Vom Life Ball in den Ballroom der Dancing Stars

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Gery Keszler outete sich beim heurigen Life Ball als HIV-positiv, lässt den nächsten ausfallen - und tanzt 2016 für den ORF.

Er sei, erklärte Gery Keszler am Ende einer mäandernden Rede auf seiner goldenen Ver-Sacrum-Bühne, „einer der Ersten in Österreich“ gewesen. „Ich hab nicht gewusst, was passiert, kein Arzt hat gewusst, was ich hab.“

Die Entscheidung, sich auf dem heurigen Life Ball als HIV-positiv zu outen, war angesichts manch finanzieller Enttäuschung vielleicht kalkuliert, aber auch spontan gewesen – und brachte einiges ins Rollen. Nicht nur, dass infolge des Alleingangs Keszlers damalige Beziehung zerbrach (obgleich sein Partner den Schritt befürwortet hatte). Sondern es sei auch ein ganzer Prozess durch seine Rede ausgelöst worden, sagte der Erfinder und Organisator des Charity-Events später. „In diesem sehr persönlichen Moment habe ich auch über die Zukunft des Life Ball nachgedacht.“ Mit dem Ergebnis, dass man noch mehr über die Zukunft des Großevents nachdenken müsse. Anfang November überraschte Keszler in einer Videobotschaft mit der Nachricht, dass der Life Ball 2016 ausfallen werde.

Er sei sich seiner Verantwortung als Teil der Community bewusst, sagte Keszler, „und seit geraumer Zeit denke ich darüber nach, wie ich es schaffen kann, ihr noch nachhaltiger nachzukommen.“ Deshalb habe er über seine Krankheit gesprochen, die zuvor auch er emotional verdrängt und „aus Scham ausgeblendet“ habe. Genau deshalb sei es auch notwendig, darüber nachzudenken, wie man HIV und Aids noch stärker enttabuisieren könne.

Dazu kommt, dass der Life Ball in den 23 Jahren seines Bestehens enorm gewachsen ist – in einem Tempo, dem die Strukturen dahinter nicht mehr nachkommen würden. Gemeinsam mit einem Wirtschaftsberatungsunternehmen will man sich nun für die Zukunft rüsten. Außerdem will Keszler für das aufwendige, aber in die Jahre gekommene Spektakel rechtzeitig vor dem 25-Jahr-Jubiläum „eine modernere, klarere Sprache“ finden. Es gehe darum, ihm noch mehr Tiefe zu verleihen, es „auf eine neue inhaltliche und noch stärker internationale Ebene zu heben“. Zumal Keszler noch viel Potenzial sieht, was den Aufbau eines internationalen Netzwerks und die internationale Breitenwirkung anbelangt. „Wir werden uns in jeder Hinsicht neu erfinden.“

Zumindest in der Öffentlichkeit dürfte sich aber vor allem Keszler neu erfinden: Spät an einem Novemberabend im Rahmen seiner „Great Moments“-Fernsehgeschichte-Show gab der ORF bekannt, dass Gery Keszler im Frühjahr Dancing Star werde. „Mir geht es darum aufzuzeigen, dass ein HIV-Positiver genauso Spaß beim Tanzen haben kann. Fitness für HIV-Positive ist etwas Wesentliches“, begründete Keszler seine Entscheidung in Claudia Stöckls Ö3-Frühstück. Seine Idee, in Life-Ball-Kostümen aufzutreten, habe er wieder verworfen: „Das braucht es nicht, die Leute sollen einfach sehen, wie Gery Keszler tickt.“ Bedenken hegt der 52-Jährige dennoch: „Ich habe, ehrlich gesagt, große Angst davor, mich lächerlich zu machen“, gestand er auf Facebook. Gewonnen hat jedenfalls ein österreichisches Aidshilfsprojekt zur Bekämpfung von Stigmatisierung: Ihm will Keszler seine Gage spenden.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 27.12.2015)

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