Barbara Schöneberger: "Ich bin ignorant und dickfellig"

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Sie gilt als Deutschlands beliebteste Moderatorin, hat gestern in Wien die Romy-Gala moderiert und berichtet beim Song Contest von der Reeperbahn:

Sie wurden gerade wieder zu Deutschlands beliebtester Moderatorin gewählt. Wie wird man das? Nicht, indem man nur brav ist?

Barbara Schöneberger: Ich glaube, indem man nicht die ganze Zeit darüber nachdenkt, wie man es werden kann. Um ehrlich zu sein, jetzt wirklich ganz ehrlich – wenn es um die reine Unterhaltung geht, dann gibt's ja auch außer mir niemanden. Ich freu mich natürlich. Es gab eine Zeit, da hat man immer gesagt, die Schöneberger, die ist lustig und kann auch was, aber wenn die moderiert, ist sie Quotengift. Feuilletonliebling, aber nicht quotentauglich.


Dann hat sich da draußen etwas gewandelt?

Nee, es hat sich an mir was geändert. Ich glaube, dass ich früher viele Zufallstreffer gelandet habe, aber noch nicht wirklich ein Gespür dafür hatte, wie etwas sein muss, damit es der Zuschauer versteht und lustig findet. Jetzt beherrsche ich mein Handwerk einfach besser. Früher saß man immer auf der Stuhlkante und hat versucht, die ganze Zeit was rauszuhauen, aber das war auch angestrengt. Irgendwann lehnt man sich zurück und denkt sich: Wenn mir nichts einfällt, ist auch nicht so schlimm. Und ich bin nicht mehr in diesem Comedy-Umfeld. Ich bin da reingerutscht, hab eine Zeit lang nur noch Sachen gemacht, wo „lustig“ draufstand. Inzwischen moderiere ich viel, wo man lustig sein kann, aber nicht muss. Das finde ich viel angenehmer, das nimmt allem ein bisschen den Druck.


Wo eine gute Moderation reicht.

Ja, in einer Talkshow muss ich nicht einen Schenkelklopfer nach dem anderen bringen. Ich hab mich altersgemäß entwickelt, und dafür bin ich sehr dankbar. Man möchte mit 40 nicht mehr die ganze Zeit einen auf berufsjugendlich machen und durch jedes Studio auf allen vieren krabbeln. Und irgendwie ist das ganz gut geglückt. Zufällig.


Ganz zufällig ja nicht.

Aus einer Mischung aus Zufall, Missverständnis, viel Glück und auch was dafür getan. Und keine Konkurrenz.


Woran liegt diese fehlende Konkurrenz?

Letztens hat jemand zu mir im Flugzeug gesagt, als ich meinte, im deutschen Fernsehen kommt nicht viel Nachwuchs nach: Das ist das erste Zeichen, dass man alt wird. Wenn man sagt, nach mir kommt nichts mehr. Zum anderen glaube ich, dass Fernsehen heute nicht mehr Medium der ersten Wahl ist für die, die jetzt Karriere machen wollen. Die machen einen YouTube-Kanal.


Wär das was für Sie – wenn Sie 20 wären?

Nein, weil ich niemand bin, der aus sich heraus motiviert, sondern der fremdmotiviert ist. Ich brauche jemanden, der mich durchschiebt. Ich bin komplett passiv, sitz' zu Hause und warte, dann ruft mein Management an und sagt, jetzt machen wir das und das. Ich bin weder ehrgeizig noch geldgeil noch sonst was. Ich freu mich, wenn's ist, aber ich freu mich auch wahnsinnig, wenn's nicht ist. Weil dann kann ich zu Hause bleiben. Ich bin auch sehr gerne faul.


Derzeit könnten Sie wahrscheinlich jeden Abend etwas anderes moderieren.

Ich moderiere tatsächlich jeden Abend etwas anderes, weil ich ja viele Sachen moderiere, die nicht in der Presse sind.


Wie wählen Sie aus?

Ich sage 95 Prozent ab. Es läuft letztendlich auch über die Gage. Aber ich krieg zum Glück viele Anfragen. Auch, ob ich zum 58. Geburtstag des Schwiegervaters aus der Torte springen will. Das ist ja auch lustig. Dann gibt's viele Anfragen, die man nicht machen will, weil das Thema nicht infrage kommt. Und eben ein paar, die man schon auch machen möchte.


Wie den deutschen Musikpreis Echo. Über den haben Sie gesagt, er sei schwierig, weil die Leute so cool sind. Die Sonnenbrillendichte war auch diesmal wieder hoch.

Diesmal war es super. Ich glaube, das hing leider schlimmerweise damit zusammen, dass dieses furchtbare Flugzeugunglück vorher passiert ist. Diese sonst sehr solistisch agierende Truppe, die da sitzt, war mehr eine Einheit als sonst. Nicht wie sonst nur am Googeln und Facebooken und Selfies-Machen. Das hat dazu geführt, dass es nach meinem Empfinden ein besonders warmherziger Abend geworden ist. Das war beim Echo nicht immer so, da sitzen halt ganz viele mit Sonnenbrille, mit tollen Handys und Frisuren, die dürfen nicht verrutschen, und dann klatscht man halt auch nicht.


Es gibt so viele Veranstaltungen, wo die Moderatoren daran scheitern, die Leute dazu zu bringen, aufzuschauen und zuzuhören.

Ja, aber das ist ja auch die Aufgabe, es eben so zu machen, dass die Leute hochschauen. Ich hab natürlich Vorschusslorbeeren. Aber man darf nicht denken, nur weil ich ich bin oder ein goldenes Kleid anhabe, fällt jeder in Ohnmacht. Der Job, den Moderatoren wirklich beherrschen müssen, ist nicht frei zu sprechen und sich Sachen zu merken. Sondern im Vorfeld einzuschätzen: Habe ich genug Gags, um in den ersten zwei Minuten die Leute auf meine Seite zu kriegen? Alles Weitere schafft man dann. Aber wenn ich einen Preis übergebe, sagen alle hinterher immer, das ist ja schrecklich da oben. Das muss man schon mögen. Ich mag das sehr gerne.

Und dann gibt es Situationen wie bei „Unser Song für Österreich“. Wo der Sieger seinen Sieg nicht angenommen hat.

Ja, aber das war trotzdem eine Situation, die für mich willkommen war. Es war ja klar, dass wir die Zweite zur Ersten machen müssen. Wenn die Regie nicht einverstanden gewesen wäre, hätten die mir schon in mein Ohr geplärrt.


Haben Sie nichts gehört über die Regie?

Gar nichts. Im Saal hat man schon gemerkt, dass die Leute das nicht so toll fanden. Die waren nicht gegen Ann Sophie, die waren dann gegen Andreas Kümmert. Nachdem er psychisch nicht unbedingt der Stabilste ist, hab ich mich etwas gewundert, dass er sich freiwillig in diese Situation begeben hat. Na gut, fährt halt Ann Sophie. Die ist pressemäßig sowieso viel kompatibler. Machen wir uns nichts vor, der ESC besteht zu 95 Prozent aus Pressearbeit, und dann steht man noch zweieinhalb Minuten auf der Bühne und singt. So ist übrigens die Arbeit bei mir auch inzwischen.


Wie sind Galas mit Schauspielern à la Romy?

Schauspieler können sich so gut amüsieren wie andere. Schlimm wird es nur manchmal, wenn sie Preise übergeben oder moderieren. Ich hab das Gefühl, dass der Schauspieler nicht zwangsläufig ein guter Moderator ist. Es gibt Ausnahmen. Aber häufig ist es so, dass sie den Text lernen wie beim Schauspielen. Das fällt aus dem Rahmen, wenn alle anderen frei sprechen.


Wie viel ist bei Ihnen Vorbereitung?

Viel. Frei Schnauze geht nur, wenn man einen Gesprächspartner hat. Wenn ich allein auf der Bühne bin, und vor mir steht eine Kamera, und da sitzen 2000 Leute, da fällt einem nicht spontan irgendwas ein. Es muss aber idealerweise so aussehen, als würde es einem gerade einfallen. Aber es wollen ja auch die Sender vorher wissen: Macht die blöde Witze über irgendwas, über das wir auf gar keinen Fall Witze wollen? Da muss man sich vorher schon ein bissl einigen.


Wann wurde Ihnen klar, dass das Ihres ist?

Ich hatte den Vorteil, dass ich viel Zeit hatte, das herauszufinden. Das Verhängnis vieler Leute, die auf Bühnen raufgeschossen werden, ist: Die sind dienstags noch Verkäufer und freitags bei DSDS, und da sagt man ihnen, du machst jetzt Megakarriere. Das geht gar nicht. Man muss Zeit haben, sich zu entwickeln, rauszufinden, was bin ich, wie will ich sein? Ich habe sechs Jahre gebraucht, um authentisch zu werden.


Sind Sie heute auch unerschütterlicher?

Ja, total. Ich schau mir meine Texte für Echo oder ESC auf dem Flug an. Dann setz ich mich mit meinem Autor hin und sage, wir machen das so und so. Dann probe ich das einmal und dann kann ich das. Ich weiß, was ich sagen will, und sage das mit meinen Worten.


Haben Sie das Gefühl, angekommen zu sein?

Das Gute ist, ich hatte schon immer das Gefühl, ich bin angekommen. Ich bin so eine Mischung aus ignorant, dickfellig und zugleich wurschtig. Ich hab mir nie viele Gedanken über meinen Status quo gemacht. Ich hatte immer genug Geld, um so zu leben, wie ich wollte. Eine gute Voraussetzung dafür, dass man nicht die ganze Zeit Fragen stellt.


Sie waren dann wohl auch froh, dass die Meldung, Sie würden „Wetten, dass . . ?“ wiederbeleben, ein Aprilscherz war?

Ist ja lustig, hab ich gar nicht mitgekriegt. Ich glaube, dass Dinge ihre Zeit haben. Ich hab auch meine Zeit, ich werde auch irgendwann abserviert werden. Man wird sich sagen: Jetzt können wir sie wirklich nicht mehr sehen. Und das muss man dann verstehen. ?

Fr. Schöneberger, darf man Sie auch fragen, . . .


1 . . . was Ihr Moderations-GAU wäre?
Den gibt es nicht. Ich bin ja so positioniert, dass Perfektion nicht das Wichtigste in meiner Arbeit ist. Das Schlimmste, was ich mir vorstellen kann, ist, dass die Leute sich nicht amüsieren. Ob da hinter einem etwas zusammenbricht oder jemand kurzfristig ohnmächtig wird, damit kann man umgehen.
2 . . . ob Sie nach Ihren Moderationen Manöverkritik machen?
Nein, nie. Ich weiß selbst am besten, ob es gut war oder nicht. Und es gibt immer Abende, wo ich sehr schnell weiß – ist das ein guter oder ein sehr guter Abend? So richtig schlechte Abende hab ich nicht mehr.
3 . . . ob Sie gern eine Late-Night-Show hätten?
Ich werde immer wieder gefragt: Willst du nicht eine Show, die so heißt wie du? Warum? Warum soll ich vier Mal in der Woche ins gleiche Studio gehen, um mich der Kritik komplett auszusetzen?


Steckbrief

1974
wurde Barbara Schöneberger in München geboren.
2001
startete ihre bisher erfolgreichste Sendung „Blondes Gift“, die bis 2005 produziert wurde.

2007
bekam sie den Deutschen Comedypreis als Ensemblemitglied von „Frei Schnauze XXL“.
Gestern, Samstag, moderierte sie die Romy-Gala in der Wiener Hofburg.
Beim Eurovision Song Contest am 23. Mai wird sie wieder die Liveübertragung auf der Hamburger Reeperbahn moderieren. Zuvor will sie für eines der Semifinale nach Wien kommen.

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