Bühnen-Interieur: Das Burgtheater im Wohnzimmer

(c) Die Presse (Clemens Fabry)
  • Drucken

Innenarchitektin Ulrike Nachbargauer verwendet einstige Bühnenbilder weiter. Aus dem alten Boden der Burg entstand zudem ein Tisch.

Es ist grün, schwarz und ein wenig golden und sieht aus wie ein Gemälde. Dabei hat das Bild einst eine ganz andere tragende Rolle gespielt. Als Spielvorhang in Hofmannsthals „Der Unbestechliche“, entworfen von Bühnenbildner Roland Gassmann 2003 unter der Regie von Thomas Langhoff. Jetzt hängt das Stück bei Ulrike Nachbargauer im Büro– als erstes Beispiel dafür, wie es aussieht, wenn sie Burgtheater-Requisiten zur Zweitkarriere verhilft.

Selbiges ist die Strategie der Architektin, um ihre beiden Leidenschaften für das Gestalten zu verbinden. Bühnenbild oder Architektur? Das war für sie schon die Frage nach der Schule. Sie entschied sich „aus rationalen Gründen“ für die Architektur, aber das Bühnenbild habe sie nie ganz losgelassen. Während des Studiums arbeitete sie nebenbei am Burgtheater, durchlief alle Stufen der Arbeit an einem Bühnenbild, durfte selbst für die Nebenbühne entwerfen. „Die Idee, die Bühnenbilder weiterzuverwenden“, erzählt sie, „war damals schon da.“

Das erste Mal umgesetzt hat sie sie vor vier Jahren. Mit einem Stück aus Thomas Bernhards „Vor dem Ruhestand“, entworfen 1999 von Karl-Ernst Herrmann für Claus Peymann. Es wurde in ein Wohnzimmerregal eingebaut–in der Wohnung eines Paares, das beschlossen hatte, gemeinsam für die zweite Lebenshälfte umzubauen. „Die heilige Johanna der Schlachthöfe“ ziert eine Küche.

Hilfe bei der Einkaufsliste

„Der Gedanke dahinter ist, dass die Bühnenbilder weiter bestehen und nicht auf dem Mist landen“, sagt Nachbargauer, die heute mit ihrem Studio „Una plant“ als Innenarchitektin arbeitet. „Man hat sie im Wohnzimmer stehen und weiß: Das ist Kulturgut.“ Wenn etwas entsorgt wird, wird sie vom Theater informiert. In ihrem Lager finden sich Teile von Jelineks „Sportstück“ oder Schlingensiefs „Mea Culpa“. Nicht alles ist geeignet. „Es muss etwas sein, das berührt, und es sollte ein Projekt geben, zu dem es passt, einen Kunden, der einen Bezug dazu hat.“

Apropos Kunden: Denen hilft Nachbargauer mit einem anderen Service beim Einrichten. Je nach Geschmack und Budget erstellt sie „Shoppingpläne“ – die Dinge kaufen kann man dann selbst. Ab 480 Euro für 25 Quadratmeter kostet dieses Service.

Ein spezielles Möbelstück, ein Tisch, kommt dabei aus ihrer eigenen Produktion. Letztes Jahr hat Nachbargauer eine Ladung Bühnenbohlen bekommen. 2011 hat die Burg ihre alten Bretter, die ein halbes Jahrhundert lang die sprichwörtliche Welt bedeuteten, zum stolzen Preis von 600 Euro das Kilo verkauft. „Ich habe dann gefragt, ob ich den Rest haben kann“, erzählt Nachbargauer. Sie durfte kaufen und schlug zu. Mit der Idee, einen Tisch daraus zu machen – auf dem schon Oskar Werner und Paula Wessely, Attila Hörbiger und Klaus Maria Brandauer gestanden sind. Auf einem eingesetzten Messingstück prangt ein Spruch aus „König Ottokars Glück und Ende“ – jenem Stück, das 1955 nach der Wiedereröffnung nach dem Zweiten Weltkrieg als erstes auf den damals brandneuen Brettern aufgeführt wurde: „Wohl wert, dass sich ein Fürst sein unterwinde! Wo habt Ihr dessengleichen schon gesehn?“

„Protagonist“ hat Nachbargauer den Tisch genannt, sein Prototyp steht bei Lederleitner Home in Schloss Walpersdorf. Im November wird der Tisch im Dorotheum versteigert. Der Reinerlös kommt der Jungen Burg zugute.

ZUR PERSON

Ulrike Nachbargauer hat Architektur studiert und nebenbei am Burgtheater gearbeitet. Später war sie u. a. im Ausstellungsbereich tätig. Mit ihrem Unternehmen „Una plant“ bietet sie Innenarchitektur und Einrichtungs- wie auch Einkaufsberatung. Auf Wunsch arbeitet sie
in ihre Entwürfe ehemalige Bühnenbilder
des Burgtheaters ein. Aus den ausgedienten Bodenbrettern entstehen derzeit Tische.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 15.06.2015)

Lesen Sie mehr zu diesen Themen:


Dieser Browser wird nicht mehr unterstützt
Bitte wechseln Sie zu einem unterstützten Browser wie Chrome, Firefox, Safari oder Edge.