Deutschkurse neben der Kirche: Wie eine Grazer Pfarre hilft

Paul Nitsche, der Pfarrer der evangelischen Kreuzkirche, arbeitet daran, Asylbewerber mit Deutschkursen aus der Drogenszene zu holen.

Sie sprechen die Asylbewerber an, laden sie ein, in die Pfarre zu kommen und Deutschkurse zu besuchen; und sie helfen bei der Jobvermittlung: Die Grazer Volksgarten-Drehscheibe ist ein Vorzeigeprojekt, das sich zum Ziel gesetzt hat, die Asylbewerber im Park (es sind vor allem Afghanen) „von der Straße“ wegzuholen, ihnen zu helfen, die Sprache zu lernen und zu arbeiten. Denn der Grazer Volksgarten gilt als Drehscheibe für Drogendealer, und viele arbeitslose Asylbewerber lassen sich in das Geschäft hineinziehen.

Nicht zuletzt dem Pfarrer der evangelischen Kreuzkirche, die sich direkt neben dem Park befindet, ist es zu verdanken, dass dieses Projekt seit Monaten so gut funktioniert. Paul Nitsche hat die Situation im Grazer Volksgarten aus der Nähe miterlebt, er habe sich überlegt, wie man helfen könne, erzählt er. Also sei er mit Mitarbeitern der Pfarre zum Grazer Bürgermeister gegangen. Der habe gesagt: „Eure Kirche ist doch direkt am Volksgarten?“ So entstand die Idee zu den Deutschkursen in den Pfarrräumlichkeiten. Nitsche, der dort mit seiner vielköpfigen Familie wohnt, hat einen Raum zur Verfügung gestellt, und der Andrang, erzählt er, hat ihn selbst erstaunt, ebenso wie die Dankbarkeit und die hohe Motivation der Migranten. „Wir hatten nicht erwartet, dass es so schnell so gut läuft. Die Migranten waren begierig, etwas zu tun.“ Natürlich müsse man als dort wohnende Familie ein bisschen aufpassen – „aber man muss ja auch nicht alles herumliegen lassen“. Das sei eine unnötige Versuchung für Menschen, die nichts hätten.


Studenten helfen. Schwierig sei anfangs die Frage der Finanzierung der Kurse gewesen; schließlich sei die Idee gekommen, Studenten der Universität Graz zu fragen, ob sie den Asylbewerbern ehrenamtlich Deutsch und Englisch beibringen könnten. „Es haben sich unglaublich viele gemeldet!“ Mehrere Dutzend Migranten nehmen nun an den Deutschkursen teil, und während der Kurszeiten, heißt es in der Pfarre, sehe man im Volksgarten kaum noch Migranten – auch das ein Beweis für den Erfolg.


Wie Vertrauen entsteht. Auch vorbildhaft: Die Anrainer, die schon seit Längerem nach mehr Polizei- und Videoüberwachung im Volksgarten verlangt haben, werden mit ihren Ängsten nicht im Stich gelassen. Einmal im Monat stehen Polizei und Bezirksbehörde für Fragen zur Verfügung, können auch von ihren Eindrücken und Beobachtungen berichten. „Ich vermute, dass der Schulterschluss zwischen Polizei, Politik und Kirche in dieser Art besonders ist, und für das Vertrauen in unsere Gesellschaft unglaublich förderlich wirkt“, meint Pfarrer Paul Nitsche. „Alle gewinnen dabei: Migranten, Anrainer und der Volksgarten.“ (sim)

Wie kann Österreich besser mit der Flüchtlingskrise umgehen? Diskutieren Sie mit im Themenforum

("Die Presse", Print-Ausgabe, 30.08.2015)

Lesen Sie mehr zu diesen Themen:


Dieser Browser wird nicht mehr unterstützt
Bitte wechseln Sie zu einem unterstützten Browser wie Chrome, Firefox, Safari oder Edge.