Ben Foster: "Er fühlte sich wie Jesus Christus"

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Sept 29 2015 Rome Italy The actor Ben Foster and the Stephen Frears attend the photocall of timago/ZUMA Press
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In "The Program – Um jeden Preis" spielt Ben Foster den gefallenen Radsporthelden Lance Armstrong. Im Interview erklärt er, wie er sich Armstrong angenähert und wieso er für die Rolle selbst gedopt hat.

Was wussten Sie von Lance Armstrong, bevor Sie ihn gespielt haben?

Ben Foster: Nicht viel: Dass Armstrong an Krebs erkrankt war und viele Radrennen gewonnen hat – und gedopt hat. Bei meiner Recherche stieß ich dann auf viele andere Facetten.

Waren Sie sich trotzdem sicher, dass Sie die Aufgabe meistern können – samt physischen Anforderungen?

Mit einem Regisseur wie Stephen Frears kann man sich schon daran wagen. Ich fand es spannend herauszufinden, was so einen berüchtigten Rennradstar in seinem Inneren angetrieben hat.

Wie war das Radtraining?

Radfahren ist ein aggressiver Sport. Als Vorbereitung bin ich nach Colorado gefahren, wo die Fahrer der Tourteams sich vorbereiten. Alle Großen waren da und wussten, dass ich wahrscheinlich Armstrong spielen würde – selbst Chris Froome (Tour de France-Sieger von 2013 und 2015, Anm.)Ich bin nie zuvor auf so einem Rad gesessen, darauf sitzt du wie in einer Falle. Die Clips an den Schuhen brachten mich fast zu Fall. Als ich den ersten Hügel hochfuhr, überschlug sich mein Herz fast. Mein Bauch war da noch recht stattlich. Irgendwann kippte ich um, fiel auf meine Eier und bin schreiend den Hügel heruntergerutscht. Die Profis sahen sich an: „Und der soll Lance Armstrong spielen?!“ Danach war die Angst weg. Weiter unten konnte ich nicht landen.

Haben Sie Armstrong kennengelernt?

Ich habe darum gebeten. Als er angerufen wurde, stand ich direkt neben dem Anrufer und kann bestätigen, wie wortreich er zu verstehen gab, dass er daran keinerlei Interesse habe.

Waren Sie sauer, dass er Sie abblitzen ließ?

Ich verstand das. Er macht gerade eine sehr schwere Zeit durch, egal, was man von dem halten mag, was er getan hat. Außerdem ist er ein Mann, der über Jahre die Menschen in seiner Umgebung kontrolliert hat. Bei diesem Film wäre das aber nicht möglich gewesen.

Wie haben Sie dann Zugang gefunden?

Ich habe mich fast detektivisch mit seiner Person befasst. Das war fast das Beste an der Aufgabe. Vor allem habe ich mich mit Menschen aus seinem Umkreis getroffen und die Gespräche aufgezeichnet. Ich hatte über 18 Stunden Interviewmaterial. mit Kollegen, Mechanikern, dem Ernährungsberater.

Hat sich Ihre Meinung dadurch geändert?

Er wurde mir sympathischer, weil ich ihn etwas besser verstehen konnte. Vor allem, als ich begriffen habe, wie brutal der Radsport ist. Der Mensch ist einfach nicht dafür gemacht, auf einem Fahrrad einen Berg hochzufahren. Es ist grausam. Was Armstrong dort geleistet hat, ist einmalig. Er hat seine Erfahrung, die er in jungen Jahren im Angesicht einer tödlichen Krankheit gemacht hat, als inneren Motor benutzt. Das ist der Schlüssel zu dem, was er aus seinem Leben gemacht hat. Seitdem setzte er verlieren gleich mit gegen den Krebs verlieren, also sterben. Leben bedeutete von da an: zu gewinnen.

Das ist der Schlüssel zu seinem Ehrgeiz?

Ja, mit dieser Einstellung ist er an alles herangegangen. Als Überlebender dieser tödlichen Krankheit fühlte er sich wie Jesus Christus. Und die Amerikaner fahren ja auf so etwas ab. Dann hat er eine Stiftung gegründet, um anderen Krebskranken zu helfen. Das war ihm ein ernstes Anliegen. Ich glaube, er ist davon überzeugt, dass sein fester Wille der Grund ist, dass er überlebt hat. Lance Armstrong glaubt an das Potenzial, das in jedem Menschen steckt. Sein Glaube an sich selbst war anfangs seine Form des Dopings: Er wollte der Beste sein, hat ein Imperium aufgebaut und wollte den Radsport verändern. Und mit der Stiftung rettete er Leben. Alles, was dieses Werk gefährden könnte, war er bereit zu zerstören.

Einen Tag vor der Weltpremiere in Toronto haben Sie verkündet, dass Sie für die Rolle gedopt haben. Regisseur Stephen Frears, der nichts davon wusste, war stinksauer.

Ich wollte selbst besser nachvollziehen können, wie es in der Welt des Radsports zugeht. Das, was mich an meinem Job reizt, ist, existenzielle Fragen zu stellen. Nachher auf die Premiere meines Films zu gehen, ist für mich unwichtig, da wird mir eher übel – mir macht es nie Spaß, meine eigenen Filme zu sehen. Aber der Verwandlungsprozess als solcher bedeutet mir viel. Ich habe das Doping unter ärztlicher Aufsicht durchgeführt und ein Programm durchlaufen, das Armstrongs ähnelte. Ich habe das aus ganz persönlichem Antrieb und Interesse getan.

Steckbrief

1980
wurde Ben Foster in Boston im US-Bundesstaat Massachusetts geboren.

2001
gelang ihm der internationale Durchbruch mit der Teenager-Komödie „Ran an die Braut“ an der Seite von Kirsten Dunst. Es folgten Erfolgsfilme wie „Hostage“, „X-Men: Der letzte Widerstand“, „Todeszug nach Yuma“, „The Mechanic“ und „Contraband“.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 11.10.2015)

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