiten an Ihrer Doktorarbeit. Wie finden Sie eigentlich für das alles die Zeit?

Wissen Sie, wenn Leute zum ersten Mal ein Filmset besuchen, wundern sie sich, wie viel Leerlauf es da gibt, und sagen dann meist: „Meine Güte, das war sooo fad!“ Wenn man nicht grad der Regisseur ist, kann ein Dreh etwas enorm Langweiliges sein. Hätte ich bei allen meinen Filmsets nur herumgesessen, als ich gerade nicht dran war, weil das Licht oder der Ton oder irgendetwas anderes eingestellt wurde, dann wäre das mindestens ein ganzes Jahr meines bisherigen Lebens gewesen. Ich verschwende nicht gern meine Zeit, ich will sie lieber sinnvoll nutzen.

Gibt es irgendein Thema, das sich bei Ihnen durchzieht, das Sie als Künstler immer und immer wieder beschäftigt?

Hm, interessante Frage. Wenn ich mir die Filme anschaue, die ich als Regisseur bisher so gemacht habe, dann tauchen da schon ein paar Themen auf. Eines davon ist Isolation. Das Gefühl der Einsamkeit. Ich hab eigentlich keine Ahnung, warum mich das so beschäftigt, weil ich sehr viele Leute um mich habe, denen ich wirklich nahe bin, und ich habe ein ausgezeichnetes und liebevolles Verhältnis zu meiner Familie und meinen Freunden.

Auch mit der Öffentlichkeit sind Sie ja quasi ständig in Kontakt – Sie sind sehr aktiv in den sozialen Medien unterwegs, auch wenn Ihnen das schon ein paarmal negative Presse eingebracht hat, wie zum Beispiel nach Ihren doch recht direkten Tweets an einen jungen weiblichen Fan.

Aufmerksamkeit ist das vielleicht wichtigste Kapital für jeden Künstler. Ich bekomme ziemlich viel davon auf Instagram und Twitter. Und das gibt mir wiederum eine gewisse Macht: Ich kann direkt mit Menschen kommunizieren, die sich dafür interessieren, was ich mache. Doch diese Direktheit hat auch Nachteile – zum Beispiel, dass die ganze Welt mitbekommt, wenn man einmal über das Ziel hinausschießt. Aber damit muss man wohl leben lernen.

Steckbrief

1978
In Palo Alto in Kalifornien geboren. Er hat russisch-jüdische, schwedische und portugiesische Vorfahren.

1999
feiert er seinen ersten großen Erfolg in „Voll daneben, voll im Leben“. 2002 porträtiert er James Dean. Später spielt er in allen drei „Spider-Man“-Filmen mit. Franco ist sehr vielseitig: Er ist Schauspieler, Regisseur, macht als bildender Künstler Ausstellungen - und studiert.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 12.04.2015)

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