George Nussbaumer: Five Mess More und Fratelli

(C) George Nussbaumer
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George Nussbaumer zollt auf seinem neuen Album seinem gewichthebenden Vater Tribut, singt mit seiner Tochter – in erfundenem Italienisch.

I am the greatest and five mess more.“ Das, erzählt George Nussbaumer, habe sein verstorbener Vater immer erklärt. „Es war nämlich so, dass er zwei Mal in Amerika Seniorenweltmeister im Gewichtheben geworden ist.“ Englisch sprach er keines, sein Stehsatz „Five mess more“ sei bei den Amerikanern aber sehr beliebt gewesen. „Meine Mutter hat versucht, ihm zu erklären, dass das nichts heißt. Aber er meinte, sie habe keine Ahnung.“

So oder so, bei der schwierigen Suche nach einem Albumtitel sei ihm die Wortfolge wieder eingefallen und nicht mehr aus dem Kopf gegangen, sagt Nussbaumer. Also ist seine neu erschienene Doppel-CD „Five Mess More“ in gewissem Sinn auch eine Hommage an seinen Vater. An die Amerikaner und ihre Musik, Lenny Kravitz, Stevie Wonder, Randy Newman sowieso. Und weil sich oft, aber vor allem diesmal alles wie zufällig fügt, hat der Vorarlberger Sänger selbst nun ein Lied in schönstem Fantasie-Italienisch im Programm.

Zwischen Schoppernau und Au, in einer Fichtenholzhütte mit Blick auf die Üntschenspitze, hatte sich Nussbaumer mit seinen (anderweitig berufstätigen) Musikern fünf Tage lang einquartiert, um die erste der beiden CDS aufzunehmen. Gemeinsam mit Gitarrist Walter Schuler hatte er ein Lied im Kopf, das ein Italiener noch übersetzen sollte. Irgendwann, nach drei Gläsern Wein, baten ihn die Kollegen, die Pilotspur zu singen. Fratelli, canzone, paese – so sang er spätnachts vor sich hin, „völlig entspannt, weil ich gewusst habe, es wird eh gelöscht.“ Just diese Version von „Giù“ findet sich nun auf der Platte.

Wunschtraum begraben

Wie auch drei Lieder, die Nussbaumer gemeinsam mit seiner Tochter Michelle singt. Bis 2011 wusste er gar nicht, dass sie singen kann. Sie war damals auf der Suche nach einem Geburtstagsgeschenk, Nussbaumer meinte, sie solle halt was singen. „Das fand sie überhaupt nicht witzig.“ Vier Wochen später entschied sie sich um. „Ich musste mich umdrehen“, erinnert sich Nussbaumer. „Hallo, ich bin's“, entgegnete er: der (blinde) Vater! Als Förderer sieht er sich künftig nicht. „Aber es ist schön, dass wir etwas haben, das wir gemeinsam tun können.“

Entstanden ist das neue Album, weil es Zeit gewesen sei, „wieder etwas Souliges, Bluesiges zu machen.“ Wie immer auf eigene Faust, aber mit Hoanzl zum ersten Mal mit professionellem Vertrieb. Fertig war das Werk eigentlich schon im Frühling, mitten im Song-Contest-Fieber. Nussbaumer, 1996 auf Platz 10, beschloss, nicht auf diesen Zug aufzuspringen. „Ich hab den Song Contest überlebt, aber ich hätte es nicht schön gefunden, wenn ich nur deshalb Aufmerksamkeit bekomme, weil ich vor fast 20 Jahren mal dabei war.“ Außerdem: „Dinge, mit denen man rechnet, gehen ohnehin selten auf.“ Nach Song Contest und Folgealbum sei er damals „schon in ein ziemliches Loch gefallen“, als er erkennen musste, dass „einmal einen Nummer-eins-Hit zu landen und von ganz vielen Menschen gehört zu werden“ ein zu begrabender Wunschtraum sei.

Das sei deprimierend gewesen, habe aber zu einer nächsten Erkenntnis geführt. Jener der „unglaublich großen Gnade der Freiheit“, die er bis heute auskostet. „Ich mache meine Musik, schramme haarscharf am Kommerz vorbei und habe die Vorstellung aufgegeben, dass das was ganz Großes wird.“ Wichtig, sagt er, sei auch das Wissen, Alternativen zu haben. „Wenn alle Stricke reißen“, könnte er immer als Heilmasseur arbeiten. Bis dato reicht seine Tätigkeit als Sprecher – und, mit Stefan Vögel, als Kabarettist.

Nussbaumer beobachtet genau, was um ihn passiert. Und hält es für eine Verpflichtung, Farbe zu bekennen. Sein größter Erfolg? „In Chemnitz in einer Kneipe voller NPD-Anhänger, wo es um die Aberkennung der Staatsbürgerschaft ging.“ Nussbaumer fragte höflich nach, ob Deutschland dann nicht auch auf den Fußball-Weltmeistertitel verzichten müsse. Er solle aufhören zu reden, meinte einer – „du bringst uns ja zum Nachdenken“.

AUF EINEN BLICK

George Nussbaumer wurde 1963 in Dornbirn geboren und wird gern die „schwärzeste Stimme Österreichs“ genannt. Er steht seit 1980 als Sänger und Pianist auf der Bühne, daneben ist er Sprecher und Kabarettist. Am Mittwoch, 23. September, präsentiert er sein neues Doppelalbum „Five Mess More“ um 20Uhr im Local, Heiligenstädterstraße 31, Bogen 217, 1190 Wien. Der Eintritt ist frei.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 22.09.2015)

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