Aber Conchita singt besser!

EUROVISION SONG CONTEST 2015: PROBE MOLDAWIEN/EDUARD ROMANYUTA
EUROVISION SONG CONTEST 2015: PROBE MOLDAWIEN/EDUARD ROMANYUTA(c) APA/ROBERT JAEGER
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Dem Andi Knoll haben sie verboten, in die Song-Contest-Lieder hineinzureden, bei uns daheim erledigt das die fünfjährige Kommentatorin im Pyjama für ihn.

Dem Andi Knoll haben sie verboten, in die Song-Contest-Lieder hineinzureden, bei uns daheim erledigt das die fünfjährige Kommentatorin im Pyjama für ihn. Dass das Kind die Halbfinale mitverfolgen konnte, verdankt es der TV-Thek. Wir schauen nämlich einen Tag später und starten früher, damit das Kind trotzdem zu einer halbwegs vertretbaren Zeit ins Bett kommt.

Für mich war als Kind Song-Contest-Schauen wie Silvester: Man darf ausnahmsweise lang aufbleiben, ist aber genau an diesem Abend so unglaublich müde, dass man dieses Privileg nicht genießen kann. Nie habe ich als Kind einen ESC-Bewerb zu Ende gesehen, sondern immer nur durchgehalten, bis der österreichische Beitrag (Thomas Forstner!) dran war. Wer gewonnen hat, war eh egal, weil Österreich war es fix nicht. Erfahren hat man das Ergebnis erst am Montag, da hatte man längst vergessen, wer da überhaupt sonst noch aufgetreten ist.

Beim Kind als Jurorin hätte heuer kaum jemand eine Chance. „Wieso hat die Frau kein schönes Kleid an?“, fragt es bei der Niederländerin, die man zu einem fledermausartigen Ganzkörperanzug überredet hat. „Das Lied klingt wie Conchitas, nur nicht so gut“, meint es treffend bei der Griechin, die ein Jahr nach „Rise like a Phoenix“ auf den James-Bond-Titelsong-Effekt setzt. „Warum ist auf der Bühne so viel Wind?“, fragt das Kind besorgt, und tatsächlich lässt sich die Frage, wieso anno 2015 immer noch exzessiv auf den gar nicht so Special Effect der Windmaschine gesetzt wird, nicht schlüssig beantworten. Treten ein Mann und eine Frau auf, meint das Kind, „dass die verliebt sind, die schauen sich so komisch an“.

Die Bilanz des Kindes: Frauen singen schöner als Männer, aber keine so schön wie Conchita. Die Serbin ist dick, könnte aber trotzdem (!) gewinnen. (Eine gute Gelegenheit, um den „Es ist doch ganz egal, wie man aussieht“-Vortrag auszupacken.) Ein klein wenig beunruhigt es, dass dem Kind der trashigste Beitrag – die Moldawier in ihren Polizisten-Uniformen („Die Frau hat ja nur eine Unterhose an!“) – am besten gefallen hat. Dass die ausgeschieden sind, hat es aber gar nicht mitbekommen.

Vor dem Voting ist noch jedes Kind eingeschlafen.

E-Mails an: mirjam.marits@diepresse.com

("Die Presse", Print-Ausgabe, 23.05.2015)

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