Heinz Oberhummer: Ein Himmelsschauer mit Humor

Heinz Oberhummer (1941–2015).
Heinz Oberhummer (1941–2015).(c) APA/GEORG HOCHMUTH (GEORG HOCHMUTH)
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Mit den Science Busters wurde er einem breiten Publikum bekannt: Heinz Oberhummer, theoretischer Physiker, ist 74-jährig in Wien gestorben.

„Kann das alles Zufall sein?“, hieß ein Buch von Heinz Oberhummer, Physiker an der TU Wien, 2008, lang vor den Science Busters. Es war diese Frage, die ihn sein ganz wissenschaftliches Leben verfolgte: Wieso ist unser Universum just so beschaffen, dass wir darin leben können, Wesen, die es zu verstehen versuchen? Mit seiner wohl bekanntesten wissenschaftlichen Publikation (Science, 289, S. 88) hat er einen Beitrag dazu geleistet, die Frage zuzuspitzen: Er berechnete, dass eine winzige Abweichung in der Stärke der starken Kraft (die die Teilchen in den Atomkernen zusammenhält) bedeuten würde, dass entweder kein Kohlenstoff oder kein Sauerstoff entstünde – und damit im Universum kein Leben, wie wir es kennen, existieren könnte.

Bekennender Atheist

Das Universum sei wie maßgeschneidert für Leben, sagte er, das könne kein Zufall sein. Heißt das, dass es ein Gott so geschaffen hat? Ihm, Oberhummer, scheine „nicht nur aus naturwissenschaftlichen, sondern auch aus religiösen Gründen die Schöpfung eines Multiversums weitaus plausibler“, mit unendlich vielen Universen. „Denn alles andere wäre einer allmächtigen Gottheit nicht würdig.“

Bei den Kirchen wollte er diesen hochgradig abstrakten Physikergott, auch, als er noch von ihm sprach, nicht sehen; schließlich begann er, sich als Atheist zu bekennen, und zwar mit Verve: Oberhummer engagierte sich in religionskritischen Initiativen wie dem „Zentralrat der Konfessionsfreien“ oder „Religion ist Privatsache“, er war 2013 ein Initiator des „Volksbegehrens gegen Kirchenprivilegien“.

Da war er schon längst einer der populärsten Physiker Österreichs, nicht durch seine Forschung, auch nicht durch seine metaphysischen Grübeleien, sondern durch die Science Busters, die laut Selbsteinschätzung „ungebrochen schärfste Science-Boygroup der Milchstraße“, gemeinsam mit dem Kabarettisten Martin Puntigam und dem Experimentalphysiker Werner Gruber. Während dieser den vollsaftigen, vor keinem Kalauer und keinem Knalleffekt zurückschreckenden Physik-Showman verkörperte, war Oberhummer zwar auch zum Blödeln aufgelegt, aber irgendwie stiller, glaubhaft verschroben, nerdig, wie ein gereifter Protagonist der TV-Serie „Big Bang Theory“. Und manchmal hatte sein Humor etwas verstörend Existenzialistisches an sich. So stammt das als Nachruf formulierte Motto des heuer erschienenen Science-Busters-Buchs, „Das Universum ist eine Scheißgegend“, wohl von ihm: „Völlig unerwartet, aber genau vorausberechnet ist unser geliebtes Universum nach einer langen und erfüllten Expansion plötzlich, unversehen und mit Lichtgeschwindigkeit in ein echtes Vakuum übergegangen. Es trauert niemand, weil niemand mehr da ist. Es war sowieso eine Scheißgegend.“

Alpakas in Niederösterreich

In Teilen dieser Gegend hatte er sich doch wohlgefühlt. Oberhummer wuchs unter dem klaren Himmel von Obertauern auf: Die Sterne dort hätten ihn zum ersten Grübeln gebracht, schrieb er. Im Alter suchte er diese Klarheit wieder, fand sie im Dunkelsteiner Wald, wo er Alpakas züchtete. In deren Kot entdeckte er Bakterien, die er aus dem Kernreaktor kannte: Deinococcus radiodurans, auch Conan-Bakterien genannt, nach dem von Arnold Schwarzenegger verkörperten Barbaren, weil sie Unmengen von Radioaktivität aushalten.

Solches konnte Heinz Oberhummer begeistert erzählen, mit Ernst und Witz zugleich. Wer ihn je dabei gehört hat, wird ihn vermissen. Er ist im Alter von 74 Jahren an einer Lungenkrankheit gestorben.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 26.11.2015)

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