Ski alpin: Mit dem Luftsack auf dem Rücken

Klaus Kröll und Hannes Reichelt.
Klaus Kröll und Hannes Reichelt.(c) GEPA pictures (GEPA pictures/ Ch. Kelemen)
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Das Airbag-System ist weitgehend ausgereift, in Lake Louise sind die schützenden Westen erstmals im Renneinsatz. Abgeschaut wurden sie von den Motorradfahrern, doch die Anforderungen auf der Piste sind komplexer.

Lake Louise. Nach jahrelangen Tests ist es nun so weit: Beim Speed-Saisonstart der Herren am Wochenende in Lake Louise feiert der Airbag im alpinen Skirennsport seine Premiere. Abgeschaut hat man sich das Prinzip von den Motorradfahrern. Dort wird die Airbag-Weste, die sich bei Stürzen in Millisekundenschnelle aufbläst und Nacken, Rücken, Schulter und Brust des Fahrers schützt, seit Jahren erfolgreich eingesetzt.

Im Skirennsport sind die Anforderungen komplexer, weil hier die Athleten wesentlich mehr Bewegungen durchführen, die einem beginnenden Sturz sehr nahe kommen. Die Schutzvorrichtung soll sich dennoch nur im Ernstfall aufblasen. Ein weiteres Problem war, den Airbag so zu modellieren, dass er keine aerodynamischen Nachteile gegenüber dem klassischen Rückenprotektor hat. Beide Probleme scheinen nun gelöst. Auch Österreichs Abfahrer haben an Weiterentwicklung und Perfektionierung der Weste mitgearbeitet.

„Persönliche Entscheidung“

Der Airbag ist 800 Gramm schwer und löst in weniger als 100 Millisekunden aus, mehr als 60 Prozent der Sturzenergie sollen absorbiert werden. Vorreiter war der Motorradbekleidungshersteller Dainese. Zuletzt in Sölden wurde auch das vom internationalen Skiverband (FIS) für Ski-Cross und Alpin zugelassene Modell des französischen Start-ups In & motion präsentiert.

Zwei Jahre nach der Einführung sichererer Helme will die FIS damit einen weiteren Schritt in Richtung mehr Sicherheit für die Fahrer machen. „Eine sehr gute Sache“, ist auch Österreichs Abfahrtschef Florian Winkler vom Airbag überzeugt. Er kann sich deshalb vorstellen, dass nicht nur Hannes Reichelt und Matthias Mayer, sondern ein Großteil seiner Mannschaft die Schutzweste bereits diese Woche in Kanada unter dem Rennanzug tragen wird. „Es ist immer eine persönliche Entscheidung. Aber wir haben die Airbags den ganzen Sommer und zuletzt auch in Copper Mountain getestet, es hat alles funktioniert“, erklärt Winkler.

Auch mit dem Algorithmus, der entscheidet, ob es sich nur um eine Grenzsituation oder einen tatsächlichen Sturz handelt, hatten die Österreicher keine Probleme. „Es gab keine Fehlauslösungen“, erzählt Winkler. „Dadurch haben die Fahrer jetzt durchwegs Vertrauen bekommen.“

Norweger sind Favoriten

Der Airbag macht den Rennsport zwar sicherer, die Fahrer aber nicht schneller. Dafür müssen sie weiterhin selbst sorgen. Die Saisonvorbereitung der ÖSV-Athleten verlief sowohl im Sommer als auch zuletzt in Colorado jedenfalls nahezu perfekt. Ob es reicht, um am Samstag schon in Lake Louise den ersten ÖSV-Abfahrtssieg seit Michael Walchhofer 2010 einzufahren, wagt der Cheftrainer nicht zu garantieren. „Vom Siegen reden wir nicht unbedingt. Wir sind aber alle gut drauf und möglich ist es“, verweist Winkler darauf, dass zuletzt vor allem die Norweger Aksel Lund Svindal und Kjetil Jansrud in Kanada abgeräumt haben. (ag./red.)

("Die Presse", Print-Ausgabe, 26.11.2015)

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