Mindestsicherung: ÖVP will Missbrauch bekämpfen

Mindestsicherung: ÖVP will Missbrauch bekämpfen
Mindestsicherung: ÖVP will Missbrauch bekämpfenAPA/ROLAND SCHLAGER
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In den kommenden Wochen will VP-Chef Mitterlehner ein "Fitnessprogramm" für Österreich präsentieren. Für Sozialminister Hundstorfer ist die Mindestsicherung weitgehend missbrauchssicher.

Der Koalition dürfte in den nächsten Wochen ein neues, altes Konfliktthema ins Haus stehen: Die ÖVP will sich nämlich wieder verstärkt dem Thema Missbrauch von Mindestsicherung widmen, wie ÖVP-Chef Vizekanzler Reinhold Mitterlehner (ÖVP) am Montag anlässlich der Konstituierung der neuen Parteigremien bei einer Pressekonferenz ankündigte.

"Die Regierung hat da und dort Schwierigkeiten", räumte Mitterlehner ein. "Wir wollen nicht Teil des Problems, sondern Teil der Lösung sein." Um für Bewegung zu sorgen, will die ÖVP in den kommenden Wochen ein "Fitnessprogramm" für Österreich präsentieren - dabei gehe es um Impulse für die Wirtschaft, den Bereich Wissensgesellschaft und eine "bürgerliche Sozialpolitik".

Letzteres könnte Futter für eine weitere Trübung der Stimmung zwischen den Koalitionspartnern sein. Denn bei ihrem ersten Online-Voting im Zuge der angestrebten Partei-Erneuerung hat man Mitglieder und Sympathisanten gleich einmal zu einem beliebten Zankapfel befragt: 88,7 Prozent von 1475 Abstimmungen sprachen sich da für strengere Regeln und schärfere Kontrollen bei der Mindestsicherung aus, wie Generalsekretär Gernot Blümel erklärte. Es gehe nicht darum, jemandem etwas wegzunehmen, der etwas brauche, betonte Mitterlehner. Aber man solle schon darstellen, wer etwas nicht brauche, und das werde man "sehr fein" machen, meinte der Parteichef.

Politische Akademie neu besetzt

Geschlossenheit ist aber auch innerhalb der eigenen Partei nicht selbstverständlich - so gab es ja aus Teilen der ÖVP zuletzt wieder Änderungswünsche bei Gegenfinanzierungsmaßnahmen zur Steuerreform, deren Beschluss diese Woche im Nationalrat ansteht. Mitterlehner rechnet aber damit, "dass wir das ziemlich einvernehmlich beschließen werden." Weitere Zuwächse für den ÖVP-Klub wie zuletzt vom Team Stronach schließt der Parteichef übrigens nicht aus, wiewohl man "keine aktive Keilaktion" mache.

Die ÖVP will sich jedenfalls ein junges, modernes Image verpassen und hat deshalb ihre Politische Akademie neu besetzt. Der neue Vorstand besteht aus Außenminister Sebastian Kurz (ÖVP), der EU-Abgeordneten Elisabeth Köstinger, der niederösterreichischen Landtagsabgeordneten Bettina Rausch und Staatssekretär Harald Mahrer. Als Aufgaben definierte Kurz "vorzudenken", Nachwuchs auszubilden und sich mit Wissenschaft und "Andersdenkenden" zu vernetzen.

Neu konstituiert haben sich am Sonntag und Montag auch der verkleinerte Parteivorstand und die neue Bundesparteileitung. Bei der Strategie-Sitzung des Vorstands am Sonntag hätten auch der Finanzminister und Gemeindebundpräsident Helmut Mödlhammer zu aktuellen Themen teilgenommen, die Sorge, dass mit der Verkleinerung nicht mehr die richtigen Vertreter gewährleistet seien, "gibt es nicht", meinte Mitterlehner mit Bezug auf zwischenzeitliche innerparteiliche Kritik.

"Mindestsicherung missbrauchssicherer als Sozialhilfe"

Kritik an den Aussagen zur Mindestsicherung gab es prompt von Sozialminister Rudolf Hundstorfer (SPÖ). Die ÖVP brauche sich keine Sorgen machen, dass systematischer Missbrauch betrieben wird oder Tausende in der "sozialen Hängematte" liegen, ließ er dem Koalitionspartner ausrichten. "Im Vergleich zur früheren Sozialhilfe ist die Mindestsicherung wesentlich missbrauchssicherer", so Hundstorfer. "Wer Leistungen vom AMS (Arbeitslosenunterstützung oder Notstandshilfe) und von einem Bundesland (Mindestsicherung) erhält, wird von beiden Behörden kontrolliert. Österreichweit fallen 75 Prozent - in Wien sogar 90 Prozent - unter diese doppelte Kontrolle. Dabei werden monatlich die Daten zwischen AMS und Sozialamt abgeglichen", erläuterte der Minister.

Hundstorfer merkte an, dass man die Mindestsicherung nur erhält, wenn man vorher seine Vermögensverhältnisse offenlegt. Bereits bei den Anträgen werde streng geprüft. Mehr als ein Drittel der Erstanträge werden abgelehnt. Erhält man eine Mindestsicherung, dann nur befristet - je nach Bundesland zwischen sechs und 12 Monaten. Dann werde wieder geprüft. "Man kann sich die BMS nicht einfach erschummeln", sagte der Minister.

2014 gab es in Wien 7400 Sanktionen

Wer arbeitsfähig ist, müsse auch bereit sein, Arbeit anzunehmen. "Wer das nicht will, dem wird die Mindestsicherung gekürzt - und zwar bis zu 100 Prozent seines Bezugs." In Wien habe es voriges Jahr 7400 Sanktionen gegeben, weil die Bezieher entweder Termine nicht wahrgenommen oder Arbeit nicht angenommen haben. Die durchschnittliche Bezugsdauer der Mindestsicherung betrage durchschnittliche Bezugsdauer der Mindestsicherung betrage acht Monate. Die durchschnittliche Bezugshöhe liege bei 300 Euro. "Es wird sehr genau darauf geschaut, dass nur jene eine Mindestsicherung erhalten, die es auch unbedingt brauchen - und nicht länger als unbedingt notwendig", so Hundstorfer.

Für die Mindestsicherung werden 600 Millionen Euro pro Jahr ausgegeben. Das sind 0,4 Prozent des Budgets.

(APA)

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